Charles Villiers Stanford war Sohn eines wohlhabenden irischen Anwalts. Seine Familie war ausgesprochen musikalisch: Der Vater betätigte sich als Sänger, die Mutter als Pianistin. In diesem Umfeld wurde Stanfords außergewöhnliches Talent schnell erkannt und gefördert. Als Kind lernte er Klavier und Orgel bei bekannten Lehrern in Dublin, bei einer Reise der Familie nach London im Jahr 1864 knüpfte Stanford bereits Kontakte zu dortigen Komponisten und Musikern wie Arthur Sullivan.
Gemeinsam mit Hubert Parry und Edward Elgar trug Stanford gegen Ende des 19. Jahrhunderts entscheidend zur Erneuerung der englischen Musik bei („English Musical Renaissance“). Stanford galt dabei als strenger Lehrer, der gegenüber seinen Studenten unnachgiebig auf Einhaltung kompositorischer Standards pochte und jede Schlamperei mit einem kurzen „All rot, m’boy“ („Alles Krampf, mein Junge“) zu quittieren pflegte.[1] Sein explosives Temperament brachte ihn immer wieder in Konflikt mit der Verwaltung der Universität, und auch einige seiner Schüler distanzierten sich später von ihm.
Bis zu seinem Tod im März 1924 blieb Stanford Professor für Komposition in Cambridge und London. Wie viele bedeutende englische Musiker wurde er in der Westminster Abbey beerdigt. Seine Grabplatte trägt die Aufschrift „A great musician“.
Obwohl sein eigenes kompositorisches Schaffen sehr umfangreich ist, werden heutzutage nur noch wenige seiner Werke aufgeführt. Von seinen über 30 Chorwerken befinden sich heute nur noch die liturgischen Werke im Repertoire englischer Kirchenchöre. Das chorsinfonische Schaffen ist weitgehend vergessen. In den vergangenen Jahren wurden immerhin das Requiem (1897) und das Stabat mater (1907) durch CD-Aufnahmen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt (Naxos bzw. Chandos). Ende der 1980er Jahre nahm die britische Schallplattenfirma Chandos mit dem Ulster Orchestra unter Leitung von Vernon Handley alle Symphonien und Irischen Rhapsodien für Compact Disc auf. Seit Anfang des dritten Jahrtausends spielt das irische RTÉ Vanbrugh Quartet für Hyperion ausgewählte Kammermusik Stanfords ein.
In ihrer Zeit äußerst populär waren Stanfords „Seestücke“ – die Ballade The Revenge – A Ballad of the Fleet, op. 24, nach Alfred Lord Tennyson und die Vokalzyklen Songs of the Sea, op. 91, bzw. Songs of the Fleet, op. 117. Die 3. Sinfonie („Irish“) gehörte für einige Jahre zu den beliebtesten romantischen Sinfonien und befand sich auch im Dirigierrepertoire von Gustav Mahler.
Manche seiner Kompositionen zeigen starke Anklänge an die Musik von Robert Schumann und Johannes Brahms. Gleichzeitig war Stanford ein Pionier in der direkten Verwendung irischer Volksmusik in seinen sechs Irischen Rhapsodien und der 3. Sinfonie, die auch den Untertitel „Irish“ trägt. Hierdurch ebnete er den Weg für die „Pastoral School“, zu deren Exponenten u. a. Ralph Vaughan Williams und Gustav Holst zählen sollten, die beide Stanford-Schüler waren.
Violinkonzert in D-Dur/Suite, op. 32: Anthony Marwood, BBC Scottish Symphony Orchestra, Vernon Handley, Hyperion CDA67208
Cellokonzert in d-Moll / Alexander Baillie; Royal Philharmonic Orchestra, Nicholas Braithwaite. Lyrita SRC 321
Klavierkonzert Nr. 1 in G-Dur: Piers Lane, BBC Scottish Symphony Orchestra, Martyn Brabbins, Hyperion CDA66820 (mit Hubert Parry, Klavierkonzert in Fis-Dur)
Klavierkonzert Nr. 2/Konzertvariationen über ein englisches Thema/Sechs irische Rhapsodien: Margaret Fingerhut, Ulster Orchestra, Vernon Handley, Chandos CHAN 10116(2)
Klavierkonzert Nr. 3 in Es, op. 171/Malcolm Binns; Royal Philharmonic Orchestra, Nicholas Braithwaite, Lyrita SRC 321
Requiem, op. 63: div. Solisten, RTÉ Philharmonic Choir, RTÉ National Symphony Orchestra of Ireland, Colman Pearce, NAXOS 8.555201-02
Songs of the Fleet/The Revenge-A Ballad of the Fleet/Songs of the Sea: Gerald Finley, BBC National Chorus and Orchestra of Wales, Richard Hickox, Chandos CHSA 5043
Anthems and Masses (Chorwerke): Choir of St. John’s College, Cambridge, Christopher Robinson, NAXOS 8.555794