Friedenskirche (Küsten)

Südseite der Friedenskirche Küsten, Ansicht vom Kirchplatz

Koordinaten: 52° 58′ 35,2″ N, 11° 3′ 54,8″ O Die evangelisch-lutherische Friedenskirche ist eine neogotische Kirche in Küsten im Kirchenkreis Lüchow-Dannenberg der Landeskirche Hannover.

Lage

Die Kirche steht – typisch für Kirchen im Wendland – abseits der Hauptstraße am Eingang zum Rundling und ist Teil des Kirchplatzes mit Gemeindehaus, Kindergarten und Pfarrhaus.

Geschichte

1375 wird die Kirche erstmals urkundlich erwähnt.[1] In Küsten besteht seit dem Mittelalter bereits mit Meuchefitz zusammen ein gemeinsames Pfarramt. Die Kirche steht da bereits am Eingang zum Rundling, während das Pfarrhaus noch im Rundling ist. Die Pfarrstelle ist zur Versorgung des Pastors mit einer Vollhufe ausgestattet. 1528 wird in der Region die Reformation umgesetzt.[2] Im Lüneburger Pfründenregister von 1534 ist für Küsten als erster evangelischer Pastor Jürgen Pegelow vermerkt. 1548 baut die Gemeinde ein neues Pfarrhaus neben der Kirche am Eingang zum Rundling. Der Pfarrer zieht damit aus dem Rundling an die Stelle, wo heute das Gemeindehaus steht. In den Jahren vor 1639 brennen Kirche und Pfarrhaus ab; die Pfarrstelle ist während des Dreißigjährigen Krieges meistens verwaist und wird bis 1651 vom Pfarramt Zebelin versehen. 1851 fällt die Glocke im Turm herunter. Bereits im Jahr darauf wird in Linden von der Glockengießerei Friedrich Dreyer eine neue Glocke gegossen. Die heutige Kirche ersetzt 1865 eine baufällige Feldsteinkirche mit Holzturm.[3] Der Neubau wird vom hannoverschen König Georg V. finanziert. 1968 erhält die Kirche an Stelle des Harmoniums eine Orgel.

Der Innenraum der Friedenskirche wurde 1998 nach einem Entwurf des Künstlers Jürgen Goertz renoviert. Die Kirche beteiligt sich an den Initiativen „Verlässlich geöffnete Kirche[4][5] und „Radwegekirche[6]. Sie ist in den Monaten von April bis Oktober täglich geöffnet.

Architektur und Ausstattung

Die Friedenskirche ist eine einschiffige neugotische Backsteinkirche mit halbrunder Apsis. Mehrere Veränderungen wurden innen und außen vorgenommen, wobei die Kirche von fast allen neugotischen Stilelementen befreit wurde. Die Turmuhr ist nur aufgemalt.[7] Die Glocke läutet dreimal am Tag zum Gebetsläuten.[8] Die Innenausstattung stammt größtenteils von dem Künstler Jürgen Goertz, der in Küsten aufwuchs.

Chorraum

Chorraum mit Altar, Kanzel und Taufe
Blick von der Orgelempore auf den Chorraum mit Altar, Kanzel und Taufe

Im Mittelpunkt des Chorraum steht das bleiverglaste regenbogenfarbene Kreuz auf dem Altar.

Das Ensemble für den Chorraum enthält drei Elemente: den Altar, die Kanzel und einen Sockel für das Taufbecken bzw. eine Vase. Alle Teile bestehen aus Metall: der Altar aus Bronze, die Kanzel und der Sockel aus gebürstetem Aluminium, das Taufbecken und die Vase aus patinierter Bronze.[9]

Im Zentrum steht der Altar, an dessen Vorderseite sich ein auf dunkelblauem Rund nach unten blickendes Christusbildnis befindet. Das Brot links vom Kreuz ist in Eisen gegossen. Zwölf Scheiben sind angeschnitten. Der umgedrehte Kelch aus Bronze dient als Kerzenständer.

