Nach dem Besuch des humanistischenGymnasiums in Erlangen studierte Zahn in Halle und Erlangen Theologie, wobei er besonders von Johann Christian Konrad von Hofmann beeinflusst wurde. In Halle wurde er Mitglied des Wingolf. Kurzzeitig am Seminar seines Vaters tätig, wirkte er zunächst drei Jahre als Hilfsprediger in Barmen. Am 26. Februar 1862[1] übernahm er als erster Inspektor die Leitung der Norddeutschen Missionsgesellschaft (gegr. 1836), die er bis an sein Lebensende innehatte.
Er war verheiratet mit der Irin Anna Crooks (1837–1927 aus Sligo)[2] und hatte mit ihr eine Tochter[3].
Weniger durch organisatorische Vielgeschäftigkeit, als vielmehr durch seine Missionstheologie und seinen minutiösen Fleiß hat er dazu beigetragen, dass auf deren Arbeitsfeld in Westafrika (Ghana und Togo) der Grund für eine evangelische Kirche unter dem Ewe-Volk gelegt wurde. Zum Kreis um Gustav Warneck gehörend, hat Zahn überdies das deutsche Missionsleben nachhaltig geprägt. So rief er zusammen mit Friedrich Fabri 1866 die „Kontinentale Missionskonferenz“ in Bremen ins Leben und tat sich als langjähriger Mitarbeiter der von Warneck 1874 begründeten „Allgemeinen Missions-Zeitschrift“ hervor, die er zeitweilig mit herausgab. Daneben trat er als Redner in Erscheinung, besonders auf den „Sächsischen Provinzial-Missions-Konferenzen“ (gegr. 1878). Als ein führender Kopf der evangelischen Missionsbewegung, die (wie auch die katholische Mission) den Imperialismus sanktionierte und den Kolonialmächten in die überseeischen »Schutzgebiete« folgte, tat er sich durch kritische Äußerungen über die kolonialen Missstände hervor. So prangerte er den überseeischen Branntweinhandel an und entfachte einen heftigen publizistischen Streit mit dem Hamburger Großkaufmann und Reichstagsabgeordneten Adolph Woermann (seit 1885), der zu einer von der Kontinentalen Missionskonferenz verabschiedeten Petition an den Reichstag führte. Als »Parteiführer« der sogenannten positiven Richtung hat sich Zahn auch am kirchlichen Leben Bremens beteiligt und den »alten Glauben« verteidigt. Von seinen Zeitgenossen wird er als eine »tieffromme«, aber auch zugleich »weltoffene« Natur beschrieben (Büttner, 1912, 534).
Zahn sieht das Ziel der Missionsarbeit nicht – wie viele seiner Zeitgenossen – in der Gründung christianisierter Volkskirchen, sondern in „sich sammelnden (ökumenischen) Glaubensgemeinden“, die aus der Einzelbekehrung erwachsen und sich auf das „Kommen des Reiches Gottes vorbereiten“ sollen. Der Mission sei dabei zwar aufgetragen, die jeweilige Volksindividualität der jungen Gemeinden zu fördern, sie aber erst dann in die Selbständigkeit zu entlassen, wenn sie nach einer Zeit der „Gewöhnung tiefe Wurzeln geschlagen“ haben. Mit letzterem legt Zahn den Gemeinden das »Stützkorsett europäisch-pädagogischer Leitung« an (Ustorf, 1989, 295 – s. Literatur) und praktiziert damit – wie in der Missionspraxis des 19. Jahrhunderts weitgehend üblich – einen missionarischen Paternalismus.[4]
Werke
1865: Anna Schlatters Leben und Nachlass, Gedichte und kleiner Aufsätze, 3. Band, Verlag von W. Vallett und Comp., Bremen
