Guo Wenjing (chinesisch 郭文景, Pinyin Guō Wénjǐng; * 1. Februar 1956 in Chongqing, Volksrepublik China) ist ein chinesischer Komponist.
Leben
Guo erlernte autodidaktisch das Violinspiel und studierte in der Zeit der Kulturrevolution die traditionelle Musik seiner Heimatregion Sichuan und schamanische Rituale. Von 1970 bis 1977 spielte er Geige und Schlagzeug in der Musik- und Tanzgruppe seiner Heimatstadt. 1978 gehörte er zu den einhundert von 17.000 Bewerbern, die am neu eröffneten Pekinger Zentralkonservatorium aufgenommen wurde. Im Gegensatz zu Kommilitonen wie Tan Dun, Chen Yi und Zhou Long verließ er, abgesehen von einem kurzen Studienaufenthalt in New York, nie China. Seit Anfang der 1980er Jahre wurde er auch international als Komponist bekannt. 1990 wurde er Professor am Pekinger Zentralkonservatorium, 1998 erhielt er die Leitung von dessen Abteilung für Komposition.
Werk
International bekannt geworden sind seine Kammeropern: Wolf Cub Village nach dem Tagebuch eines Verrückten von Lu Xun feierte 1994 Premiere beim Holland Festival. Night Banquet, inspiriert von dem Gemälde Night Revels of Han Xizai, wurde erstmals 1998 am Almeida Theatre London produziert, eine zweite Version war dann in Paris, Berlin, New York und Perth zu sehen. Fengyiting wiederum, entstanden 2004 und beeinflusst von der Peking-Oper sowie der Sichuan-Oper, kam am Concertgebouw Amsterdam zur Uraufführung.[1] Seine Oper Luòtuo Xiángzi wurde 2014 in Peking uraufgeführt.[2] Daneben komponierte Guo Orchesterwerke, darunter ein Konzert für Erhu, ein Konzert für Sheng, Journeys für Sopran und Orchester (2004, nach Gedichten von Xi Chuan) und Shexi für Violine und Ensemble (2013).[1] Zu seinen erfolgreichsten kammermusikalischen Werken zählen Drama (1995) und dessen Fortsetzung Parade (2004), beide für drei Perkussionisten, die auch sprechen und singen. Außerdem komponierte er Musiken zu mehr als vierzig Filmen und Fernsehshows, darunter Riding Alone for Thousands of Miles von Zhang Yimou, In the Heat of the Sun von Jiang Wen, Red Powder von Li Shaohong, King of Chess von Teng Wenji sowie die Characters zur Eröffnungszeremonie der Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking.
Kompositionen (Auswahl)
Die folgende Übersicht zu seinen vielen Genres angehörenden Werken erhebt keinen Anspruch auf Aktualität oder Vollständigkeit:[3]
Opernwerke
- Luotuo xiangzi[4]《骆驼祥子》- 2014 (Oper)
- Shiren Li Bai[5]《诗人李白》- 2007 (Oper)
- Kougong《口供》Op. 43 - 2005 (Experimentelles Versdrama)
- Hua Mulan《花木兰》- 2004 (Neukonzept-Pekingoper)
- Fengyi ting《凤仪亭》Op. 41 - 2004 (einaktige Oper)
- Mu Guiying《穆桂英》- 2003 (Neukonzept-Pekingoper)
- Yeyan[6]《夜宴》(Langfassung) Op. 35 - 2001 (Oper)
- Yeyan《夜宴》Op. 30 - 1998 (Oper)
- Kuangren riji[7]《狂人日记》Op. 21 - 1994 (Oper)
