Jenner war der jüngste Sohn des Arztes Otto Jenner (1828–1884) und dessen Ehefrau Anna Bleicken. Durch die Hausmusik seiner Eltern kam Jenner schon sehr früh mit Musik in Berührung. Bereits als kleiner Junge begann er früh mit dem Klavierunterricht und wagte sich schon als jugendlicher Autodidakt heimlich ans Komponieren.
Mit seiner Familie kam Jenner für einige Jahre nach Kettwig im Ruhrgebiet und kehrte 1879 wieder nach Norddeutschland zurück. Die Familie ließ sich in Gleschendorf bei Lübeck nieder und Jenner konnte ab 1880 das Gymnasium in Kiel besuchen. Sein Vorhaben, Medizin zu studieren, wurde durch seine musikalischen Interessen nicht ausgeführt.
Er wurde Schüler von Hermann Stange (Harmonielehre, Orgel) und Theodor Gänge (Kontrapunkt, Klavier). Ab 1886 wurde Jenner u. a. in Hamburg Schüler von Arnold Krug (Instrumentation, Komposition). Durch den Bekanntenkreis seiner Eltern, aber auch durch seine Lehrer lernte Jenner u. a. Theodor Storm kennen und war in dessen Haus ein gern gesehener Gast.
1895 heiratete Jenner in Marburg Julie, eine Tochter des Fabrikanten Carl Christian Hochstetter; mit ihr hatte er zwei Söhne.
Unterstützt wurde Jenner auch durch die Schriftsteller Klaus Groth und Fritz Reuter; ersterer machte Jenner 1887 mit dem Komponisten Johannes Brahms bekannt. Jenner wurde 1888 in Wien dessen einziger Kompositionsschüler und durch Brahms machte Jenner dort auch die Bekanntschaft von Eusebius Mandyczewski.
Mit Wirkung vom 1. März 1895 wurde Jenner zum Academischen Musikdirector der Universität Marburg berufen. Verbunden mit diesem Amt war auch ein Lehrauftrag, dem Jenner nach eigenem Bekunden „… mit Freude nachkam, um die Freude an Musik wachzuhalten“. Bald darauf betraute man ihn auch mit dem Amt des Dirigenten des Academischen Konzertvereins.
In Anerkennung seiner Verdienste um das städtische Kulturleben in Marburg wurde Gustav Jenner im Jahr 1904 die Ehrendoktorwürde der Philipps-Universität verliehen.
Im Alter von 54 Jahren starb Gustav Jenner am 29. August 1920 in Marburg und gilt auch heute noch als einer der wichtigsten Nachfolger von Johannes Brahms.
Werke (Auswahl)
Das vollständige Werkverzeichnis kann auf der Webseite des Hessischen Musikarchiv eingesehen werden.
Zwölf Terzette für dreistimmigen Frauenchor und Klavier op. 3, 1894
Zwölf Quartette für Sopran, Alt, Tenor und Bass mit Klavier, EA 1901, (Neudruck Schott)
Sonate in G-Dur für Klarinette und Klavier op. 5 (1900; Neudruck Schott)
Quartett für Klavier, Violine, Viola und Violoncello Nr. 3 F-Dur
Sonate D-Dur für Violoncello und Klavier (1901; Neudruck Schott)
Drei Streichquartette: Nr. 1 in F-Dur, Nr. 2 in G-Dur, Nr. 3 in F-Dur
Drei Violinsonaten: Nr. 1 in a-moll op. 8, Nr. 2 in B-Dur, Nr. 3 in Es-Dur
Trio für Klavier, Klarinette und Horn F in Es-Dur
Klaviersonate a-moll
Drei Balladen für Klavier
Unmilitärisches für Klavier (Wien 1892), EA Marburg (Hessisches Musikarchiv) 2011
Zwei leichte Klavierstücke (Wien 1890), EA Marburg (Hessisches Musikarchiv) 2011
Puppenball für Klavier zu vier Händen, EA Marburg (Hessisches Musikarchiv) 2010
Tänze für Klavier zu vier Händen (Wien 1894), EA Marburg (Hessisches Musikarchiv) 2010
Serenade für Orchester (Marburg 1911/1912)
Veröffentlichungen
Johannes Brahms als Mensch, Lehrer und Künstler. Studien u. Erlebnisse, Elwert, Marburg/L. 1905 (2. Auflage 1930).
(als Herausgeber zusammen mit Hermann Oeser): Kunst und Künste. Aufsätze über das Schöne, die Kunst und den Künstler, die bildenden Künste und die Musik, Dürr, Leipzig 1904.
Hans Engel: Die Musikpflege der Philipps-Universität zu Marburg seit 1527. Elwert, Marburg 1957.
Heiner Egge: Keitum, ich muss dich lassen. Die Lebensreise des Komponisten Gustav Jenner. Roman. Boyens, Heide 2020
Horst Heussner: Gustav Jenner. 1865 - 1920 Universitätsmusikdirektor in Marburg. Presseamt der Stadt Marburg, Marburg 1985, ISBN 3-923820-14-3, (Marburger Stadtschriften zur Geschichte und Kultur 17).
Werner Kohleick: Gustav Jenner 1865 - 1920. Ein Beitrag zur Brahmsfolge. Triltsch, Würzburg 1943, (Musik und Schrifttum 2, ZDB-ID 528466-1), (Zugleich: Marburg, Univ., Diss., 1938).
Eugen Korschelt: Das Haus an der Minne. Erinnerungen aus einem langen Leben. Elwert, Marburg 1939, S. 111 ff.
Sabine Stanzel: Der Brahms-Schüler Gustav Jenner in Marburg (Rezeptionsgeschichte seiner Werke, künstlerisches und universitäres Wirken). Marburg 1994, (Marburg, Univ., FB Neuere Deutsche Literatur u. Kunstwissenschaften, Mag.-Arb., 1994).