Blickpunkt ist das Kreuz aus bleiverglastem Buntglas. Farben und Form verbinden den Regenbogen (als Zeichen für den ersten Bund Gottes mit den Menschen) und das Kreuz (als Zeichen für den neuen Bund). Die Form des Kreuzes stimmt mit den vier außen an der Kirche eingelassenen gelben Steinkreuzen überein.[10] Über dem Kreuz schwebt eine kreisrunde vergoldete Scheibe, in der die Umrisse des Christuskopfes unten am Altar ausgeschnitten sind.

Reliefs an den Kirchenwänden

Die Wände rechts und links im Kirchenschiff zeigen zwei jeweils dreiteilige von Jürgen Goertz gestiftete Reliefzyklen.

Der Reliefzyklus „Auf dem Wege zu Gott“ teilt sich in die drei Themen „Anfang des Lebens“, „Mitte des Lebens“ und „Ende des Lebens“. Das Kind in „Anfang des Lebens“ stellt Eva, die Tochter des Künstlers, dar. Mit dem umschlungenen Paar in der „Mitte des Lebens“ hat sich Jürgen Goertz mit seiner Frau Christa selbst dargestellt. Die im Sterbebett liegende Frau am „Ende des Lebens“ ist seine Mutter.

Die eigens für die Kirche geschaffene auf der rechten Seite befindliche Reihe „Vertreibung aus dem Paradies“ besteht aus den drei Reliefs „Sündenfall“, „Ausrottung“ und „Apokalypse“.

Orgel

Orgel und Orgelempore

Im Jahre 1967 erbaute die Orgelbaufirma Alfred Führer, Wilhelmshaven, eine neue Orgel mit Schleifladen und mechanischer Traktur.

Die klangliche Konzeption basierte auf den Vorstellungen der sogenannten „Orgelbewegung“. Das einmanualige Instrument erhielt ein angehängtes Pedal, mit dem die Manualstimmen auch vom Pedal aus spielbar sind. Ein selbstständiges Pedalregister (Subbaß 16′) fehlt bis heute.

Im Sommer 2010 überarbeitete OBM Martin ter Haseborg die Orgel.[11]

Die Disposition der Orgel:

Manual C–g3
Gedackt 8′
Principal 4′
Rohrflöte 4′
Waldflöte 2′
Sesquialtera II D
Mixtur III 113
Pedal C–f1
angehängt

Umgebung der Kirche

Im Jahr 1793 ersetzte man das baufälliges Pfarrhaus durch ein neues großzügig angelegtes Fachwerkhaus, das im Lauf der Zeit als Pfarrwohnung, Viehstall, Küsterwohnung bzw. Flüchtlingsherberge nach dem Zweiten Weltkrieg dient und heute Gemeindehaus ist. Es ist ein typisches Vierständer-Fachwerkhaus und das zweitälteste Gebäude im Ort.

Seit 1957 gehört die Kirchengemeinde Krummasel zum Pfarramt Küsten. Ein neues Pfarrhaus wird 1962 gebaut. 2002 wird das Pfarramt der Gemeinden Küsten-Meuchefitz-Krummasel mit der Pfarrstelle der Gemeinden Zebelin und Wittfeitzen zusammengelegt. Der Pastor hat seinen Dienstsitz in Küsten.

1986 beginnt in Küsten eine Arbeitsloseninitiative des Kirchenkreises, woraus sich die Jugendwerkstatt Küsten entwickelt, das Pfarrwitwenhaus zu renovieren.[12]

Ein Kinderspielkreis wird 1972 gegründet und hat seine Räume im Gemeindehaus. Der Kinderspielkreis wird 2011 in einen Kindergarten umgewandelt und zieht in das Pfarrwitwenhaus.[13]

Am Eingang zum Kirchhof erinnert die Kirchengemeinde mit einem Wegweiser nach Gomel in Belarus an die Folgen der atomaren Verseuchung durch die Katastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986.