Sinfonische Werke
- Taohua an[8] 桃花庵
- Yuanyou[9]《远游》Op. 42 - 2004 (Symphonische Vokal-Suite)
- Heroische Sinfonie in h-Moll《b小调英雄交响曲》Op. 39 - 2002 (Sinfonie)
- Yufeng wanli[10]《御风万里》Op. 27 - 1997 (Symphonische Ouvertüre)
- Kuangren riji《狂人日记》- 1997 (Suite aus der Oper)
- Shudao nan[11]《蜀道难》Op. 15 - 1987 (Symphonischer Chor)
- Jingfan《经幡》Op. 14 - 1986 (Symphonische Dichtung)
- Chuanya xuanzang[12]《川崖悬葬》Op. 11 - 1983 (Symphonische Dichtung)
Kammermusikwerke
- Hanshan 寒山[13] (Sextett)
- Xuan[14]《炫》 Op. 40. - 2003 (für drei Schlagzeuger)
- 3. Streichquartett Op. 36. - 1999
- Xizang de shengyin[15]《西藏的声音》Op. 32. - 2001 (Streichquartett)
- Li gou di《离垢地》Op. 33. - 2000 (Cello-Oktett)
- 2. Streichquartett Op. 28. - 1997-1999
- Beige《悲歌》Op. 25. - 1996 (Kammermusik)
- Jiaguwen《甲骨文》Op. 24. - 1996 (Kammermusik)
- Xi[16]《戏》Op. 23. - 1996 (Zimbeltrio)
- Chunwan《春晚》Op. 22. - 1995 (Sextett für chinesisches Ensemble)
- Shehuo[17]《社火》Op. 17. - 1991 (Kammermusikensemble)
- 1. Streichquartett Chuan Jiang xushi 川江叙事 - 1981 (Streichquartett)
weitere Werke
- 1. Klavierkonzert[18]
- Suona-Konzert[19]
- Shexi《社戏》(Uraufführung 2013) - Konzert für Violine und chinesisches Orchester
- Konzert für Zheng (Uraufführung 2011)
- Konzert für Erhu[20] (Uraufführung 2007)
- Xiqu liangzhe《戏曲两折》- 2006 (für Bratsche solo)
- Chanyuan《禅院》Op. 38. - 2002 (Ensemble für Weltmusik)
- Riyue shan《日月山》Op. 37. - 2002 (Großes Volksmusik-Ensemble)
- Harfenkonzert Op. 36. - 2001
- Tiandi de huisheng《天地的回声》Op. 31. - 1998 (A-cappella-Chor)
- Guci《古瓷》Op. 29. - 1997 (für Gitarre solo)
- Cellokonzert Op. 26. - 1997
- Shanhaijing《山海经》Op. 20. - 1994 (Perkussionssuite)
- Dianxi tufeng《滇西土风》Op. 19. - 1993 (Große Volksmusik-Suite)
- Choukongshan《愁空山》(Fassung für Instrumente der chinesischen Volksmusik)Op. 18a. - 1992[21] (Konzert für Dizi[22])
- 2. Konzert für Dizi[23] (Yehuo 野火)
- Choukongshan (Fassung für westliche Instrumente)《愁空山》(洋乐版)Op. 18b. - 1995 (Bambusflötenkonzert)
- Violinkonzert Op. 13. - 1986-1987
- Ba《巴》Op. 8. - 1982 (Rhapsodie für Cello und Klavier)
- Xia《峡》Op. 1. - 1979 (Präludium für Klavier)[24]
Filmmusiken
Filmmusiken zu Filmen unter der Regie von Zhang Yimou (2005), Eline Flipse (1995), Li Shaohong (1995), Jiang Wen u.a.
Bücher
- Yufeng wanli 御风万里 (Zehntausend Meilen im Wind). Renmin yinyue chubanshe 人民音乐出版社 (People's Music Publishing House) 2009
Literatur
- Frank Kouwenhoven: Guo Wenjing. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
- Attila Kornel-Markula: Historizität: Guo Wenjing und Jia Daqun. In: Derselbe: Stille als Ambivalenz moderner chinesischer Musik (= Münsteraner Schriften zur zeitgenössischen Musik; 7). Zugleich: Dissertation, Münster, 2021. Waxmann, Münster 2022, ISBN 978-3-8309-4406-5, S. 184–194.
