„Gestern wurde die einzige Oper gespielt, die ich je mochte – eine Oper, die mich immer in den Wahnsinn getrieben hat, wenn ich sie hörte – Tannhäuser. Ich sah den letzten Akt von Tannhäuser. Ich saß in der Düsternis und der tiefen Stille und wartete – eine Minute, zwei Minuten, ich weiß nicht genau, wie lange –, dann begann die sanfte Musik des verborgenen Orchesters ihre reichen, langen Seufzer unter der fernen Bühne hervorzuhauchen, und nach und nach teilte sich der Vorhang in der Mitte und wurde sanft zur Seite gezogen, wodurch der dämmrige Wald und ein Bildstock mit einem weiß gekleideten Mädchen, das betete, und einem Mann, der daneben stand, sichtbar wurden. Bald hörte man den edlen Chor der Männerstimmen näher kommen, und von diesem Augenblick an bis zum Schließen des Vorhangs war es Musik, nur Musik – Musik, die einen vor Vergnügen trunken macht, Musik, die einen dazu bringt, Bargeld und Pilgerstab zu nehmen und bettelnd um die ganze Welt zu ziehen, um sie zu hören.“
– Mark Twain: Am Schrein des Heiligen Wagner, Bayreuth, 3. August 1891[1]
So angetan der US-amerikanische Schriftsteller vom Tannhäuser war, so ablehnend äußerte er sich über den Parsifal, den er am liebsten als Pantomime, d. h. ohne Gesangstimmen, hätte hören wollen. 1891 war der Tannhäuser das erste Frühwerk Wagners, jedoch bereits Nr. 8 des Bayreuther Kanons, welches am Grünen Hügel zur Aufführung kam. (Nur Lohengrin und Der fliegende Holländer wurden später im Festspielhaus erstaufgeführt.) Seither stellt das musikdramatische Werk einen Fixpunkt im Repertoire Bayreuths dar, zuletzt 2019 in einer „frechen“ Neuinszenierung von Tobias Kratzer,[2] einer Paraphrase auf den „Clash der Kulturen“, wie BR-Klassik analysierte: „Da steht der Wagnergesang der Minnesänger auf der einen Seite, und die provokante Subkultur der Venus auf der anderen.“[3] Mit dem exquisiten Sängerensemble – Stephen Gould (in der Titelrolle), Ekaterina Gubanova (als Venus), Lise Davidsen (als Elisabeth) und Markus Eiche (als Wolfram von Eschenbach) – und der Radioausstrahlung in Surround im Oktober 2022 konnte das Festival sich erneut als zeitbezogen positionieren – als „intelligent, bunt, gefühl- und humorvoll“, so ein Online-Portal im Jahr darauf.[4]
Tannhäuser in Bayreuth
In der sechsten Spalte sind die Aufführungszahlen der jeweiligen Inszenierung angegeben. Die angegebenen Aufführungszahl beschreibt den Stand von März 2024.
Tannhäuser
Elisabeth Venus
Landgraf Hermann Wolfram von Eschenbach Walther von der Vogelweide
Biterolf Heinrich der Schreiber Reinmar von Zweter