Andreas Kriegenburg

Andreas Kriegenburg (geboren am 15. November 1963 in Magdeburg) ist ein deutscher Theaterregisseur.

Leben

Kriegenburg erlernte zunächst den Beruf des Modelltischlers und arbeitete in der Werkstatt des Maxim-Gorki-Theaters in Magdeburg als Tischler. Hier setzte seine Begeisterung fürs Theatermachen ein, und 1984 wurde er Regieassistent im kleinen Gerhart-Hauptmann-Theater in Zittau. 1988 erhielt er am größeren Kleist-Theater Frankfurt (Oder) neben den Assistenzen auch die Chance zu ersten eigenverantwortlichen Arbeiten als Regisseur.

Nach der Wende wechselte er 1991 zur Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz und war bis 1996 dort fester Regisseur. Er sorgte mit seinen Arbeiten neben Frank Castorfs Inszenierungen für frischen Wind in der deutschen Theaterlandschaft. Seine Inszenierung von Georg Büchners Woyzeck wurde für das Berliner Theatertreffen ausgewählt. Als Hausregisseur folgten die Stationen Niedersächsisches Staatstheater Hannover (1997–1999) und Burgtheater Wien (1999–2001).

Seit 2001 war Andreas Kriegenburg Oberspielleiter am Thalia-Theater in Hamburg. Neben seinen Arbeiten in Hamburg inszenierte er als Gast der Münchner Kammerspiele 2002 die Orestie von Aischylos, 2004 die Nibelungen von Friedrich Hebbel, 2006 Drei Schwestern von Anton Tschechow sowie 2008 Der Prozess nach Franz Kafka und wurde 2003, 2005, 2007 und 2009 mit diesen Inszenierungen zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Im Jahr 2006 gab er sein Debüt als Opernregisseur am Theater Magdeburg mit der Aufführung von Orpheus und Eurydike nach Christoph Willibald Gluck. Im September 2009 wechselte er zusammen mit Intendant Ulrich Khuon ans Deutsche Theater Berlin.

Kriegenburg arbeitete mit der Kostümbildnerin Andrea Schraad und – wenn er nicht selbst das Bühnenbild übernimmt – mit dem Bühnenbildner Harald B. Thor zusammen.

Seine Inszenierung Die Nibelungen an den Münchner Kammerspielen wurde mit dem begehrten Nestroy-Theaterpreis als beste deutsche Inszenierung des Jahres 2005 ausgezeichnet. Seine Inszenierung Das letzte Feuer am Hamburger Thalia Theater wurde mit dem Faust-Theaterpreis 2008 ausgezeichnet. Seine 3,5-Stunden-Inszenierung von Dea Lohers Stück Diebe am Deutschen Theater Berlin sorgte für großes Aufsehen bei einem Gastauftritt im Cameri-Theater Tel Aviv.[1]

2016 wurde Kriegenburg mit dem Europe Prize Theatrical Realities ausgezeichnet. Die von der Europäischen Kommission mit 30.000 Euro Preisgeld (verteilt auf alle fünf Gewinner) bestückte Auszeichnung ehrt Künstler oder Theater, die sich auf ebenso originelle wie innovative Weise um das Theater EU-Europas verdient gemacht haben.[2]

Ebenfalls seit 2016 arbeitet Andreas Kriegenburg als freier Regisseur.[3]

Über die Arbeit von Andreas Kriegenburg

„Kriegenburgs Theater ist körpersprachlich stark ausdifferenziert, Choreografie, Akrobatik, Tanz sind prägende Elemente. Wie kein anderer im Theater beherrscht er die Kunst des Slapsticks in all ihren Spielarten. Für Kriegenburg ist sie, wie bei Buster Keaton, seinem Vorbild, Ausdruck von Verlorenheit: ‚ein Ringen ums Überleben – das Hinfallen, um wieder aufzustehen, um wieder hinzufallen und wieder aufzustehen …‘ Nicht immer gelingt ihm dabei die Ökonomie der Mittel. Manchmal geht Kriegenburgs Fabulierlust mit ihm durch, verzetteln sich seine Einfälle im Kleinteiligen, Klamottigen, auch im allzu Artifiziellen. Seine besten Arbeiten jedoch stecken so voller Zärtlichkeit, Humor und trauriger Poesie, dass es einem das Herz abschnürt – vor Schmerz und vor Glück.“