Verzeichnis der Pastoren seit der Reformation

Die Pfarrstelle Küsten-Meuchefitz ist seit 1600 fast durchgehend besetzt.[14]

Zeit Name Anmerkungen
1534 Jürgen Pegelow Beginn und Ende der Pfarrzeit unbekannt
1543 Johannes Krabbe
Ludolphus Belitz genaue Pfarrzeit nicht bekannt
1568 Johann Korke
um 1600 Arnold
Bolte abgesetzt, genaue Pfarrzeit unbekannt
1634–1638 Nikolaus Dumsal
1638–1639 Erhard Rathmann abgesetzt
1639–1651 Schwarze Vertretung, Pastor in Zebelin
1651–1674 Joachim Krüger gestorben in Lüchow
1674–1682 Johann Heinrich Weber versetzt nach Schnackenburg
1682–1685 Johann Ernst Mack aus Celle, versetzt nach Hitzacker
1685–1688 Julius Johann Wildes aus Celle, versetzt nach Predöhl
1688–1698 Martin Baumgarten
1699–1728 Johann Joachim Wiesel aus Uelzen
1728–1742 Johann Christian Wiesel Sohn von Johann Joachim Wiesel, versetzt nach Bülitz
1742–1749 P. J. Haber versetzt nach Radegast
1749–1755 Ludolph C. Benkendorf gestorben am 20. Februar 1755
1755–1768 Heinrich C. Oldekop aus Breselenz, versetzt nach Groß Solschen
1768–1781 Christian W. Danckwerts aus Lüchow, dann Isenbüttel, zuletzt Amelinghausen, Vater von Justus Friedrich Danckwerts
1781–1794 Johann Heinrich Kunze aus Bardowick
1794–1829 Georg Karl Brenner aus Celle, vorher Pastor in Hollenstedt, gest. 11. Mai 1829 in Küsten
1829–1837 Ernst Konrad H. Beneken[15] geb. 1796 in Soltau, 1822–1829 Pfarrer in Thomasbruch, versetzt nach Hankensbüttel, dort 1838 verstorben
1837–1840 Heinrich August Exner geb. 18. Dezember 1798 in Hannover, 1826–1837 Pfarrkollaborator in Bergen an der Dumme, gest. 30. August 1840
1840–1871 Georg H. Wahrenburg geb. 6. September 1806 in Knesebeck, 1833–1840 Pfarrkollaborator in Predöhl, gest. 28. April 1871
1871–1890 Hermann Georg Steinhöfel geb. 1. August 1832 in Scharnebeck, gest. 6. Februar 1890 im Krankenhaus Dannenberg
1891–1895 Christian G. Grünewald geb. 2. November 1864 in Harburg, vorher Pastor coll. in Stelle (Lüneburg), versetzt nach Obershagen (Uetze)
1895–1932 Georg Wilhelm H. Behrens geb. 8. März 1866 in Einbeck, vorher Pastor coll. in Wittingen, gest. 1. Januar 1935 in Küsten
1933–1946 Julius Karl Thimme Pastor in Satemin, mit der Versehung der Pfarrstelle beauftragt
1946–1953 Otto Jablonski Vakanzvertreter, geb. 1885 in Ostpreußen, vorher Superintendent in Deutsch-Eylau, versetzt nach Krummasel
1953–1958 Willi Schulz Vakanzvertreter, geb. 1. März 1907 in Küsten als Sohn eines Gastwirtes, Pastor in Zebelin
1958–1964 Werner Wahnbaeck geb. 4. August 1925, Pastor coll., versetzt nach Geisweid (Kreis Siegen), gest. 20. Oktober 2009 in Wilnsdorf
1964–1966 Woldert Vakanzvertreter, Pastor an der St.-Marien-Kirche in Plate
1966–1979 Richard Rose danach Pastor am Dom in Bardowick
1979–1982 Karla Schmidt-Gieseking danach Pastorin in Syke
1982–1983 Doris Schmidtke Vakanzvertreterin, Pastorin in Zebelin und Wittfeitzen, dann Superintendentin im Kirchenkreis Georgsmarienhütte
1983–1992 Werner Klipp vorher Pastor in Bodenteich
1992–1994 Friedemann Pannen danach Uetze (Johannes der Täufer), heute Superintendent im Kirchenkreis Osnabrück
1995–2004 Thomas Anselm Müller[16] vorher Pastor in Altenmedingen
seit 2004 Bernd Paul[17]

