El-Argar-KulturDie El-Argar-Kultur ist eine zweiphasige bronzezeitliche Kultur, die im Südosten Spaniens zwischen 2200 und 1550 v. Chr. verbreitet war. Sie entstand aus der Los-Millares-Kultur und wurde eponym nach der wichtigsten Fundstätte El Argar, einer Höhlensiedlung bei Antas in der Provinz Almería etwa 40 km nordöstlich der Stadt Almería, benannt. Weiter nördlich schloss die verwandte Motilla-Kultur (Motilla del Azuer) an. Angesichts eines kulturell einheitlichen Gebietes von etwa der Größe Belgiens sprechen einige Forscher vom „ersten Staatsgebilde Europas“. GeschichteDie ersten Anfänge der El-Argar-Kultur reichen bis in die Zeit um 2200 v. Chr. zurück.[1] Die erste Phase der Kultur dauerte bis rund 1900 v. Chr. und wurde gefolgt von einer Übergangsphase, die sich bis ca. 1700 v. Chr. hinzieht. In dieser Frühzeit gab es Beisetzungen in Steinkisten, Gruben und Felsnischen, wie sie zu dieser Zeit überall in Mitteleuropa noch gebräuchlich waren. Die Toten wurden als Hocker in den Siedlungsarealen und innerhalb der Häuser beigesetzt. Zu dieser Zeit finden sich auch einige Goldfunde. Charakteristisch für die Kultur sind anspruchslose, knickwandige Keramikgefäße und Dolchstäbe, wie sie auch in anderen Regionen wie Mitteleuropa und England nachgewiesen wurden. Insgesamt ergibt sich das Bild einer bronzezeitlichen europäischen Kultur. Gegen 1700 v. Chr. vollzog sich ein allmählicher Wandel, was durch neue Grabriten (mit Einführung der Gefäßbestattungen in sog. pithoi), Bauformen und der Entwicklung des Handwerkes sichtbar wird. Augenidole, wie sie z. B. aus dem weißen Tempel von Ebla (Syrien) bekannt sind, werfen erste Fragen auf. Es vollzog sich auch ein Wandel der Werte. Gold wurde nun durch Silber ersetzt und Dolchstäbe durch Schwerter. Die zweite Phase der El-Argar-Kultur erlebte einen ungeheuren Aufschwung und zeigte deutlich eine erstaunlich hierarchisierte Gesellschaft. Diese Phase ist so ungewöhnlich für das westliche Mittelmeer, dass Ausgräber von einem „Troja des Westens“ sprechen und ihr ein kulturelles Niveau bescheinigen, das dem zeitgleichen Troja VI nahe kommt. Wirtschaft und HerrschaftRund die Hälfte der Bevölkerung war landwirtschaftlich tätig; ihre Gräber enthielten keine Grabbeigaben. Weitere 40 % der Bevölkerung sind als schwer arbeitende Handwerkerschicht bzw. Militär anzusprechen, wie die Anthropologin Camila Oliat anhand der Knochenabnutzung deutlich macht. Interessant ist, dass nur rund die Hälfte der Bevölkerung eine Beisetzung erhielt. Warum, ist den Archäologen noch ein Rätsel. Die restlichen 10 % der Bevölkerung gehörten einer herrschenden Elite an, die große Gebäude und Herrschersitze errichtete. So wurde z. B. ein über 100 m² großer „Thronsaal“ in La Almoloya ergraben, in dessen Nähe sich große Speicher befanden – ein möglicher Hinweis auf Naturalabgaben. Die Herrscherschicht brachte die Nahrungsmittel in ihrer Residenz unter ihre Kontrolle und verteilte sie von dort an die restliche Bevölkerung. Die einfache Bevölkerung beköstigte man recht einseitig mit Getreidebrei, ergänzt durch Bohnen, Linsen und Eicheln, während für die Herrscherschicht auch eine gute Versorgung mit Fleisch und Honig nachgewiesen wurde. ArchitekturDie umfangreichen Siedlungen bestanden aus rechteckigen, eng aneinander geschmiegten Häusern mit Sockeln aus Bruchstein und gekalkten Böden. In dieser Phase waren