Gerhard SchoenbernerGerhard Schoenberner (* 24. Mai 1931 in Neudamm, Brandenburg, heute Dębno, Polen; † 10. Dezember 2012 in Berlin) war ein deutscher Autor, Filmhistoriker und Pionier der öffentlichen Auseinandersetzung mit den Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus. Er selbst bezeichnete die Bedrohung durch Diktatur und Krieg als einen prägenden Einfluss seiner Kindheit.[1] LebenGerhard Schoenberner war der Sohn eines Pfarrers und Neffe des Schriftstellers Franz Schoenberner. Er besuchte das Gymnasium in Küstrin und legte 1949 in Berlin sein Abitur ab. Er studierte im Abendstudium Politikwissenschaft und an der Freien Universität Berlin Germanistik und Theaterwissenschaften.[1] 1956 heiratete er Mirjana (Mira) Bihaly, deren Onkel Paul Bihaly ab 1928 in Belgrad eine literarische Zeitschrift herausgegeben hatte und in dem progressiven Literatur-Verlag NOLIT die aktuelle zeitgenössische Literatur in serbischer Sprache veröffentlichte. Paul wurde 1941 verhaftet und ermordet.[2] Mira Schoenberner war die wichtigste Mitarbeiterin bei Gerhard Schoenberners Veröffentlichungen. WirkenGerhard Schoenberner hatte zahlreiche Funktionen inne; auf ihn gehen viele Initiativen zurück: Von 1973 bis 1978 war er Direktor des Goethe-Instituts in Tel Aviv, das damals noch „Deutsches Kulturzentrum“ hieß. Er war Mitglied der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) und wandte sich als Vertreter der öffentlichen Hand gegen die Aufweichung von deren demokratischen Grundsätzen während des Kalten Kriegs. Als Jurymitglied der verschiedenen Auswahlkommissionen der Bundesfilmförderung und Juryvorsitzender des Kuratoriums „Junger deutscher Film“ der Länder setzte er die Förderung des so genannten neuen deutschen Films durch. Gemeinsam mit dem Filmhistoriker Ulrich Gregor war er verantwortlich für den Aufbau des „Internationalen Forums“, des alternativen zweiten Hauptprogramms der Berliner Filmfestspiele. Schoenberner war Kurator großer Filmreihen im In- und Ausland und Berater ausländischer Filmfestivals. Seit 1976 war Schoenberner Mitglied des westdeutschen PEN-Zentrums; von 1991 bis 1995 war er Vizepräsident und Beauftragter von dessen Initiative Writers in Prison. Im Auftrag des Goethe-Instituts hielt er an zahlreichen Universitäten im Ausland Vorträge und Seminare zur Filmgeschichte und zur Benutzung des Films als Mittel politischer Propaganda. Schoenberner war 1983 Gründungsvorsitzender der Bürgerinitiative Aktives Museum – Faschismus und Widerstand in Berlin; er war als Mitglied der Fachkommission des Berliner Senats Mitinitiator der später errichteten Gedenkstätte „Topographie des Terrors“. Die Umwidmung der so genannten Wannsee-Villa zur Gedenkstätte „Haus der Wannseekonferenz“ geht unter anderem auf sein Engagement zurück. Er war deren Gründungsbeauftragter und erster Direktor von 1989 bis 1996. Im Jahr 1992 wurde die von ihm konzipierte Ausstellung „Die Judenverfolgung 1933–1945“ eröffnet. Schoenberner ist Autor zahlreicher Bücher, Dokumentationen, Ausstellungen und Filmen. Zu seinen bedeutendsten Werken zählt das 1960 erschienene und in mehreren Übersetzungen und Neuauflagen veröffentlichte Buch Der gelbe Stern. Die Judenverfolgung in Europa 1933–1945. Es war – neben den gleichzeitig veröffentlichten Büchern von Joseph Wulf – eine der ersten fundierten zeithistorischen Dokumentationen der Judenverfolgung während des Nationalsozialismus und gilt bis heute als Standardwerk. 1980 wurde es unter der Regie von Dieter Hildebrandt verfilmt. Für die ARD produzierte Schoenberner 1969 die zwölfteilige Reihe „Film im Dritten Reich“. Seine letzte Veröffentlichung Fazit. Prosagedichte wurde ausgesprochen enthusiastisch besprochen:
– Martin Walser: Die Zeit 26/2012[3]
Im Gedicht Leichtes Gepäck reist er mit einer verrosteten Schere aus A, einer Ziegelscherbe aus Les Milles, einer verglühten Kachel aus Küstrin, Gewissheiten und Zweifel, zu guter Letzt, mit leichtem Gepäck. AuszeichnungenFür sein Wirken wurde Schoenberner im Jahr 1993 als erster Deutscher mit dem nach Leo Eitinger benannten Preis der Universität Oslo für besonderes Engagement auf dem Gebiet der Menschenrechte geehrt.[5] 2002 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet.[6] 2011 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin verliehen. Der Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der Universität erklärte zur Begründung, Schoenberner zähle zu den Pionieren der öffentlichen Auseinandersetzung mit den Verbrechen während des Nationalsozialismus. Werke
WeblinksCommons: Gerhard Schoenberner – Sammlung von Bildern
Einzelnachweise
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