Christine Dössel, Theaterkritikerin[4]

„Der Regisseur und Bühnenbildner Andreas Kriegenburg ist ein wahrer Visionär des Theaters – ein Künstler, dessen Drama sich aus bemerkenswerten und originären Bildern speist. Dennoch gibt es keinen singulären, klar zuordenbaren ‚Kriegenburg-Stil‘ – sein Schaffen ist äußerst vielfältig, sein visuelles Vokabular der jeweiligen Vorlage angepasst. Seine Anfänge am Theater waren bescheiden und praxisorientiert; er begann seine Tätigkeit als Bühnenarbeiter und Tischler, bevor er dazu überging, selbst Regie zu führen und schließlich seine eigenen Produktionen auch auszustatten. Schon früh konnte er erste Erfolge feiern – bereits mit 27 Jahren erregte er Aufmerksamkeit mit seiner Woyzeck-Produktion an der Volksbühne Berlin, die 1991 zum Theatertreffen eingeladen wurde.“

Sven-Eric Bechtolf, Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele

Auszeichnungen

  • 2005: Nestroy-Theaterpreis für eine „zukunftsweisende Leistung“ als beste deutsche Inszenierung des Jahres 2005 für seine Inszenierung „Die Nibelungen“ an den Münchner Kammerspielen
  • 2008: Deutscher Theaterpreis DER FAUST für seine Inszenierung „Das letzte Feuer“ am Hamburger Thalia Theater. Ebenfalls 2008 erhielt er für seine Vorlesungen, Regiestudiengänge, Workshops und Regie- und Schauspielabsolventen-Betreuungen die Professoren-Urkunde von Elmar Lampsonvon der Hamburger Theaterhochschule.
  • 2009: bester Autor des Jahres bei der Kritikerumfrage der Zeitschrift „Die Deutsche Bühne“ (mit einem der besten je erzielten Ergebnisse)
  • 2009: vom Magazin „Theater heute“ und einer aus 41 Theaterkritikern bestehenden Jury für das beste Bühnenbild für das Stück „Prozess“ nach Franz Kafka ausgezeichnet
  • 2010: für seine Inszenierung »Prinz Friedrich von Homburg« und die Uraufführung von Dea Lohers »Diebe« wurde er in der Jahresumfrage der Zeitschrift Theater heute zum Bühnenbildner des Jahres gekürt.
  • 2014: wählten 50 Musikkritiker aus Europa und Amerika bei einer Umfrage des Branchenblattes Opernwelt seine Inszenierung von Bernd Alois Zimmermanns „Die Soldaten“ an der Bayerischen Staatsoper München zur Aufführung des Jahres.
  • 2016: Europäischer Theaterpreis: „XIII Europe Prize Theatrical Realities“ für „besondere Impulse für das europäische Theater“ im Anschluss an das Gastspiel von „Nathan der Weise“ im rumänischen Craiova.[2][5]

Inszenierungen

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Haaretz vom 20. März 2012: Theatrical revolution – A German production at the Cameri used a large wheel to move both its set and the actors, to stunning effect.
  2. a b Europäische Theaterpreise verliehen: Radikaler Neudeuter, sanfter Revolutionär, nachtkritik.de vom 18. März 2016
  3. Profil Andreas Kriegenburg, nachtkritik.de, abgerufen am 19. Mai 2019
  4. Porträt: Andreas Kriegenburg (Memento vom 23. Juli 2010 im Internet Archive)
  5. Press Release: XV Europe Theatre Prize and XIII Europe Prize Theatrical Realities (Memento vom 13. Januar 2020 im Internet Archive) (PDF 1,1 MB), premio-europa.org vom 14. März 2016, abgerufen am 3. Mai 2023 (englisch)