Cyproteron
Cyproteron ist ein synthetisches Progesteron-Derivat. Es wirkt als kompetitiver Antagonist am Androgenrezeptor, hat eine gestagene und eine antiandrogene Wirkkomponente. Die antiandrogene Wirkung wird durch einen cis-verknüpften Cyclopropanring im Ring A des Steroid-Grundgerüstes vermittelt. Verwendung findet gewöhnlich der Essigsäureester des Cyproterons, das Cyproteronacetat.[2] Die Anwendung des Präparates ist beschränkt, da der Wirkstoff dosisabhängig mit dem Auftreten von Meningeomen in Verbindung gebracht wird.[3] WirkungTherapeutische Anwendung findet der Wirkstoff bei Hypersexualität, schweren Formen von Akne, Hirsutismus (vermehrte Behaarung) und weiblicher Alopezie (androgenbedingter Haarausfall). Bei transidenten Frauen wird er in Kombination mit Estrogenen zur Unterstützung der Feminisierung eingesetzt. Es reichen in der Regel weit weniger als 50 mg pro Tag (etwa 5 bis 10 mg), um die gewünschten verweiblichenden Effekte, wie etwa Verminderung von Körperbehaarung, Körpergeruch und Muskulatur, Verlangsamen bis Stoppen von Alopezie (androgenetischer Haarausfall) sowie Brustwachstum zu erreichen. Bei Transfrauen, bei welchen eine geschlechtsangleichende Genitaloperation nicht erfolgt ist, unterdrückt das Cyproteron, wie bei Männern, die Spermiogenese. Bei metastasierten und nicht operablen Prostatakarzinomen ist Cyproteron eine Alternative zur Behandlung mit GnRH-Analoga. Eine weitere Indikation ist die hormonelle Kastration. NebenwirkungenBei Männern sind die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen ein verringerter Geschlechtstrieb (Libido), erektile Dysfunktion und die reversible Hemmung der Spermatogenese, bei Frauen Zwischenblutungen, Gewichtszunahme und depressive Verstimmungen. Veränderungen an der Brustdrüse (Gynäkomastie) und Müdigkeit tritt bei Männern häufig auf, bei Frauen (Schmerzen und Spannungsgefühl in der Brust, Müdigkeit) ist die Häufigkeit nicht bekannt. Bei beiden Geschlechtern betreffen die schwerwiegendsten Nebenwirkungen gutartige und bösartige Lebertumore und thromboembolische Ereignisse, die jedoch sehr selten auftreten.[4] Frauen, die Cyproteronacetat in Kombination mit Ethinylestradiol einnehmen, haben ein erhöhtes Risiko für Thromboembolien wie etwa Lungenembolie, venöse Thrombose, Schlaganfall oder Herzinfarkt. Nachdem es in Frankreich zu Todesfällen gekommen war, forderte die französische Arzneimittelbehörde die Marktrücknahme der fixen Kombination 2 mg Cyproteronacetat und 35 µg Ethinylestradiol in Frankreich; die europäische Arzneimittelagentur leitete daraufhin im Februar 2013 ein Risikobewertungsverfahren für solche Präparate ein.[5] Im Juni 2013 informierten die Hersteller und Vertreiber von Präparaten mit der Wirkstoffkombination Cyproteronacetat/Ethinylestradiol in Rote-Hand-Briefen über diese Nutzen-Risiko-Bewertung durch die EMA zusammen mit einem Warnhinweis über ein erhöhtes Risiko für venöse und arterielle Thromboembolien (VTE und ATE).[6] Im Februar 2020 hat der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen bei der Verordnung von Cyproteron empfohlen. Damit soll das Risiko von Meningeomen, also gutartigen Hirntumoren, minimiert werden. Es wird geraten, Cyproteron in Dosen von täglich 10 mg oder mehr nur bei Hirsutismus, Alopezie, Akne und Seborrhö einzusetzen, falls andere Behandlungsoptionen, einschließlich der Therapie mit geringeren Mengen des Pharmakons, versagt haben. Sobald höhere Dosen zu wirken beginnen, sollte die Gabe wieder verringert werden. Die Empfehlungen sind noch umfangreicher und lassen sich im Original der Meldung (englisch) nachlesen.[7] MedikamententestsDer Journalist Charly Kowalczyk berichtet in einem Feature auf Deutschlandfunk über Medikamententests des Präparats Androcur an Männern mit geistiger Behinderung.[8][9] Auf SWR2 versucht er, mögliche Langzeitfolgen der versuchsweisen Verabreichung von Cyproteronacetat an Jugendliche in einem deutschen Heim Anfang der 1970er Jahre anhand eines Einzelschicksals zu ergründen.[10][11] Handelsnamen
Einzelnachweise
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