Bruno Balz wurde als Sohn des Sattlers Hermann Balz und dessen Frau Emma geb. Neumann in der elterlichen Wohnung in der Schwedter Straße 21[1] in der Rosenthaler Vorstadt geboren und wuchs als Einzelkind auf.[2] Bereits in seiner Schulzeit schrieb er Aufsätze in Gedichtform und Verse.[2] Er absolvierte von 1917 bis 1920 eine Lehre zum Küfer und arbeitete als solcher bis 1923 in einer Berliner Weingroßhandlung.[3]
Erste Liedtexte wurden 1923 veröffentlicht.[3] Seine erfolgreiche Arbeit für den Film begann 1929 mit den Liedtexten für den ersten Tonfilm(Dich hab ich geliebt). Bis zu seinem Rückzug ins Privatleben in den 1960er Jahren schrieb er mehr als 1000 Schlager- und Liedtexte sowie auch Libretti für Operetten und Opern.[4]
Bereits mit 17 Jahren war sich Balz seiner Homosexualität bewusst und engagierte sich in der Homosexuellenbewegung.[2] Er ließ sich von Adolf Brand als Aktmodell gewinnen und veröffentlichte in einschlägigen Zeitschriften Gedichte, Aufsätze und Erzählungen.[4] Balz wurde Mitglied im Bund für Menschenrecht, den Friedrich Radszuweit 1923 gegründet hatte. Dieser veröffentlichte 1924 mit Bubi laß uns Freunde sein eine der ersten schwulen Schallplatten, wozu Balz den Text und Erwin Neuber die Musik beisteuerten. Von 1928 bis 1930 war er Redakteur der von Radszuweit herausgegebenen Zeitschrift Die Freundin.[5]
Balz wurde während der Zeit des Nationalsozialismus zweimal Opfer des Paragraphen 175, nachdem 1933 herausgekommen war, dass er zu dem jüdischen SexualwissenschaftlerMagnus Hirschfeld in enger Beziehung gestanden hatte.[6] Im Jahr 1936 wurde er während einer Razzia im Großen Tiergarten nahe dem Bahnhof Zoo verhaftet und verbrachte mehrere Monate im Gefängnis, wurde jedoch unter Auflagen freigelassen. Sein Name sollte in der Öffentlichkeit nicht mehr auftauchen (auf Schellackplatten wird er jedoch angeführt); Fotos von ihm wurden vernichtet und keine weiteren publiziert; und er musste heiraten. Das Regime fand dafür die fünf Jahre jüngere Selma Pett[6], eine linientreue Krankenschwester aus Lauenburg in Pommern; die Hochzeit fand 1936 in Berlin-Wilmersdorf statt.[7]
Im Sommer oder im November 1941 wurde Balz erneut von der Gestapo verhaftet, nachdem er in kompromittierender Situation mit einem jungen Mann ertappt worden war. Nach tagelanger Folter im Gestapo-Hauptquartier in der Prinz-Albrecht-Straße drohte ihm eine Inhaftierung im Konzentrationslager. Erst durch die Intervention von Jary, der vorgab, die von Propagandaminister Joseph Goebbels für den Film Die große Liebe geforderten Lieder als einen „Beitrag zur Kriegsanstrengung“ ohne die Hilfe seines Partners nicht zustande bringen zu können, kam Balz innerhalb weniger Stunden wieder frei. In Haft oder in den ersten 24 Stunden danach schrieb er zwei seiner größten Erfolge, nämlich Davon geht die Welt nicht unter und Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n.[6][8]
Nachkriegszeit
Genau wegen dieser „Durchhalteschlager“ für Propagandafilme wie Die große Liebe wurde Balz wenige Wochen nach Kriegsende von den Alliierten angeklagt. Balz wollte eigentlich nur wenig über sein Leben preisgeben, geriet aber in Beweisnot und musste gegen seinen Willen seine Homosexualität und die eingegangene Scheinehe offenbaren. Am 26. Oktober 1946 wurde er letztendlich durch die amerikanische Alliiertenbehörde freigesprochen.[9] Eine Scheidung von seiner Ehefrau war nicht möglich, da diese die Einwilligung verweigerte. Balz ließ in den 1960er Jahren in Bad Wiessee ein Haus für sich bauen, in dem sie eine eigene Wohnung bekam. Sein Name wurde auch nachträglich kaum in den Vor- oder Abspann der Filme aufgenommen, obwohl es technisch möglich gewesen wäre.[10]
Anfang der 1960er Jahre, im ersten Jahr der Bekanntschaft mit Jürgen Draeger, schrieb er für Zarah Leander das Lied Wir wollen niemals auseinandergehen. Michael Jary ließ das Lied nicht wie geplant von Zarah Leander interpretieren, sondern von Heidi Brühl. Damit endete die Zusammenarbeit der beiden.
Ein letzter großer Erfolg war sein Lied Mutter! / Mamma, das er schon 1941 für den Film Mamma (mit Beniamino Gigli) auf eine italienische Komposition geschrieben hatte.[4] Das Lied wurde von anderen interpretiert und mit Heintje 1968 ein deutschsprachiger Hit. Von den Tantiemen des Liedes ließ Balz ein SOS-Kinderdorf bauen.[9]
Testament und Nachleben
In seinem Testament verfügte Balz, dass in den ersten zehn Jahren nach seinem Tod nicht über ihn gesprochen werden dürfe. Sein Lebensgefährte und Universalerbe Jürgen Draeger respektierte diesen Wunsch und konnte somit erst nach 1998 damit beginnen, den Nachlass und die Biografie von Bruno Balz aufzuarbeiten mit dem Ziel, „ihm seine Vergangenheit zurückzugeben“.
Die Grabstätte von Bruno Balz befindet sich auf dem Berliner Friedhof Wilmersdorf.
2021 wurde erstmals ein mit 2500 Euro dotierter Bruno-Balz-Preis verliehen, mit dem junge Chansontalente gefördert werden sollen. Erster Preisträger war der Lübecker Schauspieler Torben Appel. Ausgelobt wurde der Preis von Claudio Maniscalco, ein Schauspieler, Sänger und Schwager von Jürgen Draeger.[11]
Kay Weniger: Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945. Mit einem Geleitwort von Paul Spiegel. Metropol, Berlin 2008, ISBN 978-3-938690-10-9, S. 381 (Kurzbio)
↑Waltraud Schwab: Vermächtnis eines Unbekannten. In: Die Tageszeitung: taz. 5. Oktober 2002, ISSN0931-9085, S.35 (taz.de [abgerufen am 18. April 2021]).
↑„Amphitryon“. In: Der gute Film. Mitteilungen der Filmstelle des D(eutsch)-Ö(sterreichischen) Jugendbundes (sachliche Filmbeurteilung) / Der gute Film. Mitteilungen des Instituts für Filmkultur (sachliche Filmbeurteilung) / Der gute Film, Jahrgang 1935, S. 388 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/dgf