Weblinks
Quellen
Einzelnachweise und Fußnoten
- ↑ a b Guo, Wenjing. In: Universal Music Publishing Classical. Universal Music Publishing (UMP), 2021. Auf UMPclassical.com (englisch), abgerufen am 30. Juni 2022.
- ↑ Chen Jie: Rickshaw Boy opera comes to life. In: Culture › Music and Theater. China Daily. 10. Juni 2014. Auf ChinaDaily.com.cn (englisch), abgerufen am 30. Juni 2022.
- ↑ Angaben zu Titeln, Genre, Erstellungszeit u.a. überwiegend nach baike.baidu.com: Guo Wenjing (chinesisch) und jx100.rymusic.art: Guo Wenjing (chinesisch).
- ↑ Oper in zwei Akten mit einem Libretto von Xu Ying, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Lao She.
- ↑ Mit einem Libretto von Diana Liao (廖端丽) und Xu Ying (徐瑛), inspiriert vom Dichter Li Bai aus der Zeit der Tang-Dynastie.
- ↑ Inspiriert von dem Gemälde Han Xizai yeyan tu 韩熙载夜宴图 (Das Nachtbankett von Han Xizai), der ein Beamter in der Zeit der Song-Dynastie (10. Jahrhundert) war. Auf Englisch ist die Komposition unter dem Titel The Night of the Banquet bekannt.
- ↑ Mit einem Libretto von Zeng Li (曾力), basierend auf dem Tagebuch eines Verrückten von Lu Xun. Das Werk ist auf Englisch unter dem Titel Wolf Cub Village bekannt.
- ↑ Auf Englisch unter dem Titel Peach Blossom Cottage bekannt, mit den beiden Sätzen Guyuan jiumeng 古园旧梦 (Old Dreams of Ancient Garden) und Feihua mantian 飞花漫天 (Sky of Flowers). - Klangbeispiel
- ↑ Für Sopran und Orchester. Der Text basierend auf einem epischen Gedicht des zeitgenössischen chinesischen Dichters Xi Chuan. Auf Englisch ist das Werk unter dem Titel Journeys bekannt. - 遠遊 Journey, II - Klangbeispiel
- ↑ Klangbeispiel
- ↑ Klangbeispiel
- ↑ Für zwei Klaviersolisten und ein Ensemble aus Schlaginstrumenten, auf Englisch unter dem Titel Suspended Ancient Coffins on the Cliffs on Sichuan bekannt.
- ↑ Sextett für 5 chinesische Instrumente und Röhrenglocken. Auf Englisch unter dem Titel Cold mountain bekannt.
- ↑ Auf Englisch unter dem Titel Parade bekannt. Fortsetzung von Xi《戏》(Drama). - Parade, for Beijing Opera gongs (2003) - Klangbeispiel
- ↑ Auf Englisch bekannt unter dem Titel Sound from Tibet, für das chinesische Instrument Sheng und 6 weitere Blasinstrumente. Klangbeispiel
- ↑ Ein Trio für drei Zimbelspieler, die zusätzlich Gesang einsetzen. International bekannt unter dem Titel Drama. - Drama Trio Op. 23 (1996) - for three pairs of cymbals and players' voices - Klangbeispiel
- ↑ Klangbeispiel (mit Noten)
- ↑ 1., 2., 3. Satz - Klangbeipiel (mit Xue Yingjia (薛颖佳) am Klavier und dem Beijing Symphony Orchestra unter Tan Lihua)
- ↑ Auf Englisch bekannt unter dem Titel The Soul of Mountains. – Klangbeispiel
- ↑ Erhu Concerto - Klangbeispiel
- ↑ Sorrowful, Desolate Mountain - Klangbeispiel
- ↑ Eine Bambusquerflöte.
- ↑ Klangbeispiel – Gao Ya 高雅 (Dizi), Wang Yu 汪宇 (Klavier)
- ↑ The Gorge - Klangbeispiel
Anmerkung: Bei diesem Artikel wird der Familienname vor den Vornamen der Person gesetzt. Das ist die übliche Reihenfolge im Chinesischen. Guo ist hier somit der Familienname, Wenjing ist der Vorname.