Das Kirchspiel Marienberg gehörte ursprünglich zur Herrschaft zum Westerwald und kam ab 1255 zu verschiedenen Linien des Hauses Nassau. Dort gehörte es bis 1782 zum Amt Beilstein. Nachdem 1743 die Oranischen Lande im Heiligen Römischen Reichs unter der Linie von Nassau-Diez zusammengeführt wurden, kam es dort 1782 zu einer Verwaltungsreform. Dabei wurde das Amt Beilstein aufgelöst und Marienberg erhielt einen eigenen Amtssitz.[1] Der Amtsbereich von Marienberg bestand aus:[2]
Als 1806 unter Druck Napoleons der Rheinbund entstand und das Ende des Heiligen Römischen Reichs besiegelte, weigerte Oranien-Nassau sich diesem beizutreten. Infolgedessen fiel das Amt 1806 an das Großherzogtum Berg und somit an Napoleons Schwager Joachim Murat, der eine Verwaltungsgliederung nach revolutionär-französischem Vorbild einführte. Die Ämter wurden aufgelöst und stattdessen Arrondissements, Kantone und Departements eingerichtet. Marienberg wurde dem Kanton Rennerod im Arrondissement Dillenburg des Départements Sieg zugeteilt und hatte nur noch die Funktion einer Bürgermeisterei.[2] Bald nach der Völkerschlacht bei Leipzig löste sich das Großherzogtum auf und Nassau-Oranien erhielt seine Gebiete wieder zurück. Nach der Rückgabe an Oranien-Nassau wurden 1813 daraus die bisherigen oranischen Ämter in alter Form wieder eingerichtet.
Herzogtum Nassau
Nach den Befreiungskriegen trat am 31. Mai 1815 Oranien die Erblande an Preußen ab. Wie im Wiener Kongress vereinbart, tauschte Preußen wiederum die Gebiete mit dem, im Jahr 1806 aus Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg entstandenen, Herzogtum Nassau. Um das durch die verschieden zwischen 1803 und 1815 hinzugewonnenen Gebiete des Herzogtums sinnvoll zu integrieren, wurde durch die sogenannte Ibell’sche Verwaltungsreform eine Neueinteilung der Ämter vorgenommen. Diese trat am 1. Juli 1816 in Kraft. Dabei wurde das Amt Marienberg um einige Orte erweitert und jetzt eines von 28 Ämtern im Herzogtum Nassau.
Es bestand jetzt bis 1866 aus:
Unnau: 290 Einwohner in 80 Familien; „Braunkohlewerk.“
Urdorf: 109 Einwohner in 26 Familien; „Hülpisch- und Bruchmühle, Braunkohlenwerk.“
Weisenberg: 156 Einwohner in 34 Familien,
Willingen: 274 Einwohner in 65 Familien.
Zinnhain: 110 Einwohner in 26 Familien.
Im Jahr 1836 wurde das Amt Marienberg wie folgt beschrieben:[4]
„Das Amt Marienberg hat einen Flächenraum von 44.125 Morgen, hiervon kommen 178 Morgen auf Gebäudestellen, nur 34 Morgen auf Gärten, 20.476 Morgen auf das Ackerland, 10.427 Morgen auf Wiesen, 44 Morgen auf Weiher, 7.101 Morgen auf die Waldungen, 5.182 Morgen auf Dreschland und Waideplätze und 683 Morgen sind nicht besteuert. Dieses Amt, welches auf dem Westerwalde liegt, hat keine Ortschaft, in welcher 600 Einwohner wären. Der Amtssitz Marienberg unter 25° 37' 10" Länge und 50° 9' Breite.“
– Vollrath Hoffmann: Deutschland und seine Bewohner
Der Staats- und Adreß-Handbuch des Herzogthums Nassau. 1847 gibt folgendes an:[5]
Flächengehalt: 44.125 Steuernormalmorgen, nämlich: 178 M. Gebäudestellen, 34 M. Gärten, 20.477 M. Ackerland, 10.427 M. Wiesen, 44 M. Weiher, 7101 M. Waldungen, 5182 M. Trieschland und Weideplätze etc., 683 M. nicht besteuerte Liegenschaften.
Politische Eintheilung: 39 Gemeindebezirke, bestehend aus 43 Ortschaften mit einem einzelnen Haus und 21 Mühlen. #Bevölkerung: 2219 Familien in 1484 Wohnhäusern und 9094 Einwohner, nämlich 5614 evangelisch-christliche und 3480 Katholiken.
Viehbestand: 88 Pferde, ein Esel, 7127 Stück Rindvieh, 17 Schafe, 929 Schweine, 165 Ziegen und 224 Bienenstöcke.
