Das Haus in der Mango StraßeDas Haus in der Mango Straße (im engl. Original The House on Mango Street) ist ein 1983 erschienener Bildungsroman der mexikanisch-amerikanischen Schriftstellerin Sandra Cisneros, der der sogenannten Chicano-Literatur zugerechnet wird. Er schildert in kurzen Episoden das Heranwachsen von Esperanza Cordero, einer jungen, in Chicago aufwachsenden Latina. Esperanza ist entschlossen, dem materiell armen Leben in ihrem von Chicanos und Puerto Ricanern geprägten Stadtteil zu entkommen, aber gleichzeitig verspricht sie, für die zurückzukommen, die sie dort zurückgelassen hat. Das Haus in der Mango Straße ist in zahlreiche Sprachen übersetzt worden und zählt heute zum Lesestoff, der regelmäßig in US-amerikanischen Schulklassen behandelt wird.[1] Die deutsche Erstausgabe in der Übersetzung von Gerd Burger wurde 1992 veröffentlicht.[2] Inhalt und SchreibstilDas im Titel bezeichnete Haus steht in einer fiktiven Straße in Chicago, ohne dass diese Stadt in dem Roman als Handlungsort selber namentlich erwähnt wird. In dieser Straße, in der sich Puertoricaner und Mexiko-Amerikaner billige Häuser mit anderen ethnischen Gruppierungen teilen, wächst die Ich-Erzählerin Esperanza in einer Arbeitergegend auf. In 44 kurzen Episoden, die sich auf ihre täglichen Erlebnisse konzentrieren, gelegentlich aber auch Beobachtungen und Reflexionen enthalten, schildert sie ihr Leben in einer von Hispanics geprägten Nachbarschaft. Dabei resümiert die Erzählerin in diesen Vignetten ihre Lebensgeschichte, ausgehend von ihrer Kindheit und Jugend in der Nachbarschaft bis hin zum Verlassen der Stadt mit der festen Absicht, später zurückzukehren und das, was sie in der Zwischenzeit gelernt hat, mit den weniger Glücklichen zu teilen.[3] Jede der Episoden könnte als Geschichte für sich stehen und sie folgen auch keiner chronologischen Ordnung. Konflikte und Probleme bleiben häufig ungelöst, so wie die Zukunft der Menschen in ihrer Nachbarschaft ungelöst ist. Gelegentlich sind diese Episoden nur zwei oder drei Absätze lang. Ihre Sprache ist häufig rhythmisch geprägt, wie beispielsweise die ersten Sätze der ersten Episode, die dem Buch auch den Titel gab:
Obwohl das Alter von Esperanza nicht erwähnt ist, ist angedeutet, dass sie etwa 13 Jahre alt ist. Viele der Episoden schildern die Erfahrungen der Mädchen und Frauen in ihrer Nachbarschaft, die häufig isoliert und in ihrer Rolle gefangen sind: Rosa Vargas hat so viele Kinder, dass sie zu erschöpft ist, sich um sie zu sorgen; Alicia, die als älteste Schwester die Geschwister versorgen muss, seitdem die Mutter verstorben ist; Minerva, die von ihrem Ehemann stets beschimpft wird; die dicke Mamacita, die nur acht Wörter Englisch beherrscht und sich deshalb nicht aus dem Haus traut; Rafaela, die in ihrem Haus gefangen ist, weil ihr Ehemann sie für zu schön hält, um das Haus zu verlassen; Sally, die einen deutlich älteren Mann heiratet, um ihrem Vater zu entkommen, der sie aber nur noch mehr eifersüchtig isoliert. Susanne Weingarten schrieb 1992 in einer Kritik für den Spiegel:
Rezeption und VeröffentlichungsgeschichteDas Haus in der Mango Straße wurde 1985 mit dem American Book Award durch die Before Columbus Foundation ausgezeichnet.[6] Die Literaturkritikerin Claudia Sadowski-Smith hat die Autorin Sandra Cisneros als die vermutlich bekannteste Chicana-Schriftstellerin bezeichnet[7] und ihr als erster mexikanisch-amerikanische Autorin, die von einem der großen US-amerikanischen Verlagshäuser publiziert wurde, eine Rolle als Pionierin zugebilligt. Das Haus an der Mango Straße erschien 1989 zunächst in dem kleinen Verlag Arte Público Press, der sich mit seinem Verlagsprogramm auf ein Lesepublikum mit lateinamerikanischen Wurzeln ausrichtete. Die zweite Auflage dagegen erschien 1991 bei Vintage Books, einem Verlag innerhalb der angesehenen Random-House-Gruppe. Wie Cisneros’ Biografin Ganz anmerkt, war es bis zu diesem Zeitpunkt einzig männlichen Chicano-Autoren gelungen, nach einer Erstveröffentlichung in einem kleinen Verlag mit Minderheitenprogramm zu einem der großen renommierten Verlagshäuser zu wechseln.[8] Die Tatsache, dass Cisneros’ erster Roman so viel Aufmerksamkeit erregte, dass sich ein Verlag wie Vintage Books ihm annahm, verdeutlicht die zunehmende Bedeutung der Chicano-Literatur innerhalb der amerikanischen Literaturszene. In einem Interview im National Public Radio sagte Cisneros am 19. September 1991.
Autobiografischer HintergrundSandra Cisneros wurde am 20. Dezember 1954 in Chicago, Illinois als drittes von insgesamt sieben Geschwistern geboren. Ihr Vater war als junger Mann aus Mexiko in die USA eingewandert, ihre Mutter war eine in den USA geborene Nachfahrin von Mexikanern. Der häufige Wechsel zwischen Chicago und Mexiko-Stadt war der dominierende Aspekt in Cisneros’ Jugend. Es bedeutete, dass die Familie regelmäßig neuen Wohnraum sowie Schulen für die Kinder finden musste. Als Cisneros 11 Jahre alt war, erwarb ihre Familie ein eigenes, bescheidenes Haus in einer von Puertoricanern dominierten Wohngegend.[10] Diese Wohngegend und die Personen, die dort lebten, hatten wesentlichen Einfluss auf Cisneros’ ersten Roman Das Haus in der Mango Straße.[11] Cisneros erwarb 1976 den Bachelor an der Loyola University Chicago und erhielt 1978 den Master of Fine Arts an der University of Iowa. Während ihrer Zeit an der University of Iowa wurde ihr in einem Seminar zum Kreativen Schreiben ihr spezifischer sozialer Hintergrund deutlich, als andere Studienkollegen sich über Häuser unterhielten, die über Speicher, Keller, Treppenhäuser und Nischen verfügten. In diesem Moment erkannte sie, dass sie selbst nie in einem Haus gelebt hatte, das über so etwas verfügte.[5]
Ausgaben
Literatur
Weblinks
Einzelbelege
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