Gottes schöne Namen (arabisch أسْمَاءُ الله الْحُسْنَى, DMGasmāʾ Allāh al-ḥusnā ‚Die schönsten Namen Gottes‘) sind Namen, die im Koran vorkommen und von Muslimen als Synonyme für „Allah“ („Gott“) verwendet werden. Jeder dieser traditionellen 99 Namen steht für eine Eigenschaft Gottes.
Grundlage für die islamische Tradition der „schönen Namen“ Gottes ist die Aussage im Koran: „Und Gott hat die schönen Namen - ruft ihn damit an! Und achtet nicht auf jene, die seine Namen leugnen! Denn ihnen wird vergolten, was sie taten“ (Sure 7:180).
Zählt man alle im Koran genannten Bezeichnungen für Gott, so kommt man auf deutlich über hundert. Daher gibt es verschiedene Listen dieser 99 Namen, die voneinander abweichen. Der hundertste Name Gottes ist nach islamischer Auffassung unaussprechbar und den Menschen unbekannt.
Die verbreitetste Liste folgt insbesondere einem (von Abū Huraira überlieferten, von Muhammad ibn ʿĪsā at-Tirmidhī als unsicher eingestuften) Hadith und findet sich diesem folgend auch in weiten Teilen der Tafsirliteratur (insb. zu 13:110) sowie theologischen Kompendien in den entsprechenden Abschnitten zur Attributenlehre. Zu den häufigeren Abweichungen zählt die Anführung von „Allah“ als erstem Namen, wobei dann üblicherweise 66. und 67. Name (al-wāḥid, al-aḥad = der Eine, Einzige) zusammengezogen werden.[1]
der Liebevolle, der alles mit seiner Liebe Umfassende
48
المَجِيد
al-Maǧīd
der Glorreiche
49
البَاعِث
al-Bāʿiṯ
der die Menschen am jüngsten Tag wieder zum Leben erwecken wird
50
الشَّهِيد
aš-Šahīd
der Zeuge
51
الحَقّ
al-Ḥaqq
der Wahre
52
الوَكِيل
al-Wakīl
der Vertrauenswürdige, der Helfer und Bewacher
53
القَوِىّ
al-Qawwiyy
der Starke
54
المَتِين
al-Matīn
der Feste, der Dauerhafte, der einzig wirklich Starke
55
الوَلِىّ
al-Waliyy
der Schutzherr eines jeden, der seinen Schutz und seine Leitung braucht
56
الحَمِيد
al-Ḥamīd
der Preiswürdige, dem aller Dank gehört
57
المُحْصِى
al-Muḥṣī
der alles Aufzeichnende
58
المُبْدِئ
al-Mubdiʾ
der Beginnende, der Urheber alles Geschaffenen aus dem Nichts
59
المُعِيد
al-Muʿīd
der Wiederholende, der alles wieder zum Leben erwecken wird
60
المُحْيِى
al-Muḥyī
der Lebenspendende
61
المُمِيت
al-Mumīt
der Tötende (in dessen Hand der Tod ist)
62
الحَيّ
al-Ḥayy
der Lebendige
63
القَيُّوم
al-Qayyūm
der allein Stehende, der Ewige
64
الوَاجِد
al-Wāǧid
der alles Bekommende und Findende
65
المَاجِد
al-Māǧid
der Ruhmvolle
66
الوَاحِد
al-Wāḥid
der Eine
67
الأَحَد
al-Aḥad
der Einzige
68
الصَمَد
aṣ-Ṣamad
der von allem und jedem Unabhängige
69
القَادِر
al-Qādir
der Mächtige
70
المُقْتَدِر
al-Muqtadir
der alles Bestimmende
71
المُقَدِّم
al-Muqaddim
der Voranstellende
72
المُؤَخِّر
al-Muʾaḫḫir
der Aufschiebende
73
الأَوَّل
al-Awwal
Der Erste ohne Beginn
74
الآخِر
al-Aḫir
der Letzte ohne Ende
75
الظَاهِر
aẓ-Ẓāhir
der Offenbare, auf dessen Existenz alles Geschaffene klar hinweist
76
البَاطِن
al-Bāṭin
der Verborgene, den niemand wirklich begreifen kann
77
الوَالِي
al-Wālī
der einzige und absolute Herrscher
78
المُتَعَالِي
al-Mutaʿālī
der Reine, der Hohe
79
البَرّ
al-Barr
der Gute
80
التَّوَّاب
at-Tawwāb
der die Reue seiner Diener Annehmende
81
المُنْتَقِم
al-Muntaqim
der gerechte Vergelter
82
العَفُوّ
al-ʿAfuww
der Vergeber der Sünden
83
الرَّؤُوف
ar-Raʾūf
der Mitleidige
84
مَالِكُ المُلْك
Mālik al-Mulk
der Inhaber der (königlichen) Souveränität/Macht
85
ذُو الجَلَالِ وَالإِكْرَام
Ḏū l-ǧalāl wa-l-ikrām
derjenige, dem Majestät und Ehre gebühren
86
المُقْسِط
al-Muqsiṭ
der unparteiisch Richtende
87
الجَامِع
al-Ǧāmiʿ
der Versammelnde, der alle Menschen am jüngsten Tag versammeln wird
88
الغَنِيّ
al-Ġanī
der Reiche, der niemanden braucht
89
المُغْنِي
al-Muġnī
der Verleiher der Reichtümer
90
المَانِع
al-Māniʿ
der Zurückweisende, der Hindernde
91
الضَّار
aḍ-Ḍārr
der Schaden Zufügende
92
النَّافِع
an-Nāfiʿ
der Vorteil Gebende
93
النُّور
an-Nūr
das Licht
94
الهَادِي
al-Hādī
der Leitung Gebende
95
البَدِيع
al-Badīʿ
der Schöpfer des Neuen
96
البَاقِي
al-Bāqī
der ewig Bleibende
97
الوَارِث
al-Wāriṯ
der einzige Erbe, denn außer ihm ist nichts beständig
98
الرَّشِيد
ar-Rašīd
der Führung Gebende
99
الصَّبُور
aṣ-Ṣabūr
der Geduldige
Die ersten beiden Namen finden sich in der Basmala („Im Namen des Allerbarmenden und Barmherzigen“).
