Zeller, ein Sohn des Württembergischen Juristen Christian David Zeller (1749–1812), wuchs in Ludwigsburg auf und studierte ab 1796 an der Universität TübingenJurisprudenz, hielt aber auch Kontakt zu einem von Jonathan Friedrich Bahnmaier geleiteten pietistischen Studentenkränzchen. Nach dem Examen im Herbst 1800 trat er in eine Kanzlei ein, konnte sich mit dem Anwaltsberuf aber nicht anfreunden und arbeitete schon ab 1801 als Hauslehrer beim Baron von Schnurbein in Augsburg, ab 1803 in St. Gallen, von wo er Johann Heinrich Pestalozzi aufsuchte. 1809 erhielt er eine Stelle als Lehrer und Schulinspektor in Zofingen (Aargau). Hier lernte er Christian Friedrich Spittler, den Sekretär der Basler Missionsgesellschaft kennen, mit dem er 1817 einen Armenschul-Verein gründete, um das Werk der Mission auch in der eigenen Heimat zu verwirklichen. 1820 konnte die von Zeller konzipierte Armenschullehreranstalt auf Schloss Beuggen, einer badischenDomäne unweit Basel, eröffnet werden, die mit einem „Rettungshaus“ für verwahrloste Kinder kombiniert war. Bis zu seinem Tod leitete Zeller diese Anstalt.
Aus Zellers Ehe mit der Pfarrerstochter Charlotte Dorothee „Sophie“ Siegfried (1791–1858) gingen elf Kinder hervor.[1] Die Tochter Marie heiratete 1834 den Schweizer Samuel Gobat, der 1846 evangelischer Bischof von Jerusalem wurde. Die Tochter Bertha heiratete 1840 den Philologen, katholisch-apostolischen Theologen und Kirchendiener Heinrich Wilhelm Josias Thiersch. Die Tochter Therese heiratete 1837 den Pfarrer Karl Friedrich Werner. Die Söhne Nathanael (1823–1890) und Reinhard (1826–1891) setzten das Werk ihres Vaters als Verwalter bzw. Inspektor der Beuggener Anstalt fort. Samuel Zeller (1834–1912) wurde Leiter der Anstalt in Männedorf.
Wirkung und Bedeutung
Die Beuggener Anstalt wurde vorbildlich für viele weitere Rettungshäuser. Zellers Bruder, der preußische Oberschul- und Regierungsrat Carl August Zeller (1774–1846), Mitarbeiter Pestalozzis, eröffnete 1836 im ehemaligen Kloster Lichtenstern im Landkreis Heilbronn eine Kindererrettungsanstalt (heute Evangelische Stiftung Lichtenstern). Pestalozzi beurteilte die Beuggener Anstalt bei seinem Besuch 1826 sehr positiv. Er soll, nachdem sein eigenes Projekt gescheitert war, über die Anstalt Zellers gesagt haben: „Das war's, was ich wollte.“
Zu seinen bekannten Zöglingen gehörte Johann Peter Schäfer. Bis in das Eisenwerk Gröditz im Schradenwald gelangte der Lehrer Friedrich Stucki 1832, und zwar zu Fuß.
Werke
Lehren der Erfahrung für christliche Land- und Armenschullehrer. Anleitung zunaechst fuer d. Zoeglinge u. Lehrschueler d. freiwilligen Armen-Schullehrer-Anstalt in Beuggen, Bd. 1–3, J. G. Bahnmeier, Basel. 1. Aufl. Bd. 1: 1827, Bd. 2 u. 3: 1828; 2. Aufl. 1851, 3. Aufl. 1855, 4. Aufl. 1865
Kurze Seelenlehre, gegründet auf Schrift und Erfahrung, für Eltern, Erzieher und Lehrer, zum häuslichen und Schulgebrauche, Hrsg. v. d. Calwer Verlagsverein, Calw [u. a.]: Vereinsbuchh. [u. a.], 1. Aufl. 1846, 2. Aufl. 1850
Loios und Euinike: 2 Tim. 1,5. Die Erziehung der Kinder für Zeit und Ewigkeit; mit einem Vorwort von Inspektor Reinhard Zeller, Basel: Spittler, 1879
Heinrich Wallers Jugendjahre, Basel: Spittler, 1889
Göttliche Antworten auf menschliche Fragen, Basel: Bahnmaier, 4. Aufl. 1875
Die ewigen Hütten
Jenseits. Gedanken nach der hl. Schrift, Basel: Spittler, 2. Aufl. o. J.
