Andreas KurzmannAndreas Kurzmann (gestorben zwischen 1428 und 1431) war ein Zisterziensermönch im obersteirischen Stift Neuberg an der Mürz, wo er als Kantor, Abschreiber lateinischer Werke und Verfasser deutschsprachiger geistlicher Dichtungen wirkte. LebenAndreas Kurzmann lebte und wirkte in der zweiten Hälfte des 14. und der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und dürfte steirischer oder niederösterreichischer Herkunft gewesen sein, wie Studien zum Wortschatz des Dichters ergeben haben.[1] Über die Person Andreas Kurzmann ist nur wenig bekannt. Das Wenige, das die Nachwelt über den obersteirischen Dichtermönch weiß, basiert lediglich auf Ableitungen und Schlussfolgerungen aus den handschriftlichen Notizen von Kurzmanns Mitbruder Heinrich Schäbel und den Schreibervermerken des Dichters selbst.[2] Aus dem Schreibervermerk im Codex 194 der Stiftsbibliothek Seitenstetten wird deutlich, dass Kurzmann diese Abschrift des Neuen Testaments am 10. Februar 1390 fertigstellte und zu diesem Zeitpunkt bereits Neuberger Profess war, ein genaues Datum des Gelübdes kann jedoch nicht eruiert werden. Ferner verzeichnet der Vermerk der Hs. 1254 der Universitätsbibliothek Graz vom 7. März 1396 Andreas Kurzmann als Kantor des Neuberger Stifts – auch seine Profess wird in diesem Zuge erwähnt. Demnach muss Andreas Kurzmann vor 1390 ins Zisterzienserkloster Neuberg an der Mürz eingetreten sein, legte dort seine Profess ab und agierte als (Vor-)Sänger und Schreiber. In der Literatur wird Andreas Kurzmann zuweilen auch das Amt des Vikars in Spital am Semmering zugeschrieben, was aus dem Kolophon der Hs. 1253 der UB Graz erschlossen wird. Dabei dürfte es sich jedoch um eine Fehlinterpretation handeln: So verweist Bruder Andreas nach der Nennung seines Namens nicht auf sich selbst, sondern auf einen Herrn Christian, der zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Codex das Amt des Kirchenrektors bekleidete. Mit dem 22. September 1407 liegt das Datum des letzten eigenhändigen Kolophons von Andreas Kurzmann in der Hs. 1295 der UB Graz vor. Das Sterbedatum des obersteirischen Dichtermönchs ist nicht bekannt, sein Tod wird auf die Jahre zwischen 1428 und 1431 datiert. Aufschlussreich ist diesbezüglich der handschriftliche Vermerk von Kurzmanns Mitbruder Heinrich Schäbel in der Hs. 856 der UB Graz: Schäbel versah den Codex mit 4 Datumsangaben: Während die ersten zwei Vermerke mit 1428 datiert wurden, wurden im dritten 1431 und im vierten 1462 als Jahr der Fertigstellung der jeweiligen Abschrift angegeben. Andreas Kurzmann wird jedoch erst zwischen dem zweiten und dem dritten Vermerk angeführt, womit sich als terminus ante quem das Jahr 1431 ergibt.[3] Werke![]() Neben festgesetzten Gebetszeiten, Verwaltungsarbeiten und der Bewirtschaftung (von Land und Wasser) war Schriftlichkeit ein inhärenter Teil im Tagesablauf eines Zisterziensermönchs. Zisterzienserorden gelten als „Pioniere der Schriftlichkeit im Allgemeinen wie des Urkundenwesens im Besonderen“.[4] Die Klöster verfügten somit über elaborierte Skriptorien, in denen Texte abgeschrieben und neu verfasst wurden. Auch Andreas Kurzmann war ein sogenannter „Schreiber-Mönch“, der im Zuge seiner Arbeit in der Schreibstube nicht nur bestehende lateinische Werke abschrieb, sondern auch selbst geistliche Dichtungen verfasste. Abschriften lateinischer WerkeBruder Andreas fertigte im Rahmen seiner Schreibertätigkeit zahlreiche Abschriften lateinischer Werke an, die von Kopien des Neuen Testaments, Predigten bis hin zu Texten, die im klösterlichen Schulunterricht Verwendung fanden, reichen.