Dom von SienaDer Dom von Siena (italienisch Duomo di Siena, voller Titel Cattedrale Metropolitana di Santa Maria Assunta ‚Metropolitankathedrale St. Mariä Himmelfahrt‘) ist die Mutterkirche des Erzbistums Siena in der Kirchenregion Toskana. Heute ist das mit charakteristischem dunkelgrünem Serpentinit und weißem Marmor verblendete Ziegelstein-Bauwerk eines der bedeutendsten Beispiele der gotischen Architektur in Italien. BaugeschichteMit dem Bau der dreischiffigen Basilika wurde Anfang des 13. Jahrhunderts begonnen. Die Arkade des Langhauses und die Vierung innen bis in das Laternengeschoss unter der Kuppel zeigen noch romanische Formen. Schon die Längsseiten der Kirche, Untergaden wie Obergaden, sind (heute) gotisch. Die gotischen Gewölbe im Langhaus und das mehrschiffige Querhaus wurden um 1260 errichtet. Der Campanile stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und ist in Anlehnung an pisanisch-lombardische Glockentürme der Romanik gestaltet. Im Jahre 1284 (einem der wenigen gesicherten Daten der Baugeschichte) begannen die Arbeiten an der Fassade unter Giovanni Pisano, der bis 1297 das untere Geschoss fertigstellte. Ob 1317 die Arbeiten an der Fassade unterbrochen wurden oder bereits fertig gestellt waren, ist umstritten. Die Arbeiten an der gleichzeitigen Vergrößerung des Chors waren aufwändig, weil das Gelände dort abfällt und eine Unterkirche nötig wurde. Eine über dieses Projekt weit hinausgehende Planänderung wurde 1339 beschlossen, wohl um mit dem Dombau in Florenz zu konkurrieren. Die Pest von 1348, eine Wirtschaftskrise, statische und Baugrundprobleme führten zur Einstellung aller Arbeiten um 1357.[1][2] Heute sind nur Nordseitenschiff und Fassade des „Duomo Nuovo“ zu sehen, die die Größe des unvollendeten Plans andeuten. Die Kirche, die den heutigen Dom als Querhaus weitergenutzt hätte, sollte in den Dimensionen Alt-St. Peter, damals eine der größten Kirchen der Welt, übertreffen.
AußenbauDie dreigeteilte Westfront entspricht zwar der Dreischiffigkeit des Langhauses, aber Aufriss und Achsen kommunizieren nicht mit der Disposition im Inneren. Nachdem die ersten gotischen Kirchenbauten Italiens, San Galgano (1200–1218) und Casamari (1202–1217, Westportal noch romanisch) von zisterziensischer Strenge bestimmt waren, errichtete Giovanni Pisano ab 1282 erstmals in Italien eine filigrane gotische Fassade. Auch wenn sich der figürliche Schmuck nicht in der Zone des Gewändeportals, sondern in den Geschossen darüber konzentriert: Das reiche Figurenprogramm und seine Einbindung in die Architektur ist ohne das Vorbild der französischen Kathedralgotik nicht denkbar. Die abwechslungsreiche Verwendung verschiedener Marmorsorten ist dagegen eine ausgesprochen regionale Eigenart. Fast gleichzeitig entstand die eng vergleichbare Fassade am Dom von Orvieto. Wie sich beide Konzeptionen gegenseitig beeinflusst haben, hat die Forschung noch nicht abschließend entschieden. Seit dem 15. Jahrhundert wurde an der Fassade ständig ergänzt, restauriert und erneuert. Barockisierungen im 17. und eine Regotisierung im 19. Jahrhundert führten zu einer „fast vollständigen Ruinierung“.[3] Der Vierungsturm ist von außen nicht romanisch, das untere Galeriegeschoss zeigt gotische Spitzbögen, die breiten, von schlanken Säulen gestützten Bögen der oberen Galerie sind schon der Renaissance zuzurechnen. Das Gleiche gilt für die Proportionen der Kuppel und für die Laterne darauf.
Gebäudeteile und AusstattungsstückeÜbersicht(Anmerkung: Die Nummerierung der Gebäudeteile und Ausstattungsstücke entspricht der des Grundrisses und zeigt so den jeweiligen Standort an.)
