Burg Altrathen
Die Burg Altrathen ist die Ruine einer Felsenburg auf einem Felsen nahe bei Rathen in der Sächsischen Schweiz in Sachsen (Deutschland). Ihre Lage auf einem exponierten Felsvorsprung über dem Elbtal ermöglichte eine militärische Sicherung und eine umfassende Kontrolle der Handelswege entlang und auf der Elbe.[1] Diese strategische Präsenz unterscheidet sie deutlich von der geografisch nahegelegenen Felsenburg Neurathen, deren Funktionen und Beziehungen zu Altrathen bis heute Gegenstand wissenschaftlicher Debatten sind. Es existieren mehrere Theorien über die funktionale und strategische Beziehung der beiden Burgen. Eine Hypothese ist, dass Neurathen als Vorburg oder äußere Befestigungsanlage diente, um die Verteidigung der Hauptburg Altrathen zu stärken.[2] Die unzugängliche Lage der Felsenburg Neurathen hätte hierbei eine ideale Ergänzung geboten. Alternativ wird vermutet, dass beide Burgen eigenständige Anlagen mit verschiedenen Besitzern waren.[2] Eine dritte These betrachtet Neurathen primär als Fluchtburg, die in Krisenzeiten Schutz für die lokale Bevölkerung bot.[1] GeschichteDie Ursprünge von Altrathen reichen vermutlich in das 11. Jahrhundert zurück.[3] Die erste urkundliche Erwähnung der Region Rathen stammt aus dem Jahr 1261.[4] In einer Urkunde vom 6. Februar 1289 mit einem Tauschvertrag zwischen dem böhmischen König Wenzel II. und Friedrich Clem, dem Herrn von Dresden, wird erstmalig eine Steinburg Rathen erwähnt.[4] Aus diesen Urkunden ergibt sich, dass die Burg zu dieser Zeit ein Lehen des Königreichs Böhmen war.[4] Dokumente aus dem 14. Jahrhundert weisen darauf hin, dass die Burg zunächst unter der Verwaltung der Herren von Michelsberg stand, bevor sie 1406 von Hinko Berka von der Duba der Ältere erworben wurde.[5] Im 15. Jahrhundert wurde die Burg zum Schauplatz heftiger Konflikte zwischen den Berka von der Duba und Friedrich von Oelsnitz, der Vogt auf dem Königstein und treuer Lehnsmann des 1423 zum Kurfürsten aufgestiegenen Friedrich I. von Sachsen war.[5] Friedrich von Oelsnitz eroberte 1426 im Auftrag von Friedrich I. von Sachsen die Burg in Rathen. 1438 eroberte Albrecht Berka von der Duba die Burg Rathen zurück.[6] Bereits im Jahr darauf erkämpfte sich Friedrich von Oelsnitz 1439 den Besitz wieder zurück, wohl mit Unterstützung durch Kurfürst Friedrich II. von Sachsen.[7] Mit der zunehmenden Ausdehnung der wettinischen Herrschaft in der Sächsischen Schweiz endete die Ära der lokalen Adelsfehden. Hans von Oelsnitz, ein Sohn von Friedrich von Oelsnitz, wurde als letzter urkundlich belegter Besitzer der Burg Altrathen bekannt.[8] Er war ein typischer Vertreter des sogenannten Raubrittertums; er nutzte die strategische Lage der Burg, um von vorbeiziehenden Händlern und Reisenden Tribute und Schutzgelder zu erpressen.[8] Er geriet dadurch in offenen Konflikt mit den wettinischen Landesherren, die bestrebt waren, den Landfrieden in der Region aufrechtzuerhalten.[8] Die exzessiven Raubzüge und Plünderungen, die von Hans von Ölsnitz und seiner Gefolgschaft ausgingen, führten zur mehrjährigen Belagerung der Burg ab 1467 durch kurfürstliche Truppen unter Herzog Ernst und Albrecht.[9] Hans von Oelsnitz bat sowohl den Bischof von Breslau als auch anschließend den Bischof von Meißen um Unterstützung, die erfolglos bei den Kurfürsten zu intervenieren versuchten.[9] Die Belagerung endete 1469 mit der Einnahme und Zerstörung der Burg. Zeitgenössische Berichte deuten darauf hin, dass die Belagerung durch den Einsatz von Feuerwaffen und intensiven Kampfhandlungen geprägt war.[9] Hans von Ölsnitz gelang die Flucht, jedoch verlor er seine Besitzungen und politische Macht.[10] Im Jahr 1469 wurde Altrathen gemeinsam mit Neurathen geschleift. Ihre Zerstörung markierte den Beginn ihres Verfalls. Bereits im 18. Jahrhundert wurde über den schlechten Zustand der Ruine berichtet, die kaum noch zugänglich war. Im Jahr 1888 kaufte der Industrielle Eduard Seifert die Reste der Burg und baut die Anlage bis 1893 im neogotischen Stil wieder auf. Von der mittelalterlichen Burg blieben nur noch die Kellerräume und Teile der Wendeltreppe des Bergfrieds erhalten. Im Jahr 1902 wurde das auf dem Gelände der Burgruine errichtete Wohnhaus durch einen Brand zerstört.