[5] Von Andreas Kurzmanns Schreibertätigkeit sind heute noch insgesamt 11 lateinische Handschriften erhalten. Während je eines der Manuskripte im Benediktinerstift Seitenstetten und der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) aufbewahrt wird, befinden sich die übrigen neun in der Handschriftensammlung der Universitätsbibliothek Graz, wohin ein Großteil der Handschriftenbestände nach der Auflösung des Stifts im Jahre 1786 verlagert wurde. Sieben dieser elf Handschriften [dazu zählen: Codex 3508 (ÖNB Wien), Hs. 589 (UB Graz), Hs. 595 (UB Graz), Hs. 672 (UB Graz), Hs. 677 (UB Graz), Hs. 911 (UB Graz), HS. 1258 (UB Graz)] weisen keinen Schreibervermerk Kurzmanns auf. Aufgrund des charakteristischen typographischen Schriftbilds können diese Handschriften – auch ohne expliziten Verweis auf den Zisterziensermönch – dennoch eindeutig seiner Hand zugewiesen werden: Dabei sind es vor allem die ausladenden g-Schleifen in der jeweils untersten Zeile des Schriftspiegels, die zur auffälligen Schriftcharakteristik Kurzmanns beitragen. Daneben trägt die steile Schrift mit einem relativ hohen Ansetzen der Graphen l und a zur Identifizierung seiner Hand bei.[6] Überlieferung![]()
Deutschsprachige geistliche DichtungenAndreas Kurzmann hat nicht nur lateinische Werke abgeschrieben, sondern wirkte auch selbst als Verfasser fünf deutschsprachiger geistlicher Texte. Es handelt sich dabei um deutsche Reimpaardichtungen, die Kurzmann eher frei nach lateinischen Vorlagen gestaltete. Die Texte in der Volkssprache Deutsch dienten der katechetischen Unterweisung von Laienbrüdern sowie einfachen Gläubigen, und so war Bruder Andreas darum bemüht, die geistlichen Dichtungen in schlichter und volksnaher Sprache niederzuschreiben.[11] Die zentrale Botschaft in und hinter Bruder Andreas‘ Texten ist das Vertrauen auf die Güte und Gnade Gottes und darauf, dass sich alle Gläubigen, die eine christliche Lebensweise unter den Geboten Gottes führen, dessen Erbarmen sicher sein können. Nimmt die Marienverehrung im Leben eines Zisterziensermönchs eine besondere Stellung ein, so erhält die Gottesmutter gemäß dieser Tradition in Kurzmanns Werken ebenfalls ihre besondere Rolle als Fürsprecherin der Gläubigen.[12] Obgleich Bruder Andreas keine direkten Kontakte zur vorreformatorischen Strömung der Pastoraltheologie nachgewiesen werden können, weisen die Intentionen hinter Kurzmanns Dichtungen dennoch zeitgeistige Parallelen damit auf. Ziel dieser Seelsorge war es, den Gläubigen Hoffnung auf die Errettung ihrer Seele zu geben und damit Stütze und Hilfe echter Lebensbewältigung zu sein.[13] In allen seinen Dichtungen nennt der Zisterziensermönch sich selbst (bspw. im ‚Sterbebüchlein‘ De quodam moriente – Von ainem mann der do sterben woldt V. 91: Also sprach Andre chuerczman.), das Speculum humanae salvationis versieht Bruder Andreas zusätzlich im Prolog mit seinem Namen. Keines der Werke ist im Original erhalten, die Texte liegen nur in Abschriften aus dem 15. Jahrhundert vor.