Dulce et Decorum est (Gedicht)Dulce et Decorum est (Latein für: süß und ehrenvoll ist es) ist der Titel des wohl bekanntesten Gedichts[1] des britischen Dichters Wilfred Owen, das dieser Ende 1917 während des Ersten Weltkriegs verfasste. Es beschreibt einen Gasangriff und den dadurch verursachten qualvollen Tod eines unbekannten Soldaten. Veröffentlicht wurde das Werk erst postum 1920. GeschichteEntstehungsgeschichteAm 21. Oktober 1915 trat Owen freiwillig in die britische Armee ein. Nach mehrmonatiger Ausbildung wurde er als Offizier des Manchester Regiment nach Frankreich entsandt, um an den dortigen Stellungskämpfen teilzunehmen. Bereits kurz darauf musste Owen wegen posttraumatischer Belastungsstörungen zur medizinischen Behandlung in das Craiglockhart-Krankenhaus nahe Edinburgh in Schottland geschickt werden. Während seines Aufenthalts lernte er den dort ebenfalls eingewiesenen Siegfried Sassoon kennen, wie Owen ein junger britischer Kriegsteilnehmer und Dichter. Beide freundeten sich an. Sassoon war zu dieser Zeit bereits ein bekannter Schriftsteller und hatte nachhaltigen Einfluss auf Owens weitere Entwicklung als Dichter. So machte er ihn im Lazarett unter anderem mit Robert Graves bekannt, der Owen wiederum nach dem Aufenthalt im Craiglockhart-Krankenhaus mit weiteren Schriftstellern in Kontakt brachte. TextDulce et Decorum est[2] Dulce et Decorum est Form und InhaltDulce et Decorum est gilt als eines der Meisterwerke nicht nur Owens, sondern englischer Gedichte aus der Zeit des Ersten Weltkrieges insgesamt. Der Titel leitet sich von der Zeile „Dulce et decorum est pro patria mori“[3] („Süß und ehrenvoll ist's, für’s Vaterland zu sterben.“) des römischen Dichters Horaz ab. Diese Zeile wurde nicht erst im Ersten Weltkrieg oft zu propagandistischen Zwecken von diversen Konfliktparteien instrumentalisiert, um den Kriegsdienst an sich und das Sterben im Krieg als heroischen Akt zu verklären. Bei Owen ist dieses Zitat jedoch nicht heroisierend gemeint, sondern er verwendet es ironisch, gar sarkastisch. In der letzten Zeile seines Gedichtes wird dies deutlich:
Die älteste datierte Version des Gedichtes stammt vom 16. Oktober 1917 aus einem Brief, den Owen an seine Mutter schrieb. Darin enthalten war das neue Gedicht mit dem Hinweis[4]:
Dulce et Decorum est umfasst 28 Zeilen, die in vier Strophen unterschiedlicher Versanzahl (8–6–2–12) geordnet sind. Owen schildert in seinem Gedicht, wie mehrere Soldaten am Ende ihrer physischen und psychischen Kräfte durch das Kampfgebiet mehr taumeln als marschieren. Plötzlich erfolgt ein Giftgas-Angriff. In Panik versuchen die Männer ihre Gasmasken aufzusetzen. Einer schafft es nicht rechtzeitig und stirbt qualvoll vor des Autors Augen. WidmungVon Dulce et Decorum est sind vier z. T. geringfügig voneinander abweichende Manuskriptfassungen erhalten. Jeweils zwei befinden sich heute in der British Library und in der English Faculty Library der Universität Oxford.[1] Einige weisen unter dem Titel eine Widmung auf, die aber später aus Gründen des Gesamteindrucks erst geändert und schließlich ganz entfernt wurde. Owens „Widmung“ ist jedoch keine im eigentlichen Sinne, denn sie ist als Anklage zu verstehen. Im Manuskript B findet sich:
Dies änderte Owen selbst in Manuskript D in:
Jessie Pope (1868–1941) war eine bekannte britische Schriftstellerin und Journalistin, die während des Ersten Weltkrieges v. a. durch Gedichte hurra-patriotischen Inhalts bekannt wurde, mit denen sie versuchte, junge Männer zu „motivieren“ bzw. moralisch unter Druck setzte, sich freiwillig zum Kriegsdienst zu melden. Eines ihrer damals bekanntesten Kriegsgedichte trug den Titel Who’s for the game?[5] („Wer will mitspielen?“ oder „Wer will dabei sein?“), andere trugen Titel wie The Call („Der Ruf“) oder Who’s for the Trench – Are you, my laddie („Wer will in den Schützengraben – Du, mein Junge?“). In einer ersten Fassung „widmete“ Owen das Gedicht Pope, weil er sie und ihre jingoistischen, kriegsverherrlichenden Gedichte dafür mit verantwortlich machte, dass so viele junge Männer an den Fronten starben. Mit den letzten drei Zeilen des Gedichtes wandte er sich sozusagen „direkt“ an Pope[6]:
Mit zunehmender Dauer des Krieges und sich mehrenden Berichten vom Gräuel der Geschehnisse v. a. in Frankreich wuchs der Einfluss von kriegsteilnehmenden Autoren wie Owen, Sassoon und anderen. Im gleichen Maße, wie deren Popularität stieg, sank diejenige von Autoren wie Jessie Pope rapide. Pope ist heute so gut wie vergessen.[7] RezeptionWilfred Owen fiel im Alter von 25 Jahren am 4. November 1918, genau eine Woche vor Kriegsende, bei Kämpfen am Canal de la Sambre à l’Oise, nahe der kleinen französischen Ortschaft Joncourt im Département Aisne. Postum wurde ihm das Military Cross für Tapferkeit vor dem Feind verliehen.[8] Neben Rupert Brooke, Isaac Rosenberg, Siegfried Sassoon und Charles Sorley gilt Owen als einer der herausragendsten Vertreter der englischen War poets („Kriegsdichter“), von denen die meisten im Ersten Weltkrieg umkamen.[9] Zu seinen wichtigsten Werken zählen neben Dulce et Decorum est, die Gedichte Anthem for Doomed Youth („Hymne für eine dem Untergang geweihte Jugend“), Insensibility, Futility und Strange Meeting. Einige seiner Worte haben Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden, wie z. B. Dulce et Decorum est als ironische Anspielung oder [My subject is] War, and the pity of War. („[Meine Sujet ist der] Krieg und das Leid des Krieges.“) sowie The Poetry is in the pity. („Die Poesie liegt im Mitleid.“). Die letzten beiden Zitate stammen aus Owens selbst verfasstem Vorwort für einen Gedichtband, den er 1919 herausbringen wollte.[10] Der englische Komponist Benjamin Britten verarbeitete neun Gedichte Owens in seinem 1961 begonnenen und 1962 vollendeten War Requiem. Auf der Titelseite der Partitur finden sich Owens Worte:[11]
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
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