Dora von CaemmererDora von Caemmerer (* 25. Mai 1910 in Lankwitz; † 6. August 1988 Berlin) war eine deutsche Juristin, Sozialarbeiterin. Sie gehörte neben Magda Kelber, Hertha Kraus, Marie Kamphuis und Herbert Lattke, um nur einige zu nennen, zu den Pionieren der sozialen Einzelfallhilfe (Casework). Auch die Etablierung der Supervision hatte sie maßgebend befördert. Ihr Bruder ist der Rechtswissenschaftler Ernst von Caemmerer und Hanna Neumann ihre Schwester. Susanne von Caemmerer ist ihre Nichte. Leben und WirkenDora von Caemmerers Vorfahren stammten aus einer hugenottisch-preußischen Offiziersfamilie. 1896 wurde das Geschlecht in den erblichen Preußischen Adelstand erhoben. Dorothea, von frühester Kindheit Dora genannt, war das zweite von drei Kindern des Kgl. preußischen Hausarchivars Hermann Konrad von Caemmerer und dessen Ehefrau Katharina Elisabeth Margaretha Anna von Caemmerer, geb. Jordan. Der Vater starb 1914 an der Front in Aizy-Jouy Frankreich. Dora von Caemmerer besuchte in Berlin die Auguste-Viktoria-Schule (mit realgymnasialen Zweig) und studierte anschließend von 1929 bis 1934 Rechtswissenschaften an den Universitäten Berlin und Heidelberg. Gleichzeitig absolvierte sie noch von Ostern 1929 bis Ostern 1932 die Wohlfahrtspflegerinnenausbildung an der Wohlfahrtsschule des Vereins Jugendheim. Während der NS-Zeit konnte sie nicht wie gewünscht als Jugendrichterin arbeiten, da ab 1934 Frauen dafür nicht mehr zugelassen wurden. Im Jahre 1935 übernahm sie die Leitung der Reichsstellenvermittlung der Fachgruppe für Volkspflegerinnen im Amt der Deutschen Arbeitsfront (DAF). Folgend arbeitete Dora von Caemmerer als Leiterin der Fürsorge- und Beratungsstelle im „Verein Mütterhilfe Berlin“ und von 1942 bis 1943 in der Werkfürsorge der Kriegsmarinewerft in Kiel. Von 1943 bis 1948 zeichnete sie als hauptamtliche Lehrkraft der Wohlfahrtsschule Schleswig-Holstein in Kiel, ab 1946 in Lübeck, für die Fächer Rechtskunde, Wohlfahrtskunde (bzw. Volkspflege), Jugendrecht und Jugendhilfe verantwortlich. Über die NS-Zeit schreibt Heinrich Schiller, ein ehemaliger Kollege:
Dora von Caemmerer war seit 1936 Mitglied in der DAF und im NSLB.[2] 1948/49 besuchte sie in England einen eineinhalbjährigen sozialwissenschaftlichen Studiengang, „der einen sozialmedizinischen Lehrgang am Institut für Krankenhauswesen und ein Studium englischer Bewährungshilfe für Erwachsene und Jugendliche einschloß“.[3] Folgend war sie im Jugendamt von Lübeck tätig. Ende 1950 promovierte sie bei Rudolf Sieverts an der Universität von Hamburg zur Dr. jur. Das Thema ihrer Dissertation, die 1952 veröffentlicht wurde, lautete: „Geschichte und Aufbau des Englischen Probation Dienstes“. Fortan warb sie u. a. auf Tagungen für das englische „Probation-System“, d. h. die gerichtlichen Anordnung von Bewährungsaufsichten, anstelle von Freiheitsstrafen (Probation).[4] Dora von Caemmerer unternahm Studienreisen nach Frankreich und in die USA, um dort die Ausbildungsangebote zur Sozialen Arbeit kennenzulernen. An der privaten Berliner Deutschen Hochschule für Politik errichtete sie Anfang der 1950er Jahre auf Anregung der Senatorin Ella Kay zwei einjährige Aufbaulehrgänge für Fürsorger ein, unterstützt von Heinrich Schiller, dem sie im Frühjahr 1951 in Minnesota im Hause von Gisela Konopka begegnete, dem Emigranten Walter Friedländer sowie den amerikanischen Gastdozentinnen Helen Day, Melly Simon und Cécile Thomas. Dora von Caemmerer unterrichtete „Sozialausbildung anderer Länder“, „Neuzeitliche Methoden der Jugendhilfe“ und „Case Work Praxis“. Außerdem leitete sie die Praxisberatungungen von Einzelfällen aus dem fürsorgerischen Alltag der Kursteilnehmer.[5] Im August 1951 leitete sie während einer Tagung der Deutschen Vereinigung für Jugendpsychiatrie in Hiddesen, neben Werner Villinger, Curt W. Bondy, Lotte Lemke, um nur einige zu nennen, eine Arbeitsgruppe.[6] Im Jahre 1953 übersiedelte Dora von Caemmerer nach Nürnberg und übernahm den Aufbau und die Leitung der dortigen Städt. Sozialschule, die damals den Status einer Fachschule hatte. Dora von Caemmerer unterrichtete die Fächer Jugendhilfe, Jugend- und Familienrecht, Einzelfallhilfe und zeichnete für Supervisionen (Praxisanleitungen) derjenigen Studierenden verantwortlich, die ihr Praktikum im Bereich der Einzelfallhilfe ableisteten. Zusätzlich hatte sie noch einen Lehrauftrag für „Sozialpraxis“ an der Nürnberger Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften inne. In beiden Ausbildungsstätten setzte sich für die Einführung des Faches „Methoden- und Praxislehre“ ein und plädierte für eine Konzentration des Ausbildungskonzepts:
Ein ehemaliger Studierender erinnert sich:
Von 1961 bis 1964 war sie Dozentin für Einzelfallhilfe in „Haus Schwalbach“. Anschließend arbeitete sie beim Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, wo sie u. a. für die Leitung von Akademiekurse für Praxisanleitung (Supervision) verantwortlich zeichnete. Nachdem Dora von Cammerer 1967 in ihre Heimatstadt zurückgekehrt war, arbeitete sie noch vier Jahre als hauptamtliche Dozentin für die Lehrfächer Tiefenpsychologie und Methodik der Beratung am Evangelischen Zentralinstitut für Familienberatung. Ein Kollege erinnert sich an sie mit folgenden Worten:
Von 1953 bis 1971 war Dora von Caemmerer Mitglied des Hauptausschusses des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V.[10] Im Jahre 1970 publizierte sie einen Quellenband zur Supervision (seinerzeit Praxisberatung genannt), „ein Meilenstein zur Vermittlung der amerikanischen Supervision für den deutschen Sprachraum. Bei den meisten Texten handelte es sich um Übersetzungen aus den USA der 1950er und 1960er Jahren. Es werden die Supervision mit Studierenden sowie einzelnen Praktikern (Einzelsupervision) und in einem Beitrag die Gruppensupervision mit Sozialarbeitern erläutert. Theoretische Hintergründe waren vor allem die Lernpsychologie, die Psychoanalyse sowie die Soziologie“.[11] Werke (Auswahl)
Literatur (Auswahl)
ArchivIda-Seele-Archiv; Akte Dora von Caemmerer (1910–1988) Weblinks
Einzelnachweise
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