GRAFCET
GRAFCET ist eine Spezifikationssprache für die Ansicht von Ablaufbeschreibungen. Sie ist das Akronym aus französisch GRAphe Fonctionnel de Commande Etapes/Transitions, in der EN 60848 beschrieben und findet hauptsächlich Anwendung in der Automatisierungstechnik, aber auch in der Verfahrenstechnik. Die Norm EN 60848 ist der Nachfolger der DIN 40719-6 Funktionsplan und hat diesen zum 1. April 2003 abgelöst. Im Vergleich zum Funktionsplan wird in GRAFCET vieles klarer definiert. Der Befehlsumfang wurde in vielen Teilen vereinfacht und durch einige neue Möglichkeiten ergänzt. Im Gegensatz zum abgelösten Funktionsplan wird die Ablaufsprache der IEC 61131-3 in der GRAFCET Norm ausdrücklich als eine mögliche Implementierung eines GRAFCET-Plans erwähnt und ist weiterhin gültige Norm. ZweckGrafcet ist ein grafisches Planungs- und Dokumentationswerkzeug für Ablaufsteuerungen, genauer für den „Ablaufteil eines Steuerungssystems“. Grafcet kann die Steuerlogik einer Anlage systemneutral abbilden. Gliederung eines GrafcetMit Grafcet wird die Darstellung einer Ablaufsteuerung in Struktur- und Wirkungsteil gegliedert. StrukturDie Struktur besteht aus
Damit zeigt die Struktur grafisch den Bewegungsablauf einer Ablaufsteuerung. Schritt- und Transitionsnamen müssen einzigartig sein, Kommentare müssen in Anführungszeichen stehen. Der Schrittname (im Bild die Nummer) legt die Schrittvariable nach folgendem Muster fest: XSchrittname. Dem Schrittnamen wird also ein „X“ vorangestellt. Die so bezeichnete Schrittvariable kann beispielsweise im Wirkungsteil benutzt werden. Die Planung einer Ablaufsteuerung beginnt mit der Struktur des Grafcet mit vernünftigen Kommentaren, so dass der Bewegungsablauf der Steuerung erkennbar wird. WirkungsteilDer Wirkungsteil eines Grafcet besteht aus
Der Wirkungsteil kann nur ergänzt werden, wenn es eine Struktur gibt. Gliederung in Schritte und TransitionenDie entscheidenden Elemente eines Grafcet sind Schritte (mit Aktionen) und Transitionen (logische Bedingungen für den Übergang vom vorhergehenden zum nächsten Schritt). Schritte und Transitionen werden durch die Wirkverbindungen verbunden. Die Grundregeln dazu sind:
Die Transition liefert ein boolesches Signal, also nur TRUE oder FALSE ('1' oder '0'). Boolesche Verknüpfungen können sowohl „mathematisch“ als auch graphisch dargestellt werden. Die UND-Verknüpfung mit dem *, die ODER-Verknüpfung mit dem +, die Negation mit dem Überstrich, die steigende Flanke mit dem nach oben gerichteten Pfeil und die fallende Flanke mit dem nach unten gerichteten Pfeil. Zeiten werden vor- (Einschaltverzögerung) oder nach- (Ausschaltverzögerung) gestellt. Der Schritt hat einen eindeutigen Variablennamen, der – mithilfe der Kennung X – als boolesche Variable in Transitionen oder Bedingungen abgefragt werden kann. Wenn z. B. der Schritt den Namen 17 hat, dann ist der Variablenname X17. Dem Schritt können eine oder mehrere Aktionen zugeordnet sein (muss aber nicht). Es existieren auch Schritte ohne Aktionen, diese werden entsprechend als Leerschritte bezeichnet. Die Aktion beinhaltet Anweisungen, was geschehen soll, wenn der zugehörige Schritt aktiv ist bzw. aktiv wird oder aber deaktiviert wird. UmfangDie Abläufe werden in Schritte und Transitionen (Weiterschaltbedingungen) unterteilt. Im Schriftfeld findet