Der glätzische Dialekt oder auch Glätzisch (im Dialekt Gleetzisch, Pauersch) ist ein schlesischer Dialekt des Ostmitteldeutschen, der in der Grafschaft Glatz und angrenzenden, auch böhmischen Gebieten gesprochen wurde.
Der glätzische Dialekt entwickelte sich aus der Sprache der Siedler aus Thüringen und Franken, die seit dem 13. Jahrhundert Schlesien und den zu Böhmen gehörenden Glatzer Kessel kolonisierten. Er ist gekennzeichnet durch ein häufiges Vorkommen der Klänge „i“ und gleicht damit einem Dialekt aus der Nähe des Harzes.
Ich been vo uuba druba, wu die grossa Pelze waksa meet da langa Steela.
Ich bin von ganz oben, wo die großen Pilze mit den langen Stielen wachsen.
Nordglätzisch und Südglätzisch
Aufgrund der starken Fragmentierung und natürliche Aufforstung von Flächen, wurde pauersch sehr unterschiedlich gesprochen, auch innerhalb benachbarter Dörfer. Das Glätzische lässt sich in folgende Gruppen und Mundarten aufteilen:
Nordglätzisch (Niederdörfisch) Gebiete von Neurode, Braunau und Glatz, nördlicher Teil des Adlergebirges beiderseits der Grenze und
Südglätzisch (Oberdörfisch) im ehemaligen Landkreis Habelschwerdt, im nördlichen Teil des Adlergebirges sowie der Umgebung von Grulich und Freiwaldau an der Grenze zu Mähren. So hieß Sonntag im Norden „Sunntich“ und im Süden „Sonntich“. Charakteristisch waren die Grüße: „Guda Marja“ (Guten Morgen), „Guda Mettich“ (Guten Tag – Mittag), „Guda Oomd“ (Guten Abend) oder der Abschied „Bleit mer ock ei Goots Noama“ (Bleibt mir in Gottes Namen). Andere Beispiele:
Deutsch
Nordglätzisch (Niederdörfisch)
Südglätzisch (Oberdörfisch)
allein
allääne
alleine
ausgezogen
ausgezään
ausgezoin
er hat gesagt
a hoot gesäät
a hoot gesoit
Häuschen
Häusla
Hoisla
Heimat
Häämte
Haimte [haʔi:mtə]
kleines
kläänes
klaines
kleiner Wagen
kläänes Wäänla
klaines Woinla
Steine
Stääne
Staine
am Wege
om Wääche (Wääje)
om Waiche (Waija)
Beispiele von Sprüchen und Witzen
Glätzisch
Hochdeutsch/Bedeutung
Bichla, Tichla, Rusakranz, Haller, Hantschka, Stecka – Weib hoa ich oalls?
Da wird sicher noch ein Hungriger (zum Essen) kommen!
Woas notzt der Root, wenn der Oarme nischt hoot!
Was nützt der gute Rat, wenn der Arme nichts hat?
Dar gefällt mer vu henda besser, wie järr vu vanna!
Dieser gefällt mir von hinten besser, als jener von vorn!
„Haa sopp ock!“ „- - -“ „Haa sopp ock!“ „Iech koan nie, iech hoa doch kenn Läffl.“
„Iss doch die Suppe!“ „Ich kann nicht, ich habe doch keinen Löffel.“
Literatur
Alois Bartsch: Die Mundart der Grafschaft Glatz. Leimen/Heidelberg, Marx Verlag, 1980.
Aloys Bernatzky: Landeskunde der Grafschaft Glatz. Marx, Leimen u. a. 1988 (Glatzer Heimatbücher 9, ZDB-ID 542998-5).
Friedrich Graebisch: Huuch de gleezsche Sprooche! Die Mundart der Grafschaft Glatz und ihrer böhmischen Nachbargebiete. Herkunft und Verwandtschaft der Glatzer Mundart. Walzel, Mittelwalde 1921 (Glatzer Heimatschriften 1, ZDB-ID 2520906-1).
Robert Karger (1874–1946), Verfasser der Gedichte in glätzischer Mundart, Herausgeber der Jahrbücher und Kalender Guda ObendZDB-ID 351511-4.
Wörterbuch Mundart der Grafschaft Glatz, Schlesien. Zentralstelle Grafschaft Glatz – Schlesien, Lüdenscheid 1997, ISBN 3-931019-09-8.
Groffschoaftersch Häämte. Der narsche Grofschoafter, Weinachta ei der Grofschoft Glootz, Marien- und Wallfahrtslieder in der Grafschaft Glatz Schlesien, Durch Glatzer Land. Mundart-Lieder-Musik. Heimatgruppe Grafschaft Glatz e.V (Mundartgruppe), Lüdenscheid 1978 (das Grammophon, Aufgenommen in den Dialekt Glatz).