Als Erdbebenlichter oder Erdbebenleuchten werden seltene, meist bläuliche, manchmal aber auch infrarote[1] Leuchterscheinungen bezeichnet, die vor, während und gelegentlich auch nach Erdbeben auftreten.[2][3] Solche Erscheinungen wurden schon in der Antike von Aristoteles in seinem Werk Meteorologica[4] und vom römischen Schriftsteller Seneca beschrieben.[1] Sie sind nicht auf die unmittelbare Nähe des Epizentrums beschränkt, sondern können auch in hunderten Kilometern Entfernung beobachtet werden.[5] Die Existenz des Phänomens galt lange Zeit als umstritten.[5][6]
Für die Ursache der Erdbebenlichter gibt es verschiedene Erklärungsversuche. Ende der 1990er Jahre wurde diskutiert, ob piezoelektrische Aufladungen in den Quarzbestandteilen der Gesteinsschichten nahe der Erdoberfläche, die durch den hohen Druck tektonischer Bewegungen hervorgerufen werden, ein Auslöser für entsprechende elektrische Entladungen sein könnten.[7]
Im Januar 2014 konnten Forscher des Quebec Ministry of Natural Resources ein Muster hinter den Beobachtungen feststellen: 95 % der weltweiten seismischen Aktivitäten finden entlang der Grenzen zwischen zwei tektonischen Platten statt. 85 % der Erdbeben mit Erdbebenlichtern gehören jedoch zu den restlichen 5 %, die innerhalb von tektonischen Platten stattfinden. Ebenso konnte im Labor nachgewiesen werden, dass negativ geladene Sauerstoffionen, die durch hohen Druck aus den Peroxiden in bestimmten Gesteinsarten herausgelöst werden können, ein leuchtendes Plasma erzeugen.[9][10]
Ferner könnte aus der Erdkruste austretendes Radon die Atmosphäre bereits Tage vor einem Erdbeben stark ionisieren.[11][12]
In Küstennähe wird auch Sonolumineszenz im Meerwasser als Ursache diskutiert.[2]
Auf der Jahrestagung der Europäischen Geowissenschaftlichen Union (EGU) in Wien im Jahr 2015 wurden von Wissenschaftlern um Eric Ferré von der Southern Illinois University (USA) Forschungsergebnisse vorgestellt, wonach durch Bohrungen Pseudotachylite mit einer gleichmäßigen Ausrichtung von eisenhaltigen Partikeln gefunden wurden, die nur durch einen enormen Stromfluss tief im Untergrund entstanden sein konnten.[13] Nach der Theorie der Wissenschaftler wird durch ein Erdbeben entlang der Kollisionszone der Felsgesteine ein derart hoher Druck aufgebaut, dass die Strukturen der Minerale zerstört werden.[13] Hierdurch entstehe eine elektrische Spannung, so dass im Ergebnis Strom durch die Minerale fließt.[13] An der Erdoberfläche kann sich die Spannung entladen, so dass es wie bei einem Gewitter zu Blitzen oder zu den bislang beschriebenen Leuchterscheinungen kommen kann.[13]
Beobachtungen
Auswahl an Erdbeben, bei denen diese Lichter beobachtet wurden, in chronologischer Reihenfolge:
↑ abcdefgGerald Traufetter: Blitze aus dem Boden. In: SPIEGEL ONLINE. SPIEGEL ONLINE GmbH, 13. Oktober 2003, abgerufen am 1. September 2014.
↑ abErdbebenlichter. In: wissen.de. Konradin Medien GmbH, abgerufen am 1. September 2014.
↑Roland Knauer: Ein Leuchten kündigt Erdbeben an. Elektrische Phänomene im Boden können ein Vorzeichen von Beben sein. In: Die Welt. WeltN24 GmbH, 12. September 2003, abgerufen am 12. September 2010.
↑ abWalter Willems: Mysteriöse Lichter kündigen manche Erdbeben an. Lichter kündigen Erdbeben manchmal Wochen vorher und Hunderte Kilometer entfernt an. Augenzeugen berichten von Blitzen, die aus dem Boden steigen. Forscher versuchen das Phänomen jetzt zu erklären. In: Die Welt. WeltN24 GmbH, 6. Januar 2014, abgerufen am 9. Juni 2015.
↑Shunji Takaki, Motoji Ikeya: A Dark Discharge Model of Earthquake Lightning. In: Japanese Journal of Applied Physics. 37. Jahrgang, 1998, S.5016–20, doi:10.1143/JJAP.37.5016.
↑R. Theriault, F. St-Laurent, F. T. Freund, J. S. Derr: Prevalence of Earthquake Lights Associated with Rift Environments. In: Seismological Research Letters. 85, 2014, S. 159, doi:10.1785/0220130059.
↑Brian Clark Howard: Bizarre Earthquake Lights Finally Explained. Rare lights seen near earthquakes had long been called UFOs. National Geographic Society, abgerufen am 8. Juni 2015.
↑Fidani, C. (2010). „The earthquake lights (EQL) of the 6 April 2009 Aquila earthquake, in Central Italy“. Natural Hazards and Earth System Science10 (5): 967–78. doi:10.5194/nhess-10-967-2010