man die alphanumerische Kennzeichnung. Kommentare können beliebig hinzugefügt werden, sie müssen in Anführungszeichen stehen. Rechts von der Transition steht die Weiterschaltbedingung. Sie darf durch einen Transitionsnamen auf der linken Seite der Transition ergänzt werden. Er muss in Klammern stehen. Die Weiterschaltbedingung wird meistens als Boolesche Gleichung ausgedrückt. Der Mal-Punkt (alternativ auch Stern) beschreibt eine UND-Verknüpfung. Das Plus-Zeichen eine ODER-Verknüpfung. Dabei gilt die Regel: UND vor ODER (Punkt vor Strich, wie in der Mathematik). Negationen werden durch einen Strich über dem Variablennamen, steigende oder fallende Flanken mit einem Pfeil nach oben bzw. unten vor dem Variablennamen gekennzeichnet. Zeitliche Ereignisse werden in der Form t1/Variablenname/t2 beschrieben. Das Ereignis wird wahr nach der Zeit t1 nach der steigenden Flanke der mit Variablenname bezeichneten Variablen und bleibt die Zeit t2 nach der fallenden Flanke noch wahr. Dabei kann wahlweise die Zeit t1 oder t2 und der zugehörige Schrägstrich weggelassen werden. Aktionen können unterschiedliche Verhalten annehmen. Dies wird durch Zusätze an den Aktionen sichtbar. Es wird unterschieden in:
Es ist mit GRAFCET möglich, Abläufe hierarchisch zu strukturieren, um komplexe Zusammenhänge übersichtlich zu modellieren. Dies ist beispielsweise zur Darstellung von Betriebsarten wie Manuell/Automatik oder NOT-Halt hilfreich. Hierzu verwendet man zwangssteuernde Befehle und einschließende Schritte. Mögliche VerzweigungenIn vielen Prozessen gibt es Prozessverzweigungen, z. B. muss ein und derselbe Roboterarm je nach Meldesignal Werkstücke von unterschiedlichen Stellen abholen und der entsprechenden jeweils andersartigen Weiterverarbeitung zuführen. Das heißt dann : Alternative Verzweigung des Prozesses. Werden durch eine gemeinsame Transition jedoch mehrere Prozessabläufe parallel gestartet, spricht man von einer parallelen Verzweigung. 1. Alternative VerzweigungEinem Prozessschritt folgen zwei oder mehrere Transitionen mit dahinterliegenden Schritten. Diejenige Transition, die zuerst erfüllt ist, schaltet den Prozess in ihren folgenden Schritt. Damit sind die anderen Alternativen im aktuellen Stadium nicht mehr erreichbar. Dies ist z. B. im nebenstehenden Anwendungsbeispiel nach dem Schritt 3 der Fall: Schritt 4 bei positivem, Schritt 5 bei negativem Temperatursignal. 2. ParallelverzweigungEine gemeinsame Transition schaltet parallel zwei oder mehrere Prozessschritte ein, die danach unabhängig voneinander weiterlaufen. Dies ist nach dem Grundschritt des Anwendungsbeispiels der Fall: Sowohl Schritt 1 als auch Schritt 7 werden durch (S1+StART) aktiviert. Unterschied zu S7-GRAPH
Die Programmiersprache S7-GRAPH spiegelt nicht die GRAFCET-Norm EN 60848 wider. Diese Ablaufsprache der Siemens AG ist lediglich eine mögliche Implementierung eines GRAFCET-Plans. S7-GRAPH erfüllt die SPS-Norm EN 61131-3 (Programmierung mit Ablaufsprache). Diese beiden Normen (logische Planung/Dokumentation gegen reale Implementierung) sind unbedingt auseinanderzuhalten. GRAFCET-EditorMittlerweile stehen mehrere GRAFCET-Editoren zur Verfügung, so dass ein GRAFCET-Plan nicht mehr als Zeichnung erstellt werden muss.
Literatur
Einzelnachweise
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