ApplikativDer Applikativ ([lateinisch applicātum ‚angefügt‘) ist die abgeleitete Form eines Verbs, die im Vergleich zum nicht-applikativen Verb einen zusätzlichen nicht selbst agierenden Handlungsteilnehmer besitzt. Ist das nicht-applikative Verb bereits transitiv, so kann das direkte Objekt dabei durch den neuen Handlungsteilnehmer ersetzt werden. Die Bildung des Applikativs ist ein Fall von Diathese. ], vonDer Begriff wurde bereits im 17. Jahrhundert durch Missionare in Mittelamerika verwendet (verbos applicativos), die uto-aztekische Sprachen erforschten. Applikative im DeutschenEin Applikativverb im Deutschen ist z. B. beladen. Während man etwas auf einen Wagen lädt, belädt man den Wagen mit etwas. In diesem Fall ist das nicht-applikative Verb laden transitiv, hat also ein direktes Objekt. Der im Fall von laden nicht direkt an der Handlung beteiligte Wagen, der als Adverbialbestimmung des Ziels im Satz steht, wird durch die Applikativbildung mit be- als neues direktes Objekt eingeführt. Er verdrängt dabei das vorher bereits vorhandene Objekt, das seinerseits zu einer Adverbialbestimmung wird. Im Fall eines intransitiven Verbs, wie gehen, kommt durch das Applikativ-Präfix be- ebenfalls ein direktes Objekt hinzu (das, was begangen wird), verdrängt jedoch nichts aus dieser Position. Applikative in anderen SprachenAuch viele andere Sprachen besitzen Applikativformen. In einigen ist das System wesentlich komplexer als im Deutschen. Im Folgenden sollen mehrere Beispiele für Sprachen mit Applikativmorphologie vorgestellt werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird dabei die Interlineare Morphemglossierung vereinfacht dargestellt. AinuDie isolierte Sprache Ainu (gesprochen in Japan) besitzt ein Applikativ-Präfix, das lokale Adverbialbestimmungen als Objekt einführen kann. Dieses Beispiel entstammt der Arbeit von David A. Peterson (2002), siehe Literatur.
Juǀ'hoanDie Ju-Sprache Juǀ'hoan (gesprochen im Südwesten von Botswana) hat ein recht einfaches System. Sie verwendet nur ein Suffix -a, das, ähnlich dem deutschen be-, verschiedene Applikative bilden kann. Ist ein Verb bereits transitiv, verdrängt das neueingeführte Objekt nicht wie im Deutschen das direkte Objekt, sondern wird als sekundäres Objekt in den Satz eingefügt. Für diese Fallstudie werden Daten aus der Grammatik von Patrick J. Dickens (2005) verwendet, siehe Literatur. LokativIm folgenden Beispiel wird eine Ortsangabe als Objekt eingebunden.
InstrumentalMit dem gleichen Suffix kann jedoch auch das Werkzeug, mit dem eine Handlung ausgeführt wird, als Objekt in den Satz eingeführt werden.
Hakha LaiIn der sinotibetischen Sprache Hakha Lai (gesprochen im Westen von Myanmar) gibt es sieben verschiedene Applikativ-Suffixe. Sie differenzieren die Art der Adverbialbestimmung, die als neues direktes Objekt in den Satz eingebunden wird. Die Daten dieser Fallstudie entstammen der Arbeit von David A. Peterson (2002), siehe Literatur. KomitativWird eine Handlung zusammen mit jemandem ausgeführt, so kann dieser durch das Suffix -pii als direktes Objekt eingebunden werden.
InstrumentalDas Werkzeug, mit dem eine Handlung ausgeführt wird, kann mit dem Suffix -naak als direktes Objekt eingebunden werden.
Allativ/MalefaktivMit dem Suffix -hnoʔ werden Verben gebildet, die ein Ziel oder einen Geschädigten einer Handlung als direktes Objekt einbinden.
Benefaktiv/MalefaktivDas Suffix -piak bezeichnet Verben, die einen Nutznießer oder Geschädigten einer Handlung hervorheben.
Additional-BenefaktivMit dem Suffix -tseʔm werden Verben versehen, wenn eine Handlung zugunsten des Handlungsträgers und zusätzlich zugunsten der hervorzuhebenden Person geschieht. Eine solche Applikativkonstruktion ist, soweit bekannt, weltweit einmalig.
PrioritivSoll ausgedrückt werden, dass der Handlungsträger die Handlung zeitlich oder räumlich vor jemandem ausgeführt hat, so kommt das Suffix -kaʔn zur Anwendung. Wie die Additional-Benefaktiv-Konstruktion (siehe oben) ist auch die Prioritiv-Konstruktion nur im Hakha Lai anzutreffen.
RelinquitivWenn der Handlungsträger vor oder nach Ausführung der Handlung jemanden oder etwas zurücklässt, kann dieser bzw. dieses als direktes Objekt in ein Verb mit dem Suffix -taak eingebunden werden. Auch die Reliquitiv-Konstruktion ist sehr selten, findet sich aber möglicherweise noch in einigen anderen Sprachen.
Klassisches NahuatlKlassisches Nahuatl hat einige Applikativsuffixe, und zwar -lia, -ia/-(l)huia.[1]
Literatur
Einzelnachweise
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