1865: Einige Bedenken gegen die Mission: Nebst Rechnungen und Uebersichten der Norddeutschen Missionsgesellschaft für 1864 : Im Auftrag der Committee, J. Frese, Bremen
1867: Von der Elbe bis zum Volta: Sechs Jahre Missions-Arbeit in Westafrika, Verlag von W. Vallett und Comp., Bremen
1868: Ein Gang durch die heilige Geschichte: 53 Betrachtungen über die Hauptlectionen des Filder Bibelkalenders, A. Perthes, Gotha
1870: Vier Freistätten im Sclavenlande, Nochmals sechs Jahre Missions-Arbeit in Westafrika, Buchdruckerei von C. Hilgerloh, Bremen
1870: Die biblische Geschichte: Der Schlüssel zur biblischen Lehre : Ein Beitrag zum Schrift-Verständnis : Vortrag, Buchdruckerei von C. Hilgerloh, Bremen
1871: Das erste Evangelium: Ein Beitrag zum Schriftverständnis : Vortrag, Hugo Klein, Bremen
1872: Israel und Egypten, Hugo Klein, Bremen
1873: Samuel der Prophet und Reformator. Hugo Klein, Bremen
1875: Was ist von der Mission der Gegenwart zu halten: Bremer Verein z. Verbreitung christlicher Schriften, J. D. Noltenius, Bremen
1876: Die Arbeiter im Weinberge: Predigt, Buchdruckerei von C. Hilgerloh, Bremen
1883: Juda's Wiederherstellung nach der Verbannung: geringe Tage, die große vorbereiten ; Vortrag, Verlag von W. Valett & Co., Bremen
1884: Evangelischer und römisch-katholischer Missionsbetrieb: Vortrag, gehalten auf der Halleschen Missions Konferenz, C. Bertelsmann, Gütersloh
1886: Handel und Mission – Vortrag in Stettin auf der ersten Jahres-Versammlung der Pommerschen Missions-Konferenz gehalten, C. Bertelsmann, Gütersloh
1886: Der westafrikanische Branntweinhandel: Erwiderung auf die Offene Antwort des Herrn Reichstagsabgeordneten A. Woermann, C. Bertelsmann, Gütersloh
1892: Die evangelische Kirche als welterobernde Macht, J. Morgenbesser, Bremen
1894: Der Christ und die Welt, C. Bertelsmann, Gütersloh
1900: Schriftzeugnisse: Predigten, J. Morgenbesser, Bremen
Quellen
Werner Raupp (Hrsg.): Mission in Quellentexten. Geschichte der Deutschen Evangelischen Mission von der Reformation bis zur Weltmissionskonferenz Edinburgh 1910, Erlangen/Bad Liebenzell 1990, S. 262–265 (Norddeutsche Mission), 378–386 u. 423–426 (F. M. Zahn).
Literatur
Werner Ustorf: Die Missionsmethode Franz Michael Zahns und der Aufbau kirchlicher Strukturen in Westafrika: (1862 - 1900); eine missionsgeschichtliche Untersuchung. Verlag der Evangelisch-Lutherischen Mission, Erlangen, 1989, ISBN 3-87214-307-7, Inhaltsangabe: Namabiana Buchdepot
Thorsten Altena: "Ein Häuflein Christen mitten in der Heidenwelt des dunklen Erdteils": zum Selbst- und Fremdverständnis protestantischer Missionare im kolonialen Afrika 1884–1918. Waxmann Verlag GmbH, Münster, 2003, ISBN 3-8309-1199-8
A. Guthe: Zum Gedächtnis an Franz Michael Zahn, Missions-inspektor in Bremen: Geb. d. 4. Juni 1833, gest. d. 5. März 1900. Bremen, 1900
Sena Yawo Akakpo-Numado (Togo): Mädchen- und Frauenbildung in den deutschen Afrika-Kolonien (1884–1914). Inaugural-Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie, Bochum, 2005 - Dissertationsarbeit Sena Yawo Akakpo-Numado (PDF; 1,1 MB)