Gottfried Kölwel war der Sohn eines früh verstorbenen Färbereibesitzers und besuchte von 1902 bis 1907 die Lehrerbildungsanstalt in Amberg. Danach war er fünf Jahre lang als Hilfslehrer in verschiedenen oberbayrischen Dörfern angestellt (Aising, Walpertskirchen, Marzling, Schrobenhausen).[1] 1912 kam er nach München und hörte an der Universität Vorlesungen in Literaturgeschichte bei Franz Muncker und Artur Kutscher.[2] Während des Ersten Weltkriegs war er – für den Militärdienst untauglich – Lehrer in München und ab 1918 konnte er als freier Schriftsteller leben.
Kölwel veröffentlichte 1913 bis 1915 Gedichte in den Zeitschriften Charon[1] und Die Aktion[2]; und Franz Pfemfert, der Herausgeber der Aktion, widmete dem jungen Lyriker sogar eine Sondernummer (1914, Nr. 12). Als im Mai 1914 in der Monatsschrift Phöbus eine Sympathieerklärung deutscher Literaten zur Unterstützung der Aktion gegen Zensurmaßnahmen veröffentlicht wurde, war Gottfried Kölbel einer der 29 Unterzeichner (neben Wedekind, Kandinsky, Klabund, Heinrich und Thomas Mann, und anderen).[3] Im selben Jahr 1914 erschien, von Martin Buber dem Verleger wärmstens anempfohlen, Kölwels erster Gedichtband Gesänge gegen den Tod im renommierten Leipziger Kurt Wolff-Verlag.[4]
Ab 1917 folgten weitere Lyrikbände im Roland-Verlag (Die frühe Landschaft 1917, Die Erhebung 1918) und seit den 1920er Jahren auch zahlreiche Prosawerke und einige Dramen. Während des Dritten Reiches war Gottfried Kölwel zwar zeitweise Mitglied der NSDAP, unternahm aber dann ausgedehnte Reisen ins Ausland, bevor er sich 1940–1945 in die Einsamkeit nach Fischbachau (Landkreis Miesbach) ins Haus seiner Schwester zurückzog.[1] Er befreundete sich mit Otto Heuschele und war 1949 Gründungsmitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Seine Bücher wurden aus rechtlichen Gründen lange nicht nachgedruckt,[1] sind aber noch antiquarisch erhältlich.
Wir Wehenden durch diese Welt,
wir wünschen uns hierhergestellt
wie Götter, die im Kraftquell baden,
und sind von Ohnmacht weh beladen.
Nur Laub im Hauch des Herrn, am Baum der Erde?
Unwissend, was aus unsrer Herbstspreu werde.
Wir Wehenden durch diese Welt!
Gottfried Kölwel zählt zu den Autoren des literarischen Spätexpressionismus. Kölwels kulturkritischer Ansatz und seine Kritik der Moderne gehen auf die Jugendbewegung der zwanziger Jahre zurück. Er bekämpft weniger einen Gegensatz zwischen Stadt und Land, als vielmehr Egoismus und soziale Fehlhaltungen. Seine Kapitalismuskritik ist Kritik an der Ausbeutung des Menschen und der Zerstörung der Natur. Auch die Zerstörung vorgeblich unwerten Lebens im Nationalsozialismus wird kritisiert.
„Es sind trostreiche Gedichte, Trostgesänge alle; Sie halten sich förmlich nur mit einer Hand im Dunkel, vielleicht um nicht ganz losgebrochen zu werden aus der Erde, alles andere ist Helligkeit, gute und wahrhaftige. Gerade weil Sie die Bestimmung dazu haben, stört mich manchmal eine kühle Gefühlswendung, die sich so eindeutig gibt, als werde sie auf dem Trapez, und sei es auch das höchste, vollführt und nicht im Herzen; sie ist einwandfrei, aber das genügt gewiß Ihnen am allerwenigsten. So z. B. die Wendung im Trostgesang, die das Gedicht, das doch auf höchste Wahrheit ausgeht, erfüllt, wie mit zwei riesigen Stützbalken. Oder zum Teil auch im Gekreuzigten, in dessen einzelnen Versen man allerdings versinkt. Ein starkes Gegenbeispiel in meinem Sinn ist etwa der Herbstgesang, der in seiner Gänze schwebt und darum auch tragen kann.“
Die Volksschule in seinem Geburtsort und ebenso ein Platz in Beratzhausen wurden nach ihm benannt. Auch in Neutraubling findet sich eine Gottfried-Kölwel-Straße.
Literatur
Kuratorium zur Pflege des dichterischen Werkes von Gottfried Kölwel (Hrsg.): Gottfried Kölwel zum 70. Geburtstag am 16. Oktober 1959. Kösel, München 1959.
Ingrid Girlinger: Gottfried Kölwel. Studien zu seinem erzählerischen und dramatischen Werk (= Regensburger Beiträge zur deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft. Reihe B: Untersuchungen. Band 50). Lang, Frankfurt am Main u. a. 1991, ISBN 3-631-43164-3 (Zugleich: Regensburg, Universität, Dissertation, 1990).
Hartmut Binder (Hrsg.): Prager Profile : vergessene Autoren im Schatten Kafkas. Berlin : Mann 1991
Jan Neidhardt, Christine Riedl-Valder: Gottfried Kölwel und Beratzhausen – eine Marktgemeinde ehrt ihren Dichter. In: Christine Riedl-Valder, Sigmund Bonk, Benhard Lübbers (Hrsg.): Georg Britting und Gottfried Kölwel – Neue Facetten zu ihrem schriftstellerischen Werk. Regensburg 2012, S. 119–142.
↑ abcdeKölwel, Gottfried in: Lutz Hagestedt (Hrsg.): Deutsches Literatur-Lexikon. Das 20. Jahrhundert. Biographisch-bibliographisches Handbuch. Band 30: Koch, Jurij – Kokontis. De Gruyter, Berlin, Boston, 2018. DOI Spalte 218 ff.
↑ abcPaul Raabe: Kölwel, Gottfried in: derselbe: Die Aktion. 1. Jahrgang 1911. Bio-Bibliographischer Anhang, Cotta Stuttgart 1961, Seite 72. Online Seite 70
↑Paul Raabe: Kölwel, Gottfried in: derselbe: Die Aktion. 1. Jahrgang 1911. Bio-Bibliographischer Anhang, Cotta Stuttgart 1961, Seite 23. Online Seite 21