Ernst Strüngmann Institut
Das Ernst Strüngmann Institute for Neuroscience in Cooperation with Max Planck Society, kurz Ernst Strüngmann Institute (ESI) oder deutsch Ernst Strüngmann Institut, ist ein privates Forschungsinstitut in Frankfurt am Main, das im Bereich der kognitiven Neurowissenschaften und der Hirnforschung arbeitet. Das ESI ist eine „assoziierte Einrichtung“ der Max-Planck-Gesellschaft (MPG).[1] Das Institut wurde im September 2008 von Andreas und Thomas Strüngmann als gemeinnützige GmbH (gGmbH) gegründet. Die Gebrüder Strüngmann benannten es nach ihrem Vater Ernst Strüngmann. Zur Finanzierung des ESI gründeten sie die Ernst Strüngmann Stiftung. Gründungsdirektoren des ESI waren die Neurophysiologen Wolf Singer, der 2011 emeritiert wurde, und Pascal Fries. Seit 2024 ist Lothar Willmitzer Geschäftsführer.[2] ArbeitsgruppenDas ESI umfasst acht Arbeitsgruppen (Stand Januar 2024):[3]
ForschungsschwerpunkteDie Wissenschaftler am Ernst Strüngmann Institut (ESI) forschen daran, wichtige Gehirnfunktionen grundlegend zu erklären. Dazu ergründen sie die Aktivität neuronaler Zellen, von Schaltkreisen oder Hirnabschnitten, um so zum Beispiel nachzuweisen, wie Aufmerksamkeit, das Gedächtnis und Verhalten entstehen. Die Erkenntnisse sind gleichzeitig auch wichtige Grundlagen für verbesserte Diagnose- und Therapieansätze neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen.[4] SINGER LABDas Singer-Lab erforscht die neuronalen Grundlagen kognitiver Funktionen. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse der funktionellen Organisation der Großhirnrinde mit besonderem Augenmerk auf der Dynamik der neuronalen Interaktionen. Die übergreifende Hypothese hinter allen Projekten ist, dass das Gehirn für seine Berechnungen nicht nur die Amplitude und die räumliche Verteilung neuronaler Antworten, sondern auch deren zeitliche Beziehungen nutzt.[5] RADEMAKER LABDas Rademaker Lab beschäftigt sich in seiner Forschungstätigkeit mit der Frage, wie das Gehirn relevante Informationen bei gleichzeitigem, laufenden Input sensorischer Impulse aus einer nicht stationären Umgebung stabil verarbeiten oder auch modulieren kann. Zur Erforschung dieser Fragestellungen setzen die Forschenden quantitative und bildgebende Verfahren ein, um menschliche Verhaltens- und neuronale Messwerte formal miteinander zu verknüpfen. Der Fokus liegt dabei hauptsächlich auf dem menschlichen visuellen Kortex als Modellsystem.[6] CUNTZ LABDas Cuntz Lab erforscht, wie sich Neuronen verbinden, um hochentwickelte Schaltkreise zu bilden, die grundlegende Funktionen des Gehirns ermöglichen. Dazu nutzen die Forschenden rechnergestützte Methoden zur direkten Erzeugung synthetischer neuronaler Morphologien, die durch Fokussierung auf die Verknüpfung, Berechnung und den Netzwerkkontext gesteuert werden. Dieser Ansatz, in Verbindung mit analytischen Werkzeugen, hat entscheidende Erkenntnisse sowohl über die neuronale Funktion als auch über die Anatomie von Schaltkreisen geliefert. Darüber hinaus hat er zur Entwicklung der TREES-Toolbox geführt, einem umfangreichen Open-Source-Softwarepaket für die Verwaltung und Modellierung neuroanatomischer Daten, das Tausende von Nutzern hat und hunderte Male zitiert wurde.