Der Bereich des Amt geht auf die stiftshildesheimische Burg in Ruthe und ihr Zubehör zurück. Erbaut wurde sie um 1280 durch Bischof Siegfried II. vielleicht an der Stelle einer Vorläuferanlage am Zusammenfluss von Innerste und Leine. Seit 1379 ist eine Vogtei (Amt) mit Sitz in Ruthe belegt, die im 14. und 15. Jahrhundert mehrfach verpfändet war. Im Bereich der Vogtei überschnitten sich hildesheimische und welfische Ansprüche. Nach der Zerstörung der Burg in der Hildesheimer Stiftsfehde und der Abtretung an das Fürstentum Calenberg wurde das Amt von Koldingen aus verwaltet. 1643 kehrte es unter hildesheimische Herrschaft zurück (während Koldingen welfisch blieb) und wurde nach dem Neubau der Amtsgebäude wieder Verwaltungssitz. Während die Verwaltungsgeschäfte zunächst in den Händen eines Amtmanns lag, übernahmen die Drosten im 18. Jahrhundert die Verwaltung selbst. 1802 kam das Amt unter preußische, 1807 westphälische Herrschaft. 1815 wurde es in seinem alten Umfang wiederhergestellt, 1859 aufgehoben und in das Amt Hildesheim eingegliedert.
Amtshaus
Sitz der Amtsverwaltung war bis zu ihrer Zerstörung die Burg in Ruthe. Mit dem Untergang der Burg verschwand auch der zugehörige Wirtschaftshof. Die Verwaltung wurde von Koldingen aus wahrgenommen. An der Stelle der ehemaligen Burganlage stand 1593 nur noch ein Viehhaus. Nach der Restitution des Amts im Braunschweiger Rezess von 1643 ließ die Stiftsregierung auf dem alten Burgplatz ein schlichtes Herrenhaus als Amtshaus errichten.
Gemeinden
Die folgende Tabelle listet alle Gemeinden auf, die dem Amt Ruthe von 1643 bis 1807 und wieder von 1816 bis 1858 angehört haben und ihre Gemeindezugehörigkeit heute. Dazu zählten eine Stadt, 14 Dörfer und das Amtshaus bei der ehemaligen Burg Ruthe. In Spalte 2 ist die Anzahl aller Haushalte im Jahre 1760 verzeichnet, und zwar Freie Häuser, Vollhöfe, Halbspännerhöfe, Viertelspännerhöfe, Großköthnerhöfe, Kleinköthnerhöfe und Brinksitzer zusammengenommen (im Original jeweils einzeln aufgeführt). In Spalte 3 ist die Einwohnerzahl im Jahr 1910 verzeichnet, in Spalte 4 die heutige Gemeindezugehörigkeit, in Spalte 5 Anmerkungen, die zumeist auf den Anmerkungen im Original 1760 bei Büsche beruhen.[1][2][3][4]
1790–1802: Maximilian Werner Reichsgraf von Wolff-Metternich
Amtmänner
1630–1631: Barwart Langeheine
1643–1645: Valentin Kurtzrock
1645–1686: Theobald (Theodor) Kurtzrock
1686–1689?: Max Heinrich von Kurtzrock
1818–1845: Conrad Heinrich Georg Soest, Hofrat
1845–1859: Christian Friedrich Theodor von Ompteda, Regierungsrat
Literatur
Hans Goedeke: Erbregister der Ämter Ruthe und Koldingen von 1593 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 24), Hildesheim 1973
Iselin Gundermann, Walther Hubatsch: Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Reihe A: Preußen, Band 10: Hannover. Marburg (Lahn) 1981
Manfred Hamann: Übersicht über die Bestände des Niedersächsischen Hauptstaatsarchivs in Hannover. Dritter Band: Mittel- und Unterbehörden in den Landdrostei- bzw. Regierungsbezirken Hannover, Hildesheim und Lüneburg bis 1945. Göttingen 1983, S. 300f.
Thomas Klingebiel: Ein Stand für sich? Lokale Amtsträger in der frühen Neuzeit: Untersuchungen zur Staatsbildung und Gesellschaftsentwicklung im Hochstift Hildesheim und im älteren Fürstentum Wolfenbüttel. Hannover 2002, S. 689–694