Fujikawa YūFujikawa Yū (jap. 富士川 游, * 4. Juni 1865 in Yasumura, Distrikt Nuta, Provinz Aki (heute: Asaminami-ku, Hiroshima), Japan; † 6. November 1940 in Tokyo) war ein Arzt und Pionier der japanischen Medizingeschichte. LebenFujikawa Yu wurde als Sohn des Arztes Fujikawa Yuki (藤川 雪[1]) geboren. Er besuchte von 1879 an die ehedem vom lokalen Lehnsherren begründete Asano-Schule, wechselte dann zu der von der Präfektur Hiroshima neu eingerichteten Mittelschule, um anschließend eine Ausbildung an der Medizinschule Hiroshima (Hiroshima Igakkō[2]) zu absolvieren. Nach dem Studienabschluss im Jahre 1887 arbeitete er zunächst in Tokio für die „Meiji Lebensversicherung“ (明治生命保険, Meiji seimei hoken). Zugleich arbeitete er für die seit 1880 erscheinenden „Nachrichten zur Medizin im In- und Ausland“ (中外医事新報, Chūgai Iji Shinpō). Hierdurch hatte er die Gelegenheit zu zahlreichen Reisen in die Regionen des Landes. Da im Zuge der radikalen Einführung der westlichen Medizin[3] das Wissen um die Geschichte und Erfolge der einheimischen Heilkunde zu verschwinden drohte, begann er, alte medizinische Schriften und andere Materialien zu sammeln und zusammen mit ähnlich denkenden Gefährten wie dem Medizinprofessor Kure Shūzō (1865–1932) und anderen die Grundlagen einer Geschichte der japanischen Medizin zu erarbeiten. Obwohl er an einer Tuberkulose litt, reiste Fujikawa im April 1889 nach Deutschland, um in Jena Neurologie und Physiotherapie zu studieren. Während seines Aufenthaltes lebte er bei einer Frau Elisabeth Burkhardt im Ziegelmühlenweg 11. Seinem Reisetagebuch zufolge hörte er Vorlesungen zur Medizin von Georg Hieronymus Roderich Stintzing, Max Matthes, Max Fürbringer, Otto Binswanger, August Gärtner, Wilhelm Müller, August Wagenmann, Max Verworn, dazu kamen renommierte Professoren anderer Fakultäten wie Ernst Haeckel, Rudolf Christoph Eucken und Otto Liebmann. Im Sommer 1890 promovierte er bei Stintzing mit einer Arbeit „Über die Coincidenz von Tabes und Herzklappenfehlern“.[4] Nach der Rückkehr im September jenes Jahres übernahm er die Leitung der Internie im „Krankenhaus Nakasu“ (中洲養生院, Nakasu-yōjōin) in Tokio. 1897 gründete er mit Kure Shūzō eine regionale Gesellschaft zur Förderung des Gesundheitswesen in seiner Heimat (芸備医学会, Geibi igakkai). Das Studium in Deutschland hatte Fujikawas Interesse an den pädagogischen und philosophischen Aspekten der Medizin erheblich verstärkt. Eine von ihm 1902 ins Leben gerufene Forschungsgemeinschaft entwickelte sich zur „Japanischen Gesellschaft für Kindheitsforschung“ (日本児童学会, Nihon jidō gakkai), die Psychologen, Mediziner und Pädagogen eine gemeinsame Plattform zur Forschung und Kommunikation bot. 1905 erschien die erste Nummer der von ihm begründeten Zeitschrift Jinsei (人性) mit dem deutschen Untertitel „Der Mensch“, die sich unter der Kooperation von Autoren aus Ost und West den sozialen und psychologischen Aspekten des Menschen widmen sollte. Diese Schrift erschien bis 1918. 1906 wurde er Professor an der Tōyō-Universität (東洋大学, Tōyō daigaku), einer von Inoue Enryō (1858–1919), einem Schüler des deutschen Philosophen Raphael von Koeber aufgebauten Einrichtung mit starker philosophischer Ausrichtung. Im Juli 1914 erhielt er für seine kultur- und geisteswissenschaftlichen Forschungen den Titel eines Doktors der Literatur (bungaku hakushi), was an japanischen Universitäten jener Jahrzehnte nur in Ausnahmefällen geschah. 1922 gründete Fujikawa in Kamakura eine Mittelschule und übernahm deren Leitung. Bei dem Großen Kantō-Erdbeben im folgenden Jahr erlitt er beträchtliche Verletzungen. 1925 übernahm er über seine bisherigen Aufgaben hinaus die Leitung des von Nakayama Taichi (1881–1956) gegründeten „Kulturforschungsinstituts“ (中山文化研究所, Nakayama bunka kenkyūjo), das eine bahnbrechende Rolle in der Frauen- und Kinderforschung spielte. 1927 wurde die seit 1892 von Fujikawa und einer Reihe von Mitstreitern aufgebaute „Förderungsgesellschaft für Medizin“ (奨進医会, Shōshin ikai) in „Japanische Gesellschaft für Medizingeschichte“ (日本医史学会, Nihon Ishi Gakkai) umbenannt. Unter seinen zahlreichen Schriften zur Medizin, Pädagogik, Religion und Medizingeschichte gilt die 1904 erschienene „Geschichte der japanischen Medizin“ (日本医学史, Nihon igakushi) als Hauptwerk, für das er 1912 den Kaiserlichen Preis (日本医学史, Onshishō) der Japanischen Akademie der Wissenschaften erhielt. Fujikawa starb 1940 im Alter von 75 Jahren und wurde nach der Einäscherung in Kamakura im Familiengrab auf dem Friedhof des Chōraku-Tempels (長楽寺, Chōraku-ji, Hiroshima) beigesetzt. 9017 Bände aus seiner Bibliothek gingen als Stiftung an die Universität Kyōto, wo sie als Sondersammlung „Fujikawa Bunko“ gehütet werden. Weitere 3632 Bände bilden eine gleichnamige Sondersammlung der Kitasato Memorial Medical Library (Keiō-Universität).[5] 171 pädagogische Titel findet sich heute in den Beständen der Pädagogischen Fakultät der Universität Tokio. Fujikawas Sohn Hideo (1909–2003) machte sich als Professor der Germanistik an der Universität Tokio einen Namen. Werke (Auswahl)
Literatur
Anmerkungen
Weblinks
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