[14] Andreas Kurzmanns Dichtung umfasst das Speculum humanae salvationis, das eine bearbeitete Übersetzung eines typologischen Heilsspiegels darstellt, zwei Legenden (Amicus und Amelius, St. Alban), ein Streitgespräch von der Rettung der Seele eines reumütigen Sünders (De quodam moriente – Von ainem mann der do sterben woldt) sowie das Soliloquium Mariae cum Jhesu, das die wichtigsten Glaubensfragen des Christentums in einem Zwiegespräch zwischen der Gottesmutter Maria und Jesus verhandelt. Speculum humanae salvationisÜberlieferung: Stiftsbibliothek Vorau, Codex 178, fol. 194r-247v Das Speculum humanae salvationis umfasst 8942 Verse und wird von Andreas Kurzmann selbst als Dez menschen haylsam spiegel[15] bezeichnet. Die Handschrift des Augustiner-Chorherrenstifts Vorau dürfte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden sein und stellt eine freie Übertragung Kurzmanns eines um 1320 überlieferten Erbauungsbuches in lateinischer Reimprosa dar, das im Spätmittelalter eine populäre Form typologischer Dichtung war.[16] Bei dem lateinischen Text handelt es sich – ähnlich einer Armenbibel – um eine bebilderte Bibeldichtung, deren Illustrationen im Prolog der Laien-Lektüre zugewiesen werden. Der Hauptteil umfasst 42 Kapitel, die je aus vier Bildern und 100 Reimzeilen bestehen. Während die Bilder der ersten beiden Kapitel Szenen des Alten Testaments bis zur Arche Noahs illustrieren, werden diese zugunsten allgemeiner Aussagen im Text nur angedeutet. Alle übrigen Kapitel sind als typologische Gegenüberstellungen konzipiert: Einer Szene des Neuen Testaments werden dabei drei Bilder aus dem Alten Testament und teilweise auch Darstellungen außerbiblischer Herkunft gegenübergestellt. Die Texte greifen die Bilder inhaltlich auf, werden jedoch durch katechetische Unterweisungen und Hinweise ergänzt.[17] Das Speculum humanae salvationis Kurzmanns ist mit dem Codex 178 lediglich in einer einzigen Handschrift aus der Steiermark ohne Bilder und somit nur als Text überliefert. Aus heutiger Sicht kann nicht mit Sicherheit erschlossen werden, ob das Original mit Illustrationen bestückt war beziehungsweise ob Bruder Andreas eine Verbindung von Bild und Text angestrebt hatte. Andere Übersetzungen des Speculums wie beispielsweise von Konrad von Helmsdorf oder Heinrich Laufenberg sowie diverse Hinweise der visuellen Wahrnehmung im Text sprechen für diese Annahme.[18] De quodam moriente – Von ainem mann der do sterben woldtÜberlieferung: Universitätsbibliothek Salzburg, Codex M I 138, fol. 249r-251r Der Text ist den ars-moriendi-Gedichten zuzuordnen und gemeinsam mit zwei weiteren Reimlegenden (Amicus und Amelius, St. Alban) des Dichters in einem Salzburger-Codex (= UB, M I 139) überliefert. Der deutsche Text ist von lateinischen Einschüben durchdrungen, die zusammen eine Dialog-Reihe der sprechenden Akteure in Kurzmanns Dichtung darstellen. Damit ist jedoch keine Narration des Texts erreicht – die deutschen Zeilen rekurrieren auf die lateinischen Verse und fungieren auf diese Weise als ‚narratologische Brücken‘. De quodam moriente erzählt in einem 91 Verse umfassenden Streitgespräch von der Rettung der Seele eines reumütigen Sünders. Ein Sterbender wird im Augenblick des Todes vom Teufel heimgesucht, der dessen Seele in Besitz nehmen möchte, weil der Mensch gesündigt habe. Dem Teufel widerspricht jedoch ein Engel, der am Kopfende des Sterbebettes sitzt, mit dem Argument, dass der Sterbende aufrichtige Reue empfinde. Der Sünder erschrickt angesichts seiner begangenen Untaten, stößt jedoch in höchster Not ein flehendes Stoßgebet an die Gottesmutter gen Himmel:[19]