Literatur

  • Traude Witte: Aus Herrn Pastors Kirchenbuch. Kirchengemeinde Küsten, Küsten 1982.
  • Ernst-Günther Behn: Das Hannoversche Wendland – Kirchen und Kapellen. Köhring Verlag, Lüchow 2011, ISBN 978-3-926322-50-0.
  • Kirchengemeinde Küsten: Friedenskirche Küsten. Küsten 2014. (Kirchenführer – kann bei der Kirchengemeinde bezogen werden.)
  • Doris Schmidtke: Die Kirchen im Kreise Lüchow-Dannenberg. Seite 183–189 in Klaus Poggendorf (Hrsg.): Das Hannoversche Wendland. Landkreis Lüchow-Dannenberg (Selbstverlag), 3. Auflage, Lüchow 1985.
Commons: Friedenskirche (Küsten) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ernst-Günther Behn: Das Hannoversche Wendland - Kirchen und Kapellen, Seite 84.
  2. Doris Schmidtke: Die Kirchen im Kreise Lüchow-Dannenberg, Seite 184.
  3. Wolfgang Jürries (Hrsg.): Wendland-Lexikon Band 1 A-K, Seite 413.
  4. Offene Kirche Küsten, abgerufen am 6. April 2012.
  5. Petra Witte: „Offene Kirche“ in Küsten (Memento des Originals vom 27. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.evangelische-zeitung-niedersachsen.de in Evangelische Zeitung, 6. Mai 2012, abgerufen am 20. April 2015
  6. Friedenskirche auf radwegekirchen.de, abgerufen am 17. April 2015
  7. EJZ-Bericht zur Kirchturmrenovierung aus dem Jahr 2003, abgerufen am 14. November 2012.
  8. EJZ: „Klänge des Glaubens und der Welt“, abgerufen am 25. November 2012.
  9. Kirchengemeinde Küsten: Friedenskirche Küsten, Küsten 2011.
  10. Ernst-Günther Behn: Das Hannoversche Wendland - Kirchen und Kapellen, Seite 85.
  11. EJZ-Bericht über eine Orgelreise (Memento des Originals vom 16. Dezember 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ejz.de vom 17. August 2011, abgerufen am 26. August 2011.
  12. Archivlink (Memento des Originals vom 21. Oktober 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.diawend.de, abgerufen am 15. August 2011.
  13. EJZ: "Wir sind alle Kindergarten" (Memento des Originals vom 25. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ejz.de vom 7. Februar 2011, Sitzungsvorlage SG Lüchow: Umwandlung des Spielkreises Küsten in einen Kindergarten vom 4. November 2009, EJZ: Auf dem Weg zum Kindergarten, EJZ: „Eine sinnvolle Ergänzung“ (Memento des Originals vom 15. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.diawend.de vom 12. Juli 2011, alle abgerufen am 15. August 2011.
  14. Chronik der Kirchengemeinden Küsten und Meuchefitz seit c. 1600, Kirchengemeinde Küsten.
  15. Oskar Ansull: Ja, bleiben muss und werde ich ..., Gemeinde Nienhagen 2011, S. 15 u. S. 24.
  16. EJZ-Bericht zur Verabschiedung aus dem Jahr 2004, abgerufen am 14. November 2012.
  17. EJZ-Bericht zur Amtseinführung, aus dem Jahr 2004, abgerufen am 14. November 2012.