[11] An dessen Stelle wurde durch den Architekten Carl Schümichen aus Dresden 1902/1903 ein neues Gebäude im neoromanischen bzw. neogotischen Stil errichtet.[11] Nach 1945 diente das Gebäude als Betriebsferienheim für den VEB Brau und Malz in Dresden und später für die Staatsbank der DDR. Im Jahr 1995 wurde die Anlage von der Treuhandanstalt an private Eigentümer verkauft. Danach wurde das Gebäude als kleines Hotel und Gaststätte genutzt. Die Burg Altrathen wurde im Jahr 2018 an einen neuen Eigentümer mit Wohnsitz in Bremen verkauft. Dieser gab bekannt, dass die öffentliche Nutzung der Burg als Gasthaus und Pension im November 2018 endete. Gleichzeitig wurde auch die dauerhafte Begehbarkeit der Burg eingestellt. Der neue Eigentümer erklärte gegenüber der Regionalpresse, dass die Burg künftig als Zweitwohnsitz privat genutzt werden solle. Zudem kündigte er an, das Gelände einzuzäunen, um den Zugang für die Öffentlichkeit zu unterbinden. Für Wanderer hat diese Entscheidung erhebliche Konsequenzen: Der von der Burg Altrathen zur Bastei führende Weg, der als Bergpfad mit einem grünen Dreieck auf grauem Grund markiert ist, wird dadurch unterbrochen. Dieser Bergpfad wurde im Rahmen eines Wegekonzeptes vor etwa 15 Jahren offiziell markiert und dient seither als Bestandteil des touristischen Wegenetzes. Ein Gespräch der Nationalparkverwaltung mit dem neuen Eigentümer im Frühjahr 2019 hatte zum Ziel, eine einvernehmliche Lösung zu finden und die Öffentlichkeit weiterhin zu berücksichtigen. Dieses Gespräch führte jedoch zu keiner Änderung der Haltung des Besitzers.[12] BurganlageUmgebungDie Ruine der Burg Altrathen liegt auf einem Hang, der den letzten Ausläufer der berühmten Bastei in der Sächsischen Schweiz bildet.[13] Etwa 60 Meter über dem Spiegel der Elbe erhebt sich die ehemalige Burganlage auf einem markanten Hügel, der sich deutlich vom umgebenden Gelände abhebt.[13] Einst war die Burg durch einen in den Fels gehauenen Graben gesichert, der an der elbseitigen Flanke noch deutlich erkennbar ist.[14] Der Graben, etwa 20 Meter breit und 10 Meter tief, wurde an einigen Stellen Anfang des 20. Jahrhunderts mit Schutt verfüllt, während andere Abschnitte durch die Anlage eines Weges verdeckt wurden.[14] Der umliegende Bergeshang hat sich über die Jahrhunderte durch natürliche Humusauflagen und menschliche Eingriffe, beispielsweise durch landwirtschaftliche Nutzung, stark verändert.[14] Dennoch lässt sich anhand eines regelmäßigen Geländeabsturzes, der von der Elbe bis zum sogenannten Horn verläuft, der historische Verlauf des Burggrabens nachvollziehen.[14] Der Felsen liegt in diesem Bereich nur etwa einen Meter unter der Oberfläche und tritt am Horn sichtbar zutage, wo er den Verlauf der Schutzanlagen markiert.[14] Neben dem Hauptgraben verfügte die Burg über weitere Verteidigungsanlagen, darunter Vorbefestigungen auf einem etwa 70 Meter entfernten Höhenrücken, der sich steil zum Amselgrund hinabzieht.[14] Dieser strategisch höher gelegene Punkt erlaubte Angreifern eine vollständige Übersicht über das Burggelände und zwang die Burgbesitzer zu zusätzlichen Schutzmaßnahmen in diesem Bereich.[14] Mauerreste, die sich entlang des Grats erstrecken, deuten darauf hin, dass dort eine Verteidigungslinie bestand.[14] Diese Mauern, die nicht mit Mörtel verbunden waren, schlossen sich an die natürliche Felsstruktur an und nutzten diese geschickt für den Schutz.[14] Nach Süden hin bot der steil abfallende Hang zur Elbe hin einen natürlichen Schutz, sodass hier keine weiteren Verteidigungsanlagen notwendig waren.[14] Literatur
WeblinksCommons: Burg Altrathen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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