Bedeutung in der islamischen Mystik und im Volksglauben
In der islamischen Mystik knüpft sich an die schönen Namen Gottes das Konzept von der Annahme von den göttlichen Charaktereigenschaften (taḫalluq bi-aḫlāq Allāh) durch den Mystiker. Hierbei soll sich der Mystiker die verschiedenen Namen Gottes vergegenwärtigen und versuchen, die dadurch repräsentierten Eigenschaften selbst anzueignen. Die Frage, wie die Menschen dieses Konzept verwirklichen können, ist Gegenstand von al-Ghazālīs Traktat al-Maqṣad al-asnā fī šarḥ asmāʾ Allāh al-ḥusnā ("Das glänzendste Ziel bei der Erklärung der schönsten Namen Gottes").[2]Nadschm ad-Dīn al-Kubrā (gest. 1221) stellte sich den Prozess so vor, dass der Mystiker während seines mystischen Aufstiegs die verschiedenen Erscheinungsorte (maḥāḍir) Gottes passiert und dann unwillkürlich die betreffenden Namen Gottes (al-ʿAlī, rabbī, al-Qādir, al-Aḥad) ausspricht, so dass er ihn damit preist. Auf diese Weise verleibt er sich dann selbst die zugehörigen Eigenschaften Gottes ein.[3]
Angelika Brodersen: Das Kapitel über die „schönen Namen Gottes“ im Talḫīṣ al-adilla li-qawāʿid at-tauḥīd des Abū Isḥāq as-Ṣaffār al-Buḫārī (gest. 534/1139) (= Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Band164.2). Harrassowitz, Wiesbaden 2014.
Al-Ghazzali: The ninety-nine beautiful names of God. Translated with Notes by David Burrell and Nazih Daher. The Islamic Text Society, Cambridge, UK 2007.
Badiʿuzaman Furuzanfar: Ahadith wa Qisas-i Mathnavi. Amir Kabir, Teheran 2001, ISBN 964-00-0278-X.
Tharwat Kades: Der Glaube an Gott in Bibel und Koran. Hrsg. von Edmund Weber, Institut für Wissenschaftliche Irenik, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main (= Journal of Religious Culture. Band79). Frankfurt 2006.
Bernhard Meier: Koran-Lexikon. Kröner, Stuttgart 2001, ISBN 3-520-34801-2, S.125.
Reynold A. Nicholson: The Mathnawí of Jalalu'ddin Rumi. (mit engl. Übers.). Kröner, London 1924.
Annemarie Schimmel: Mystische Dimensionen des Islam. Die Geschichte des Sufismus. Diederichs, Köln 1985, ISBN 3-424-00866-4, S.251–253.
Seyyed Jaʿfar Sajjadi: Farhang Estelahat va Taʿbirat-i Irfani. Tahuri, Teheran 1985, ISBN 964-90079-2-X, S.251–253.
↑Vgl. z. B. Gardet, 714 mit Belegen u. a. bei al-Ghazālī.
↑Vgl. dazu William C. Chittick: The Sufi Path of Knowledge: Ibn al-'Arabi's Metaphysics of Imagination. State Univ. of New York Press, Albany, NY, 1989. S. 283–286.
↑Vgl. Fritz Meier: Die Fawāʾiḥ al-ǧamāl wa-fawātiḥ al-ǧalāl des Naǧm ad-Dīn al-Kubrā, eine Darstellung mystischer Erfahrungen im Islam aus der Zeit um 1200 n. Chr. Steiner, Wiesbaden 1957. S. 78, arab. Text Nr. 61.
↑Alexander Fodor: Amulets from the Islamic World. Catalogue of the Exhibition held in Budapest, in 1988, Eötvös Loránd University Chair for Arabic Studies, Budapest 1990, S. 101, Abb. 188 und passim.