Textabdruck nach der Handschrift Salzburg, UB, Cod. M I 138, fol. 249r–251r, und Übersetzung von Andrea Hofmeister-Winter, V. 15-30. Der Hilferuf des Sterbenden löst eine wahre himmlische „Rettungs-Kettenreaktion“[20] aus: Mutter Maria bittet ihren Sohn, Jesus Christus, um die Erlösung des Sünders und zeigt demonstrativ auf ihre Brüste, mit denen sie Jesus genährt habe. Dieser wendet sich an Gott im Himmel mit dem Verweis auf seine Wunden, die er am Kreuz erlitten habe. Gott ist augenblicklich überzeugt und schickt einen Engel, um der bangenden Seele des mittlerweile Verstorbenen die frohe Botschaft mitzuteilen. Gegen Ende der Erzählung rekapituliert der Hl. Bernhard die zentrale Botschaft des Textes:[21]
Textabdruck nach der Handschrift Salzburg, UB, Cod. M I 138, fol. 249r–251r, und Übersetzung von Andrea Hofmeister-Winter, V. 77-90. Amicus und AmeliusÜberlieferung: Universitätsbibliothek Salzburg, Codex M I 138, fol. 225r-248v 1165 Verse berichten in Andreas Kurzmanns Dichtung Amicus und Amelius über die Treue und tiefgreifende Freundschaft zwischen Graf Amelius und Ritter Amicus. Die Geschichte rund um die beiden Freunde blickt auf eine lange Stofftradition zurück, und so zeugen unzählige Bearbeitungen seit dem Mittelalter von der Beliebtheit der Erzählung. Mit dem Engelhard Konrads von Würzburg liegt ebenfalls eine Adaption der Freundschaftssage vor, auch wenn Konrad kleine inhaltliche Veränderungen vorgenommen und die Geschichte um einige Motive erweitert hat. Auch beim „Engelhard“ findet sich Treue als Leitmotiv, Konrad beschreibt diese im Prolog der Erzählung als wertvolle Tugend.[22] Die beiden Protagonisten gleichen sich derart, dass man sie nicht voneinander unterscheiden kann. Sie lernen sich auf dem Weg zu ihrer Taufe kennen und schließen eine Freundschaft, die sie zeit ihres Lebens verbinden wird. Nach dem Tod seines Vaters wird Amicus durch Neid und Hass von seinem Besitz vertrieben. Er macht sich auf den Weg zu Amelius, der jedoch seinerseits bereits die Reise zu Amicus angetreten hat. Nach längerer Irrfahrt begegnen sich die Freunde vor Paris und reiten gemeinsam an den Hof des Frankenkönigs Karl. Amicus wird Kämmerer des Königs, Amelius dessen Mundschenk. Als Amelius den Hof Karls für eine Weile verlässt und zu seiner Frau reitet, rät er Amicus, sich während seiner Abwesenheit vom feindseligen Grafen Ardecius und der schönen Königstochter fernzuhalten. Zu seinem Leidwesen ignoriert Amelius jedoch die weisen Ratschläge seines Freundes und schläft mit der jungfräulichen Königstochter. Das Vergehen wird am Königshof publik und Amelius muss seine Unschuld im Kampf beweisen. Durch Amicus‘ rechtzeitige Rückkehr bestreitet dieser den Gotteskampf für seinen Freund, während Amelius indes zur Frau von Amicus reist. Amicus gewinnt den Kampf, reitet nach Hause und tauscht wieder Position mit seinem Freund Amelius, der am Hof Karls anschließend Hochzeit mit der Königstochter hält. Durch Gottes Strafe erkrankt Amicus an Aussatz. Seine Frau beginnt ihn deswegen zu hassen und will ihn vergiften, er flieht jedoch rechtzeitig und kommt nach zwei Jahren zu Amelius, von dem er barmherzig aufgenommen und gepflegt wird. Von einer Engelserscheinung im Traum erfährt Amicus, dass Amelius seine Kinder töten müsse, denn nur von deren Blut könne Amicus geheilt werden. Amelius opfert seine Kinder unter großer Trauer, um seinen Freund zu heilen. Diese Treue wird von Gott durch die Wiederbelebung der Kinder belohnt. Die Legende endet mit dem Kampf des Papstes gegen die Langobarden. Amicus und Amelius kämpfen beide auf der Seite des Papstes, sterben jedoch in der Schlacht.