1914 wurde Piguet Sanitäter der französischen Truppen in Saarbrücken und an der Front in Hauts-de-Meuse. In Apremont wird er schwer verwundet und 1917 mit militärischen Ehrungen ausgemustert.[1] Er nahm seinen Dienst an der Kathedrale von Autun wieder auf und engagierte sich für die Katholische Aktion und die Jugendbewegung. 1925 übernahm er das Amt des Subdirektor der Œuvres (Werke). 1927 wurde er Ehrendomherr in Clermont. 1929 wurde er von Hyacinthe-Jean Chassagnon zum Generalvikar des Bistums Clermont sowie zum Archidiakon von Chalon-sur-Saône (Saône-et-Loire) und Louhans (Saône-et-Loire) ernannt. Weiterhin engagierte er sich in der Jugendarbeit und gründete die Fédération Saint-Symphorien; 1933 initiierte er eine Jugendwallfahrt nach Lourdes.[1]
Piguet engagierte sich für die Jugendarbeit und die christliche Bildung der Kinder sowie den Katechismus, zusammen mit dem von ihm geförderten François Coudreau. Er war Unterstützer der Weiterbildung des Klerus und initiierte erste Priestergemeinschaften. 1942 waren über einhundert Seminaristen im Seminar von Clermont.[1]
Widerstand und Inhaftierung im KZ Dachau
Gabriel Piguet war Mitglied der Legion der alten Kämpfer des Ersten Weltkrieges (1914-1918) um Marschall Philippe Pétain. An den Gedenkfeiern nahm er im Bischofsornat teil und stellte die Kathedrale von Clermont ab 1940 zur Verfügung. Er war der erste Bischof, der Philippe Pétain als französischen Regierungschef empfing.[1] Seine Rolle während der Besetzung Frankreichs war jedoch umstritten. Er respektierte Pétain und kritisierte den französischen Widerstand.[1] Trotzdem schützte er ab August 1942 Juden und Partisanen, die durch die Gestapo verfolgt wurden. Er ließ in seinem Sprengel zahlreiche jüdische Kinder in katholischen Einrichtungen verstecken, so auch in Ambert.
Als Folge dieses Widerstandes und unter fadenscheinigen Argumenten wegen Formfehlern seiner Diözesanverwaltung wurde Gabriel Piguet am 28. Mai 1944 nach dem Pfingstgottesdienst in der Kathedrale von Clermont durch Hugo Geissler, Chef der Gestapo in Vichy, festgenommen.[1] Er wurde im Militärgefängnis des 92. Infanterieregimentes festgesetzt. Zusammen mit Franz Xaver von Bourbon-Parma kam er als Angehöriger der Resistance am 20. August 1944 zuerst in das KZ Natzweiler-Struthof, wo sie auf den bereits inhaftierten Charles Delestraint trafen. Am 6. September 1944 wurden sie ohne weitere Gerichtsverfahren ins KZ Dachau (Häftlingsnummer 103.001) verbracht. Gabriel Piguet wurde zunächst in das Krankenrevier eingewiesen, da er bei seiner Ankunft sehr geschwächt war. Nach drei Wochen wurde er entlassen und kam zunächst in den Block 28, wo er sich drei Tage gemeinsam mit den Geistlichen aus Osteuropa aufhielt. Am 25. September 1944 wurde er schließlich in den Block 26 verlegt. Es handelte sich dabei um den sogenannten Pfarrerblock, in welchem die Geistlichen, welche nicht aus Osteuropa stammten, untergebracht waren. Am 22. Januar 1945 wurde er in den sogenannten „Bunker“ als „Ehrenhäftling“ beziehungsweise „Sonderhäftling“ verlegt. Seit dem 11. Juli 1941 waren hier unter anderem drei evangelische Geistliche sowie Martin Niemöller und die katholischen Priester Domkapitular Johannes Neuhäusler, der Chefredakteur der Münchner Katholischen Kirchenzeitung Michael Höck und der Aachener Domkapitular Nikolaus Jansen sowie Corbinian Hofmeister, Abt von Metten, eingekerkert.[2][3][4] Er wurde anschließend zusammen mit dem ebenfalls in Dachau inhaftierten Franz Xaver von Bourbon-Parma, Peter Churchill, Léon Blum, Hermann Pünder und anderen als Geiseln der SS für mögliche Verhandlungen mit den Alliierten verschleppt.[5] Am 24. April 1945 wurde er unter abenteuerlichen Umständen mit 136 Mithäftlingen quer durch Deutschland transportiert und am Ende des Zweiten Weltkriegs in Südtirol von dem Wehrmachtsoffizier Wichard von Alvensleben befreit (siehe Befreiung der SS-Geiseln in Südtirol).[6]
Piguet war der einzige französische Bischof, der von den Nationalsozialisten in den Jahren 1944 und 1945 deportiert wurde. Am 17. Dezember 1944 weihte Gabriel Piguet mit Erlaubnis des Bischofs von Münster, Clemens August Graf von Galen, und des Erzbischofs von München, Michael von Faulhaber, den Gefangenen Karl Leisner zum Priester.[7]
1951 stellte sich heraus, dass Gabriel Piguet während des Zweiten Weltkrieges jüdischen Familien auch durch das Ausstellen zahlreicher falscher Taufbescheinigungen geholfen hatte.[1]
↑Hans-Karl Seeger (Hrsg.): Karl Leisner – Priesterweihe und Primiz im KZ Dachau. Lit, Münster, 2., erweiterte Aufl. 2006, ISBN 3-8258-7277-7, S. 72–91.