[7] HAVENITH & SCHÖLVINCK LABDas Havenith & Schölvinck Lab erforscht, wie neuronale Populationen im Gehirn zu jedem beliebigen Zeitpunkt an mehreren kognitiven Prozessen beteiligt sein kann, wie z. B. im Falle kognitiver Prozesse wie der Aufmerksamkeit und des Lernens. In früheren Forschungen wurde jeder dieser kognitiven Prozesse fast ausschließlich isoliert untersucht. Das Lab erforscht, wie die neuronale Aktivität mehrere kognitive Prozesse gleichzeitig darstellt – und ob die zugrunde liegenden Mechanismen über die Arten hinweg erhalten bleiben.[8] LAURENS LABDas Laurens Lab erforscht, wie das Gehirn zum Beispiel Körperhaltung, Gleichgewicht, Motorik und Navigationsfähigkeiten koordiniert und den Körper steuert. Zum Forschungsschwerpunkt zählt dabei auch die Fragestellung, wie sich zum Beispiel bestimmte Krankheiten, das Alter oder Hirnverletzungen auf diese Fähigkeiten auswirken. Zur Beantwortung dieser Fragen kombinieren die Forschenden die Aufzeichnung neuronaler Aktivität, Messungen des motorischen und Navigationsverhaltens und mathematische Modellierung.[9] SCHMIDT LABDie Forschungsgruppe des Schmidt Labs hat das Ziel, den vollständigen entorhinal-hippocampalen Schaltkreis in einer vorher nicht da gewesenen Auflösung und mit Einzelneuron- und Einzelsynapsenpräzision zu erfassen und zu analysieren. Dabei handelt es sich um einen neuronalen Schaltkreis, dessen Funktion Menschen und Tiere befähigt, in der Umwelt zu navigieren. Zur Erforschung dieser Strukturen, setzen die Forschenden modernste 3-dimensionale Elektronenmikroskopie und KI-basierte Analysetechnologie ein.[10] VINCK LABDas Vinck Lab forscht daran, die Prinzipien der neuronalen Kodierung und Informationsübertragung in der Großhirnrinde, insbesondere im visuellen System, zu entschlüsseln. Darüber hinaus arbeiten die Forschenden daran, die Prinzipien zu verstehen, die den Interaktionen zwischen neuronalen Strukturen zugrunde liegen, wie diese Interaktionen Netzwerkdynamik erzeugen und welche Auswirkungen sie auf Prozesse wie Vorhersage und Aufmerksamkeit haben.[11] HECHAVARRIA LABDie Forschenden des Hechavarria Labs arbeiten daran, die neuronalen Netzwerke zu verstehen, die natürliches Verhalten hervorrufen. Besondere Schwerpunkte liegen dabei insbesondere auf neuronalen Netzwerken, die die Vokalisierung und das Hören bei Säugetieren ermöglichen. Die Arbeit der Forschungsgruppe stützt sich vor allem auf elektrophysiologische Untersuchungen, Computermodellierung, Hirn-Perturbations-Techniken zur Ermittlung kausaler Zusammenhänge zwischen neuronalen Prozessen und Verhalten sowie Verhaltensmessungen.[12] Vorwürfe wegen Mobbing und sexueller ÜbergriffeMehrere Mitarbeiter des Instituts berichteten über unangemessenes Verhalten, das teils von Führungskräften ausgegangen sein soll. Im September 2024 hatten 52 Mitarbeiter einen Brandbrief an den Stiftungsrat unterzeichnet, in dem es geheißen habe: „Unser Arbeitsplatz am ESI ist stark von Sexismus und Mobbing geprägt.“ Im Einzelnen soll eine Führungskraft wiederholt versucht haben, eine Kollegin gegen ihren Willen zu küssen. Der Mann habe im Institut über Jahre die interne Beschwerdestelle geleitet. Zudem soll ein Mitarbeiter eine Frau zu sexuellen Handlungen gedrängt haben. Der Mann habe sich später im Institutsgebäude vor ihr entblößt.[13][14][15][16] Der bisherige geschäftsführende Direktor David Poeppel nährte die Spekulationen durch einen Tweet auf der Plattform X, in dem er seinen Abschied vom Institut ankündigte und schrieb, dort gebe es einige „fürchterliche Menschen“.[17] Weblinks
Fußnoten
Koordinaten: 50° 5′ 36,8″ N, 8° 39′ 7,9″ O |
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