[23] Gott würdigt die beiden im Kreuzzug gefallenen Freunde als Heilige, indem er ihre Leichname nebeneinander in derselben Kirche vereinigt.[24] St. AlbanÜberlieferung: Universitätsbibliothek Salzburg, Codex M I 138, fol. 206r-224v Die Inzestsage St. Alban zählt insgesamt 923 Verse, als Vorlage ist vermutlich eine gekürzte Fassung der lateinischen Inzest-Legende anzunehmen.[25] Nach dem Tod seiner Gattin zeugt ein sonst edler Kaiser mit seiner Tochter einen Sohn, der nach der Geburt in Ungarn ausgesetzt wird. Das Kind, Albanus, wird in seinem Unglück jedoch gefunden und vom kinderlosen König aufgezogen. Ob seiner Tüchtigkeit wird der adoptierte Albanus noch zu Lebzeiten des Königs gekrönt. Indes glaubt der unwissende Kaiser, der von Albanus‘ vornehmem Wesen unterrichtet wird, einen geeigneten Gemahl für seine Tochter gefunden zu haben. In Unwissenheit aller wird die Ehe geschlossen und der Sohn auf diese Weise mit seiner Mutter vermählt. Nach dem Tod des Königs erhält Albanus die bei ihm gefundenen Leihgaben und muss auf diese Weise schmerzlich den Inzest mit seiner eigenen Mutter erkennen. Albanus und seinen Eltern wird von einem Einsiedler eine siebenjährige Bußzeit auferlegt. Der Kaiser und seine Tochter begehen jedoch erneut Sünde, der Inzest wiederholt sich. Albanus wird Zeuge dieser Leidenschaft und tötet daraufhin seine Eltern. Nach erneut auferlegter siebenjähriger Bußzeit beschließt Albanus, künftig als Eremit zu leben und verzichtet auf die Herrschaft seines Reiches. In der Einsamkeit des Einsiedlertums wird Albanus ausgeraubt und getötet, seine Leiche wird in einen Fluss geworfen. Der Leichnam treibt zu einer Mühle, wo ein Ritter mit seiner an Aussatz erkrankten Tochter lebt. Die Berührung mit dem Wasser heilt das kranke Mädchen und in weiterer Folge andere Aussätzige von ihrem Leid.[26] Soliloquium Mariae cum JhesuÜberlieferung: Universitätsbibliothek Graz, Ms 856, fol. 197r-203v Das Soliloquium des Andreas Kurzmann ist ein theologischer Dialog über die Passion bzw. das Erlösungswerk Jesu zwischen der Gottesmutter und ihrem Sohn, Jesus Christus. Der als Lehrdialog konzipierte Text informiert im Zuge eines vertrauten Mutter-Sohn-Gesprächs über die zentralen Glaubensfragen des Christentums, wobei Jesu als allwissendes Gotteskind Mutter Maria über seine Mission auf Erden, seine Leidensgeschichte sowie Rückkehr informiert und dabei geduldig auf all ihre Fragen antwortet. Diese Stoffmotivik fand im gesamten Mittelalter weite Verbreitung. Der Text Andreas Kurzmanns mit dem lateinischen Titel Soliloquium Marie cum Jhesu secundum Gregorium papam et doctorem sanctissimum ist mit 427 Versen die zweitkürzeste der Dichtungen des zisterziensischen Ordensbruders. Bruder Andreas‘ Soliloquium dürfte auf die in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstandene Vita beatae virginis Mariae et salvatoris rhythmica zurückgehen. Der Dialog Kurzmanns befindet sich am Ende des 2. Buches in diesem lateinischen Marienleben. Während die lateinische Vorlage 27 Glaubensfragen in Dialog-Form diskutiert, wählte Bruder Andreas lediglich 12 aus diesem Katalog und erweiterte seine Dichtung um narrative Einschübe zum Apostolischen Glaubensbekenntnis sowie um einen Laienkatechismus. Viele Stellen des Neuberger „Soliloquiums“ beruhen dabei zusätzlich auf Aussagen Gregors des Großen.[27][28] ![]()
