Avicennia ist die einzige Pflanzengattung der Unterfamilie Avicennioideae innerhalb der Familie der Akanthusgewächse (Acanthaceae).
Die Arten der Gattung Avicennia sind neben den nicht näher mit ihnen verwandten Taxa der Tribus Rhizophoreae in der Familie der Rhizophoragewächse (Rhizophoraceae) die wichtigsten Mangrovenbäume. Sie kommen im Einflussbereich der Gezeitentropischer und subtropischerKüsten aller Erdteile vor[1]. Die amerikanisch-westafrikanische Art Avicennia germinans wird gelegentlich als Schwarze Mangrove bezeichnet, die indopazifische Avicennia marina auch als Graue oder Weiße Mangrove; der Name Weiße Mangrove wird allerdings überwiegend für die nicht mit Avicennia verwandte Art Laguncularia racemosa (Flügelsamengewächse, Combretaceae) verwendet.
Avicennia-Arten wachsen als Bäume oder Sträucher im Einflussbereich der Gezeiten. Die Pflanzen erreichen Wuchshöhen von mehr als 30 Metern. Kennzeichnend sind die Atemwurzeln (Pneumatophore), die vom unterirdischen Wurzelsystem aus senkrecht nach oben wachsen und die Bodenoberfläche durchstoßen. Über luftdurchlässige Poren in der Rinde der Atemwurzeln kann sauerstoffreiche Luft über ein schwammartiges Luftgewebe (Aerenchym) in die sauerstoffunterversorgten, unterirdischen Bereiche des Wurzelsystems gelangen.
Das Holz von Avicennia zeigt Ringstrukturen, die durch anomales sekundäres Dickenwachstum entstehen. Diese Ringe entsprechen nicht den Jahresringen von Bäumen der gemäßigten Breiten. Der Kambiumring bildet auf seiner Innenseite Xylem, außen Parenchymzellen. Ein bis drei Zellreihen innerhalb der äußersten Parenchymzellen bildet sich ein Ring aus Sklereiden, der ebenfalls ein bis drei Zellreihen dick ist. Das Kambium stellt nach einer gewissen Zeit seine Tätigkeit ein, im Parenchymbereich innerhalb des Sklereidrings differenzieren sich Phloemzellen. Danach bildet sich außerhalb des Sklereidrings ein neuer Kambiumring.[2] Die Zweige sind im Querschnitt rund, junge Zweige sind manchmal vierkantig.
Die gegenständig angeordneten, gestielten Laubblätter sind ungeteilt und ganzrandig. Auf der Blattunterseite sind sie dicht mit mikroskopisch kleinen Haaren überzogen. Die Blattoberseite trägt Salzdrüsen, über die der Salzgehalt des Blattgewebes geregelt wird.
Die ungestielten, kleinen Blüten sind vier- oder fünfzählig und besitzen eine doppelte Blütenhülle. Die fünf Kelchblätter sind am Grunde kurz becherförmig verwachsen, die Kelchzipfel überlappen sich seitlich. Tragblatt, Vorblätter und Kelchblätter bleiben bis zur Fruchtreife erhalten. Die weißlichen oder gelblich-rötlichen Kronblätter sind im unteren Bereich zu einer leicht zygomorphen, glockenförmigen Kronröhre verwachsen; der obere der vier (in einigen Fällen fünf) Kronlappen ist oft breiter als die übrigen. Es ist nur ein Kreis mit vier Staubblättern vorhanden, die im oberen Bereich der Kronröhre ansetzen. Die vier Fruchtblätter sind zu einem oberständigen Fruchtknoten verwachsen. In seinem Inneren trägt er vier hängende Samenanlagen, von denen sich nur eine entwickelt. Die Blüten sind nektarreich und werden von Insekten bestäubt.
Die Früchte werden von einigen Autoren als ledrige Kapselfrüchte, von anderen als Achäne angesehen. Die Samen entwickeln sich noch am Mutterbaum zu Keimlingen, diese verbleiben aber in der Frucht, die bald nach dem Abwerfen aufplatzt und den schwimmfähigen Keimling freigibt („krypto-vivipar“, verborgen-lebendgebärend).
Systematik und Verbreitung
Die Gattung Avicennia wurde 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, 1, S. 110–111 mit der Typusart Avicennia officinalisL. aufgestellt. Der Gattungsname Avicennia ehrt den persischen Arzt, Philosophen und Universalgelehrten Avicenna, der eigentlich Alij al-Husain Ibn Sina (ca. 980 - 1037) hieß.[3][4]
Die systematische Stellung von Avicennia war lange umstritten. Traditionell wurde die Gattung in die Familie der Eisenkrautgewächse (Verbenaceae) eingeordnet, zuletzt aber meist als eigene Familie Avicenniagewächse (Avicenniaceae) aufgefasst. Neuere, molekulargenetische Untersuchungen rücken Avicennia in die Verwandtschaft der Akanthusgewächsesensu lato, bestätigen aber die Monophylie der Gruppe. Nach APWebsite ist Avicennia die einzige Gattung der Unterfamilie Avicennioideae innerhalb der Familie der Akanthusgewächse (Acanthaceae).[1]
Die Gattung Avicennia umfasst 8[1] (bis 14) Arten:
Andrea E. Schwarzbach, Lucinda A. McDade: Phylogenetic relationships of the mangrove family Avicenniaceae based on chloroplast and nuclear ribosomal DNA sequences. In: Systematic Botany, Volume 27, Issue 1, 2002, S. 84–98. doi:10.1043/0363-6445-27.1.84 (zurzeit nicht erreichbar)
Xinnian Li, Norman C. Duke, Yuchen Yang, Lishi Huang, Yuxiang Zhu, Zhang Zhang, Renchao Zhou, Cairong Zhong, Yelin Huang, Suhua Shi: Re-Evaluation of Phylogenetic Relationships among Species of the Mangrove Genus Avicennia from Indo-West Pacific Based on Multilocus Analyses. In: PLOS One, 7. Oktober 2016. doi:10.1371/journal.pone.0164453
Shou-liang Chen, Michael G. Gilbert: Verbenaceae.: Avicennia marina, S. 49 - textgleich online wie gedrucktes Werk., In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven (Hrsg.): Flora of China, Volume 17 – Verbenaceae through Solanaceae, Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis, 1994, ISBN 0-915279-24-X .(Abschnitt Beschreibung)
N. C. Duke: A systematic revision of the mangrove genus Avicennia (Avicenniaceae) in Australasia. In: Australian Systematic Botany, Volume 4, 1991, S. 229–334.
↑ abcdefghijklm Xinnian Li, Norman C. Duke, Yuchen Yang, Lishi Huang, Yuxiang Zhu, Zhang Zhang, Renchao Zhou, Cairong Zhong, Yelin Huang, Suhua Shi: Re-Evaluation of Phylogenetic Relationships among Species of the Mangrove Genus Avicennia from Indo-West Pacific Based on Multilocus Analyses. In: PLOS One, 7. Oktober 2016. doi:10.1371/journal.pone.0164453
↑ E. Zamski: The mode of secondary growth and the three-dimensional structure of the phloem in Avicennia. In: Botanical Gazette, Band 140, 1979, S. 67–76.
↑ Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2016, ISBN 978-3-946292-10-4. doi:10.3372/epolist2016
↑ Peter Schütt, Horst Weisgerber, Hans J. Schuck, Ulla Lang, Bernd Stimm, Andreas Roloff: Bäume der Tropen. Nikol, Hamburg 2004, ISBN 3-933203-79-1.
↑ abcAvicennia im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 27. Dezember 2017.