KanzelAugenfällig unter den Kunstschätzen im Inneren ist die achteckige Kanzel von Niccolò Pisano (oder Nicola Pisano) von 1266 bis 1268. Sie ruht auf Säulen, die von Löwen gestützt werden. MosaikfußbodenDer Bodenbelag der Kathedrale ist in seiner Art nahezu einmalig. Es handelt sich um Marmorplatten mit kunstvollen Einlegearbeiten aus farbigem Marmor und schwarz gefüllten Gravuren. Vom 14. bis ins 16. Jahrhundert entstanden hier nach Entwürfen von 40 zum Teil berühmten Künstlern wie Antonio Federighi und Bernardino Pinturicchio mehr als 50 Felder, die den ganzen Fußboden des Doms bedecken. Es werden Szenen mit biblischen Themen, Allegorien zu Weisheit und Tugenden aus der Antike sowie Propheten und Sibyllen als gemeinsame Künder des Messias dargestellt. Als eine der schönsten Arbeiten können die Szenen aus der Geschichte von Abraham, Moses und Elija unterhalb der Kuppeln gelten. Sie stammen von Domenico Beccafumi, der auch andere Szenen gestaltete. Nicht alle Darstellungen befinden sich in originalem Zustand, ein Teil ist auch aus konservatorischen Gründen meistens abgedeckt. Chorgestühl und FensterDas Chorgestühl ist ebenfalls erwähnenswert: die älteren Partien (aus dem ursprünglichen Chor) sind mit Intarsienarbeiten verziert; die anderen aus dem 16. Jahrhundert sind nach Zeichnungen von Riccio geschnitzt. Das Chorfenster (dessen Original sich heute im Dommuseum befindet) wurde von Duccio di Buoninsegna entworfen. Piccolomini-BibliothekDie Piccolomini-Bibliothek, die an den Dom angrenzt, wurde von Kardinal Francesco Piccolomini (später Pius III.) zu Ehren seines Onkels Pius’ II. gegründet. Hier befinden sich Pinturicchios berühmte Fresken mit Szenen aus dem Leben des späteren Papstes und eine Sammlung von Chorbüchern (auf gemeißelten Tischen) mit Malereien von Sieneser und anderen Künstlern. OrgelDie Orgel wurde 1966 von der Orgelbaufirma Tamburini erbaut, unter Wiederverwendung eines Großteils des Pfeifenmaterials der Vorgängerinstrumente. Das Instrument hat 72 Register auf vier Manualwerken und Pedal. Die Trakturen sind elektrisch. Die einzelnen Orgelwerke sind auf mehrere Orgelgehäuse in der Kathedrale verteilt: Hinter dem Hochaltar verborgen befindet sich das „Positivo“. Auf der linken Sängertribüne sind das Hauptwerk (Grand’Organo) und das Pedal untergebracht; auf der rechten Sängertribüne befinden sich das Schwellwerk (Espressivo). Das Solowerk ist die Orgel in der Kapelle der Madonna del Voto.
BaptisteriumDas Baptisterium San Giovanni in den Substruktionen des Domchores ist über Treppen von außen zugänglich. Es wurde 1316 bis 1325 errichtet, 1382 wurde die Fassade vorgesetzt. Bedeutendstes Ausstattungsstück ist das 1429 fertiggestellte Taufbecken, an dem Lorenzo Ghiberti, Donatello und Jacopo della Quercia, die wichtigsten Bildhauer der italienischen Frührenaissance, beteiligt waren. Museo dell’Opera del DuomoDie Opera del Duomo enthält neben dem Fenster des Domchores auch Duccio di Buoninsegnas berühmte Maestà, die 1308–1311 für die Kathedrale gemalt wurde, sowie andere Kunstwerke, die aus dem Kontext der Kathedrale stammen. Durch das Museum kann man die Fassade des „Duomo Nuovo“ betreten, der nie vollendet wurde (s. o.). Literatur
Siehe auchWeblinksCommons: Dom von Siena – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
Koordinaten: 43° 19′ 3,3″ N, 11° 19′ 43,3″ O |
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