Andreas Kurzmann: Soliloquium Marie cum Jhesu. Diplomatischer Abdruck nach der Handschrift Graz, UB, Cod. 856 und Übertr. ins Nhd. v. Andrea Hofmeister. Universitätsverein Steir. Literaturpfade d. MA., Graz 2012 (= Texte zu den Steirischen Literaturpfaden des Mittelalters. Band 1). S. 3. V. 1-26 (+Überschrift). Der Text wurde zwischen 1428 und 1431 von Kurzmanns Mitbruder Heinrich Schäbel im Zisterzienserstift Neuberg an der Mürz abgeschrieben.[29] Neuzeitliche Rezeption
Die „Steirischen Literaturpfade des Mittelalters“ bilden seit 2012 ein einzigartiges Netzwerk aus acht Themenpfaden, die ihren Gästen aus nah und fern spannende Werke der mittelalterlichen Literatur der Steiermark direkt am Ort ihrer Entstehung oder Überlieferung näher bringen. Mit einer Länge von 1,5 Kilometern führt der Neuberger Literaturpfad in der malerischen Kulisse des Münsters um das Stift. Man wird Zeuge des vertraulichen Gesprächs der Gottesmutter mit ihrem Sohn, erhält schrittweise Frage und Antwort über die wichtigsten Glaubensfragen und kann nur erahnen, wie Bruder Andreas sein Werk in den ehrwürdigen Mauern des Klosters niederschrieb.
Das Buch verdeutlicht die enge Verbindung zwischen literarischer Vergangenheit und unserer Gegenwart. Texte von Gegenwartsautorinnen und -autoren werden literarischen Zeugnissen aus dem Umfeld der Steirischen Literaturpfade des Mittelalters an die Seite gestellt und treten so in Zwiesprache mit der mittelalterlichen Literatur und ihrer geistigen Umgebung. Auch Andreas Kurzmann und seiner Dichtung sind in den über 300 Seiten der Anthologie drei Texte gewidmet.
Der Arbeitskoffer zu den Steirischen Literaturpfaden des Mittelalters versteht sich als Ergänzung zum bildungstouristischen Angebot der Steirischen Literaturpfade des Mittelalters und bietet ein innovatives didaktisches Vermittlungsangebot, in dessen Zentrum die mittelalterliche Literatur der Steiermark steht. Das Textportal des Projekts bietet eine Online-Textausgabe, eine neuhochdeutsche Übersetzung und Unterrichtsmaterial zum Soliloquium Marie cum Jhesu.
Die Ausstellung zu 5 herausragenden Dichterpersönlichkeiten der (mittelalterlichen) Steiermark wurde vom Universitätsverein Steirische Literaturpfade des Mittelalters in Zusammenarbeit mit dem Sparkling Science Projekt Arbeitskoffer zu den Steirischen Literaturpfaden des Mittelalters gestaltet. Seit Mai 2016 werden poetische Botschaften und historische Lebenszeugnisse von Andreas Kurzmann und seinen Dichterkollegen Ulrich von Liechtenstein, Herrand von Wildon, Hugo von Montfort sowie dem Mönch Bruder Philipp von Seitz im Steiermärkischen Landesarchiv in Graz auf ganz besondere Weise in Szene gesetzt.
Die im Jahre 1926 im Grazer Moser-Verlag erschienene Anthologie enthält neben weiteren Mariendichtungen wie beispielsweise Bruder Philipps von Seitz oder Gundackers Auszüge aus zwei Texten von Andreas Kurzmann (Soliloquium, Speculum). Die Texte des Bandes wurden von Julius Franz Schütz zusammengetragen und ausgewählt, die Auszüge Kurzmanns folgen der Edition von Anton Emmanuel Schönbach. Textausgaben
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
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