Françoise Gilots Mutter Madeleine Renoult (1898–1985) war eine talentierte Aquarellmalerin, ihr Vater Émile Gilot (1889–1957) ein erfolgreicher Geschäftsmann. Im Umgang mit seiner Tochter sehr autoritär, hatte er für sie eine juristische Laufbahn vorgesehen.
Sie wandte sich jedoch der Malerei zu. 1938 richtete sie ihr erstes Studio bei ihrer Großmutter Anne Renoult in Paris ein. Im Mai 1943 (im Alter von 21 Jahren), während der deutschen Besatzungszeit (1940–1944), organisierte sie ihre erste erfolgreiche Ausstellung. Dabei lernte sie den 40 Jahre älteren Pablo Picasso kennen, der von seiner ersten Ehefrau Olga Stepanowna Chochlowa getrennt lebte und seine Beziehung zu Dora Maar für Gilot aufgab. Ab 1948 lebte sie mit ihm in Vallauris in Südfrankreich. Das Strandbild aus diesem Jahr vom Fotografen Robert Capa, das Picasso zeigt, wie er die vorausgehende Gilot am Strand von Golfe-Juan mit einem Sonnenschirm schützt, gehört zu den Medienikonen.[2] Der Beziehung entstammen die beiden Kinder Claude Picasso (1947–2023) und Paloma Picasso (* 1949).
Im Jahr 1953 starb ihre Großmutter. Sie beendete im selben Jahr ihre Beziehung mit Picasso und zog mit beiden Kindern wieder nach Paris.
Ab 1955 führte sie eine kurze Ehe mit dem Maler Luc Simon; ihre Tochter ist Aurélia Simon.[3]
Der Journalist Carlton Lake unterstützte sie 1961 darin, über ihre Zeit mit Picasso zu schreiben. Picasso versuchte in drei Instanzen juristisch erfolglos, das Erscheinen ihres Buches Life with Picasso (dt.: Leben mit Picasso) 1964 in Frankreich zu verhindern, da sie darin nicht nur Aspekte der künstlerischen Entwicklung Picassos beschreibt, sondern auch Stellung zu dem ihm eigenen Umgang mit Frauen bezieht.
Als Gilot nach ihrer Trennung die Malerei wieder aufnahm, stellte sie fest, dass Picasso allen Pariser Galerien untersagt hatte, ihre Werke auszustellen; er hatte ihnen gedroht, dass sie andernfalls nie wieder ein Bild von ihm bekommen würden.[4]
Nachdem Picasso im Jahr 1961 in Vallauris privat und unter Ausschluss der Öffentlichkeit Jacqueline Roque geheiratet hatte, gestattete er zunächst noch Besuche der gemeinsamen Kinder Claude und Paloma; nach dem Erscheinen von Gilots Buch 1964 jedoch brach er jeden Kontakt ab.[5]
Françoise Gilot lernte Jonas Salk, den Entdecker des Polioimpfstoffs, 1969 in La Jolla, Kalifornien, kennen und blieb mit ihm seit der Heirat im Jahr 1970 bis zu seinem Tod 1995 zusammen.
Gilot arbeitete in ihren Ateliers in New York und auf dem Montmartre in Paris.[6] Im Juni 2021 wurde ihr Gemälde Paloma à la Guitare aus dem Jahr 1965 für über eine Million Euro bei Sotheby’s in London versteigert.[7]
Sie starb am 6. Juni 2023 im Alter von 101 Jahren an Herz- und Lungenproblemen in einem Krankenhaus im New Yorker Stadtteil Manhattan. Sie gilt, neben der lange Zeit unbekannten Gaby Lespinasse, als die einzige Frau, die Picasso verlassen hat, statt von ihm verlassen zu werden.[8]
Künstlerisches Werk
Françoise Gilot gehörte während und nach dem Zweiten Weltkrieg zum Umfeld der Nouvelle École de Paris, zu der sich nicht nur abstrakte Künstler zugehörig fühlten. Ihre Bilder sind meist figürlich, aber ihr Œuvre umfasst auch Werke, die abstrakt beginnen und dann im Schaffensprozess strukturelle Elemente erhalten. Neben der Ölmalerei befasste sie sich auch mit Druckgrafik, wie der Monotypie, Lithografie und Aquatinta. Zuletzt arbeitete sie losgelöst von Form und Farbe und sah ihre Aufgabe als Künstlerin darin, die Wahrnehmung umzuformen und zu erweitern.[9]
Darüber hinaus hatte Françoise Gilot weitere Ausstellungen in Universitäten der USA. Werke von ihr sind in den Sammlungen zahlreicher Museen vertreten (Auswahl):
dt.: Matisse und Picasso. Eine Künstlerfreundschaft. Aus dem Amerikanischen von Jürgen Benz. Kindler, München 1990, ISBN 3-463-40139-8.
mit Maurice Frechuret: Picasso et la Méditerranée retrouvée. Gregoire Gardette Editions, 1996.
Illustrationen zu Der Vogelmann und die Tänzerin. Text Lisa Alther. Originalausgabe Birdman and the dancer, 1993. Deutsch von Cornelia Holfelder-von der Tann. Wunderlich, Reinbek 1996, ISBN 3-8052-0566-X.
mit Mel Yoakum: Françoise Gilot Monograph 1940-2000. Acatos, Lausanne 2000, ISBN 2-940033-36-6.
mit Annie Maïllis: Dans l’arène avec Picasso. Indigène Editions, 2004.
Rose-Maria Gropp: „Göttinnen und Fußabstreifer“. Die Frauen und Picasso. Piper, München 2023, ISBN 978-3-492-07073-7
Malte Herwig: Die Frau, die Nein sagt: Rebellin, Muse, Malerin – Françoise Gilot über ihr Leben mit und ohne Picasso. Ankerherz, Hollenstedt 2015, ISBN 978-3-940138-82-8.
Picasso and Françoise Gilot: Paris–Vallauris 1943–1953, Katalog zur Ausstellung, hrsg. von John Richardson in Zusammenarbeit mit Françoise Gilot. Rizzoli, New York 2012, ISBN 978-0-8478-3923-0.
Françoise Gilot: Painting – Malerei. Hrsg. Ingrid Mössinger und Beate L. Ritter, Katalog anlässlich der gleichnamigen Ausstellung in den Kunstsammlungen Chemnitz, Kerber Verlag, Bielefeld 2003, Museumsausgabe ISBN 3-936646-40-6; Buchhandelsausgabe ISBN 3-936646-33-3.
Gertraude Clemenz-Kirsch: Die Frauen von Picasso. edition ebersbach, Berlin 2012, ISBN 978-3-86915-062-8.
Wanderings and Wonderings of the Imagination, Vanier Galleries, Scottsdale, Arizona 2003
Françoise Gilot, The Early Years: 1940–1955, The Elkon Gallery, New York 1998
For Ever and a Day: Floating Paintings and Monotypes by Françoise Gilot, Philip and Muriel Berman Museum of Art at Ursinus College, Collegeville, Pennsylvania 1997
Anja Meulenbelt: Du hast nur einen Beruf – mich glücklich zu machen, Über die Unmöglichkeit der Liebe zwischen Frau und Mann. Rowohlt, Reinbek 1992, ISBN 3-498-04345-5, S. 110.
Anamorphosis (mit einem Vorwort von Antoinette Fouque und einem Essay von F. Gilot), Editions des Femmes, Paris 1986
↑Anja Meulenbelt: Du hast nur einen Beruf – mich glücklich zu machen, Über die Unmöglichkeit der Liebe zwischen Frau und Mann. 1992, ISBN 3-498-04345-5, S. 110.