Grundrisse der Wohneinheiten von 70 m² möglich, wobei das ebenerdige Stockwerk oft Werkstätten und Arbeitsräume enthielt, während der jeweilige Handwerker mit seiner Familie im Obergeschoss wohnte. Dabei lassen sich sogar Spezialisierungen wie Getreidemüller, Fleischer, Weber oder Schmied erkennen. Des Weiteren wird auch versucht nachzuweisen, dass die Herrscherschicht Eigentümer dieser Wohneinheiten und Werkstätten war, sie diese Wohneinheiten also den Handwerkern für entsprechende Gegenleistungen zur Verfügung stellte. Es zeigte sich auch, dass einige dieser Siedlungen wie z. B. La Bastida de Totana völlig neu angelegt wurden und nicht auf Vorbesiedlungen beruhten. Besonders bemerkenswert an La Bastida de Totana ist die Wasserversorgung. Denn hier wurde mitten in der Siedlung eine Mulde mit Bach-Zufluss auf einer Länge von 14 m aufgestaut. Ein derartiger Staudamm war um diese Zeit in Europa einmalig. GrabbeigabenNeben Flachbeilen und Schwertern wurden enorme Silberfunde gemacht, darunter silberne Diademe für die Oberschicht. Die Keramik aus dieser Zeit ist fast standardisiert und kaum verziert, aber dennoch ausgesprochen hochwertig gebrannt. Daneben kontrollierte diese Kultur mehrere Kupfer- und Silberminen in der näheren und ferneren Umgebung (z. B. bei Jaén).[2] Nun wurden Menschen nur noch geringfügig traditionell in Steinkisten beigesetzt. Der überwiegende Teil der Bevölkerung wurde in Tonkrügen (grie: Pithoi, span: Tinjana) beigesetzt. Sowohl Pithoi als auch Silber waren zu dieser Zeit mehr im östlichen Mittelmeerraum bzw. in Anatolien gebräuchlich, sodass eine Verbindung zur Ägais in diesem Zusammenhang als wahrscheinlich gilt. Importwaren aus dem östlichen Mittelmeer und Ägypten (z. B. Fayencen) belegen weitreichende Handelsbeziehungen. Ende der KulturDem breiten Abholzen folgte eine Monokultur von Gerste, was schließlich zu Bodenversalzungen führte. Gegen Ende der Kultur nahmen daher Mangelerscheinungen unter der Bevölkerung immer weiter zu. Prall gefüllte Töpfe und Speicher belegen das plötzliche Ende von La Bastida. Schließlich endeten alle Siedlungen in einer Brandschicht, die auf etwa 1550 v. Chr. datiert wird. Der Archäologe Roberto Risch vermutet dahinter eine Rebellion der hungernden Bevölkerung, die sich ihrer Herrscherelite entledigt und die Siedlungen niedergebrannt hat. Die nachfolgende Zeit ist durch eine einfache ländliche Besiedlung geprägt. Die Kultur von El Argar geriet vollständig in Vergessenheit.[3] Der Zusammenbruch scheint sich auf die gesamte Peripherie von El Argar ausgewirkt zu haben. Auf der südlichen Hochebene kam es zur Aufgabe vieler Höhensiedlungen und der befestigten Motillas. Im Nordosten bildete sich ein neues Machtzentrum um die etwa zwei Hektar große Siedlung von Cabezo Redondo. Scheinbar profitierten auf der Iberischen Halbinsel weiter nördlich gelegenen Gesellschaften, deren Kultur anschließend in die von sozialen Unruhen betroffenen südlichen Gebiete expandierte. Es formten sich relativ kleinräumige ökonomisch-politische Territorien, die von zwei bis fünf Hektar großen Höhensiedlungen aus beherrscht wurden.[4] Erforschte FundstellenZu den wichtigsten Fundplätzen dieser Kultur in der Provinz Almería zählen neben El Argar (Antas):
Literatur
WeblinksCommons: El-Argar-Kultur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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