Beispiele für α- und β-Anomere: Lokanten (rot), Anomeres Zentrum am C1 (blauer Pfeil), Referenzatom (grüner Pfeil), CIP-Konfiguration (grau)
Als Anomere (griech. áno̅ = oben) bezeichnet man jene Epimere, die bei der Bildung eines ringförmigen Halbacetals (Ring-Ketten-Tautomerie) von Kohlenhydraten (Aldosen und Ketosen) neu entstehen. Das anomere Zentrum ist das Chiralitätszentrum, das aus dem prochiralenCarbonylkohlenstoffatom der offenkettigen Form entsteht. Es ist dem Ringsauerstoff von Zuckern (in der Pyranose- oder Furanose-Form) benachbart.[1][2]
Die Konfiguration am anomeren Zentrum wird durch die Stereodeskriptoren α und β beschrieben, wobei das α-Anomer jenes Isomer ist, bei dem die nach den CIP-Regeln absolute Konfiguration des anomeren Kohlenstoff-Atomes der Konfiguration des Referenzatoms, dem höchstbezifferten chiralen Zentrum, entgegengesetzt ist. Diese Definition gilt sowohl für D- als auch für L-Zucker. Die beiden gebildeten Anomere sind keine Enantiomere, sondern Diastereomere mit unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften.[3]
Das Sauerstoffatom am anomeren Zentrum ist in der Fischer-Projektion der α-D-Kohlenhydrate auf der gleichen Seite der Hauptkette wie die Hydroxygruppe des Bezugsatoms. Folglich ist bei β-Anomeren die Hydroxygruppe des Bezugsatoms der D-Kohlenhydrate auf entgegengesetzter Seite der Hauptkette.