Gerhard Medicus promovierte 1982 zum Dr. med. univ. an der Universität Innsbruck. 1983 wurde er Forschungsassistent bei Rupert Riedl am Zoologischen Institut der Universität Wien. Zwischen 1985 und 1988 absolvierte er an der Klinik in Innsbruck die Ausbildung zum praktischen Arzt und anschließend am Landeskrankenhaus in Hall zum Facharzt für Psychiatrie und Neurologie (1989–1993). Von 1994 bis 2015 war er in Hall in Tirol als Facharzt und zuletzt als Oberarzt der psychiatrischen Tagesklinik tätig.
Seit 1990 hat Gerhard Medicus einen Lehrauftrag an der Universität Innsbruck für Humanethologie, zunächst gemeinsam Margret Schleidt und Wulf Schiefenhövel, seit 2010 mit Wulf Schiefenhövel.
Eingang in Fach- und Sachbücher sowie in Wissenschaftslexika haben Beiträge von Gerhard Medicus zur Verhaltensevolution der Wirbeltiere gefunden (z. B. evolutionäre Wurzeln der Kognition[1], des Besitzverhaltens und von Rangordnung und Hierarchie, Biopsychologie der Geschlechterdifferenz, Wurzeln der Moralfähigkeit,[2] zur Evolution des Bewusstseins). Gerhard Medicus konnte zeigen, dass die Biogenetische Grundregel keine Relevanz für die psychomotorische Entwicklung des Kindes hat[3][4]. Seine Beiträge sind theoretische Grundlagen für Psychologie, Psychotherapie und Interdisziplinarität[5].
Im Buch „Was uns Menschen verbindet – Angebote zur Verständigung zwischen Natur-, Kultur- und Geisteswissenschaften“ (2012 erste Auflage, 2024 siebte erweiterte Auflage) sind seine wichtigsten Beiträge zusammengefasst[6]. 2015 erschien die englische Ausgabe. Das Buch enthält eine Natur- und Geisteswissenschaften verbindende Theorie der Interdisziplinarität und ist ein Beitrag zu den theoretischen Grundlagen der Psychologie.
Publikationen
1985: Evolutionäre Psychologie. In: J. A. Ott, G. P. Wagner, F. M. Wuketits (Hrsg.): Evolution, Ordnung und Erkenntnis. Berlin: Paul Parey, S. 126–150.[7]
1987: Toward an Etho-Psychology: A Phylogenetic Tree of Behavioral Capabilities Proposed as a Common Basis for Communication between Current Theories in Psychology and Psychiatry. In: J.R. Feierman (Hrsg.): The Ethology of Psychiatric Populations; Ethology and Sociobiology, Vol. 8, No. 3S (Supplement). New York: Elsevier, S. 131–150 (doi:10.1016/0162-3095(87)90025-2).
G. Medicus & S. Hopf, 1990: The Phylogeny of Male/Female Differences in Sexual Behavior. In: J.R. Feierman (Hrsg.): Pedophilia, Biosocial Dimensions. New York: Springer, S. 122–149 (doi:10.1007/978-1-4613-9682-6_5).
1992: The Inapplicability of the Biogenetic Rule to Behavioral Development. Human Development, 35, Heft 1, S. 1–8 (doi:10.1159/000277108).[8]
1995: Ethological Aspects of Aggression. Evolution and Cognition, Vol. 1, No. 1, S. 54–63.
2005: Mapping Transdisciplinarity in Human Sciences. In: J.W. Lee (Hrsg.): Focus on Gender Identity. New York: Nova Science Publishers, Inc, S. 95–114.[9]
2010: Zoon politikon: Biopsychological Aspects. In: M. Brüne, F. Salter, und McGrew W.C. (Hrsg.): Building Bridges between Anthropology, Medicine and Human Ethology – Tributes to W. Schiefenhövel. Bochum: European University Press.
2012: Was uns Menschen verbindet – Angebote zur Verständigung zwischen Natur-, Kultur- und Geisteswissenschaften. Berlin: Verlag für Wissenschaft und Bildung, (alle Auflagen je 600 Exemplare) 7. überarbeitete und erweiterte Auflage 2024, ISBN 978-3-86135-618-9; Übersetzungen ins Englische (2. Aufl., ISBN 978-3-86135-587-8) und Russische ISBN 978-5-907117-89-1.[10] Online verfügbar (6. Aufl. in der Digitalen Bibliothek der Universität Innsbruck): doi:10.25651/1.2022.0001
2015: Being Human. Bridging the Gap between the Sciences of Body and Mind. Berlin: Verlag für Wissenschaft und Bildung. 2. Auflage 2017, ISBN 978-3-86135-584-7 (englische Ausgabe).[11] Online verfügbar in der Digitalen Bibliothek der Universität Innsbruck, 2. Aufl. doi:10.25651/1.2022.0005
uibk.ac.at gemeinsam mit Klaus Rehfeld, Stuttgart: Interdisziplinarität in den Humanwissenschaften – Ein Beitrag über die Notwendigkeit des Austauschs aus ethologischer Perspektive, in: Naturwissenschaftliche Rundschau 12, 2023
↑Irenäus Eibl-Eibesfeldt: Die Biologie menschlichen Verhaltens – Grundriß der Humanethologie. 3. Auflage. Piper, München 1995, S. 206. Helmut Pechlaner schreibt dazu im Vetmed-Magazin (2012, 2, S. 32): „Ein faszinierendes Buch, das unsere tierlichen Spiegelbilder wissenschaftlich strukturiert und fundiert verständlich macht, damit die partielle Sonderstellung des Menschen prägnant herausarbeitet und so wichtige Erkenntnisse beisteuert zu der zentralen Frage, wer und was wir Menschen wirklich sind “
↑Lexikon der Biologie (1999–2004): Stichwort Humanität (2001, Band 7, S. 264). Heidelberg Spektrum Akademischer Verlag.
↑Frans de Waal (2011): Das Prinzip Empathie, München, Hanser.
↑Lexikon der Biologie (1999–2004), Stichwort Biogenetische Grundregel (1999, Band 2, S. 12 f.) Heidelberg, Spektrum Akademischer Verlag
↑Lexikon der Biologie (1999–2004): Stichwörter Ethologie (2000, Band 5, S. 210) und interdisziplinär (2001, Band 7, S. 410), Heidelberg, Spektrum Akademischer Verlag.
↑Bereits Hoimar von Ditfurth hat die erste Arbeit von Gerhard Medicus in seinem Buch So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen in Fußnote 149 kommentiert mit „Eine sehr gute Übersicht gibt Gerhard Medicus ... Dort auch eine Fülle weiterführender Literatur“.
↑http://www.vwb-verlag.com/Katalog/m616.html Angaben des Verlags zur 5. Auflage 2020, mit Inhaltsverzeichnis. Teil I: Theorie der Interdisziplinarität, Teil II: Beiträge zur Theoriebildung in Psychologie und Psychotherapie.