Ueber Kleinkinderpflege. Eine kurze Anleitung für Eltern, Erzieher und Wärterinnen kleiner Kinder, Stuttgart: Verl. u. Buchh. d. ev. Gesellschaft, 2. Aufl. 1875, 5. Aufl. 1881
Conseils sur l'éducation des petits enfans; (unter dem Namen: Chrétien-Henri Zeller), Hrsg.: Société pour la traduction d'ouvrages chrétiens allemands, Übers.: H. Caumont, Neuchâtel: J. P. Michaud, 1842 (bzw. Neuchâtel: Attinger)
Weisheit von oben. Aus Gottes Wort geschöpft; Mit Vorwort von W[ilhelm] Arnold, Basel: 1889
Darüber hinaus verfasste Zeller zahlreiche kleinere Abhandlungen/Predigten in den „Monatsblättern von Beuggen“, die z. T. später gesondert veröffentlicht wurden. Nachstehend eine Auswahl:
Israels Zukunft. Eine Abhandlung; Straßburg: Wwe Berger-Levrault, 1844; auch als Anhang in: Abraham Capadose: Gedanken über den Zustand der Seelen in der Abgeschiedenheit zwischen Tod und Auferstehung; Düsselthal: Rettungs-Anst., 1846
Von menschlichen Krankheiten und deren göttlichen Zwecken, Basel: Verl. christl. Schriften, 1883
Die fünf ersten Christen: Betrachtung über Johannes, Kap. 1, Vers. 35 bis 51, Strassburg: Wwe Levrault, 1846
Der erste christliche Frauenverein, Strassburg, 1845
Wozu ist uns Jesus Christus geboren? (Monatsblatt v. 1835, Nr. 12), Strassburg: Wwe Levrault, 1844
Die Anbetung Christi (Monatsblatt v. 1842, Nr. 3), Strassburg: Wwe Levrault, 1843
Weitere dieser Abhandlungen siehe Kat. d. Franz. Nationalbibl.
Karl Ruth: Die Pädagogik der süddeutschen Rettungshausbewegung; Christian Heinrich Zeller und der schwäbische Pietismus. Berlin 1927
Gottfried Dehlinger: Christian Heinrich Zeller. Pädagoge des schwäbischen Pietismus. Stuttgart 1982
Hui-Chung Ho: Christian Heinrich Zellers Erziehungsdenken als Grundlage seiner Tätigkeit an der „Freiwilligen Armen-Schullehrer-Anstalt“ in Beuggen. Frankfurt am Main/Bern/New York/Paris 1989
Werner Raupp (Hrsg.): Gelebter Glaube. Erfahrungen und Lebenszeugnisse aus unserem Land. Ein Lesebuch, Metzingen/Württ.: Ernst Franz-Verlag 1993, S. 295–302, 394 (Einl., Quellentexte, Lit.).
Renate Reimann: Christian Heinrich Zellers Erziehungsanstalt in Beuggen – religiöse Motivation der sozialen Tätigkeit. In: Das Markgräflerland. Beiträge zu seiner Geschichte, Bd. 2, Schopfheim 1997, 39–48 UB Freiburg
Herbert Leube: Familie und Christliche Diakonie, Familienkreis und Nachkommenschaft von Christian Heinrich Zeller und Sophie Siegfried, Verlag der St. Johannis-Druckerei Lahr, 1999 (gekürzte Internet-Ausgabe)
Sebastian Engelmann: Ein pietistischer Erziehungsratgeber aus Baden. Oder: Christian Heinrich Zeller über Kleinkinderpflege und physische Erziehung. In: Laura Böckmann (Hrsg.): Creativity, Courage, Chances. Festschrift zu Ehren von Karin S. Amos. Tübingen Library Publishing, Tübingen 2021, S. 151–169 (Volltext).
↑Frieder Schulz: Das Gedächtnis der Zeugen – Vorgeschichte, Gestaltung und Bedeutung des Evangelischen Namenkalenders. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie, Band 19. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975, S. 69–104, Namenliste S. 93–104 (Digitalisat)