Gewerbe: 14 Bäcker, 2 Bader, 6 Bierbrauer, 3 Blechschmiede, 42 Branntweinbrenner, ein Buchbinder, 5 Drechsler, 19 Grobschmiede, 1645 Gutsbesitzer, 7 Klein- und Großhändler, 38 Kleinkrämer, 5 Küfer, 11 Leinenweber, ein Lohgerber, 21 Mahlmühlen, 4 Maurer, 7 Metzger, 17 Nagelschmiede, 5 Oelmühlen, 6 Pferdeverleiher und Hauderer, ein Sattler, ein Scheerenschleifer, 28 Schneider, ein Schneidmühle, 7 Schön- und Blaufärber, 3 Schornsteinfeger, 34 Schreiner, 30 Schuhmacher, 3 Strohdecker, 206 Taglöhner, 7 Wagner, 71 Wirthe, ein Zimmermann etc.
Betrag eines Steuersimplums: 3349 fl. 17 kr., nämlich 2012 fl. 20 kr. Grund-, 896 fl. 47 kr. Gebäude- und 1015 fl. 26 kr. Gewerbesteuer.
Amtmann: Carl August Sell.
Nach der Märzrevolution im Jahr 1848 wurde die Verwaltung neu geordnet. Mit Gesetz vom 4. April 1849 wurden in Nassau Verwaltung und Rechtsprechung auf unterer Ebene getrennt. Die Reform trat zum 1. Juli 1849 in Kraft.[6] Für die Verwaltung wurden zehn Kreisämter gebildet, die Ämter als Justizämter (also Gerichte der ersten Instanz) weitergeführt. Die Verwaltungsaufgaben des Amtes Marienberg wurden vom Kreisamt Hachenburg wahrgenommen, die Rechtsprechung vom Justizamt Marienberg. Die Reform wurde jedoch bereits am 1. Oktober 1854 wieder rückgängig gemacht, die Kreise wieder abgeschafft und die vorigen Ämter wiederhergestellt.[7]
Kurz vor der Annektierung durch Preußen gibt des Staats- und Adreß-Handbuch des Herzogthums Nassau. 1866[8] folgendes an:
Flächengehalt: 45.359 Morgen, nämlich: 233 M. Gebäudestellen, 64 M. Gärten, 19.943 M. Ackerland, 10.132 M. Wiesen, 44 M. Weiher, 8672 M. Waldungen, 5147 M. Trieschland und Weideplätze etc., 1124 M. nicht besteuerte Liegenschaften.
Politische Eintheilung: 39 Gemeindebezirke, bestehend aus 43 Ortschaften, mit Einhaus und 22 Mühlen; 2 Eisenstein- und 8 Braunkohlengruben.
Bevölkerung, nach der Zählung am Schlüsse des Jahres 1865: 2374 Familien in 1573 Wohnhäusern, und 9626 Einwohner, nämlich: 5908 evangelisch-christliche, 3717 Katholiken und ein Mennonit.
Betrag eines Steuersimplums: 3509 fl. 65 kr., nämlich: 2413 fl. 54 kr. Grund- und Gebäudesteuer und 1096 fl. Gewerbesteuer.
Amtmann: Franz August Theodor Wißmann.
Amtsortschaften:
Amtsgemeinde
Fam- ilien
Ein- wohner
1. Marienberg, Amtssitz, eine Lohmühle.
160
679
2. Ailertchen.
80
306
3. Bach, die Ober- und Untermühle.
34
175
4. Bellingen.
66
246
5. Bölsberg.
45
165
6. Bretthausen.
58
205
7. Büdingen, eine Mühle.
53
223
8. Dreisbach.
73
316
9. Eichenstruth, die Brücken-, Mahl-, Oel- und die Neumühle.
39
139
10. Enspel, Todtenbergermühle.
27
100
11. Erbach, eine Mahl- und Oelmühle.
52
202
12. Fehl und Ritzhausen, eine Mühle.
72
308
13. Großseifen.
60
239
14. Hahn, die Hardtermühle.
46
207
15. Hardt.
44
187
16. Hinterkirchen.
18
64
17. Hintermühlen, zwei Mühlen, das Einhaus.
32
126
18. Höhn und Urdorf, die Eisenburger-, Hülpisch- und Bruchmühle.
160
665
19. Hölsenhausen.
25
100
20. Hof, eine Mahlmühle.
151
651
21. Kackenberg.
54
242
22. Langenbach, die Ober- (Mahl-, Schneid- und Oel-) und die Sterkenmühle.
65
274
23. Langenhahn, eine Kapelle.
42
167
24. Liebenscheid, die Ober- und Untermühle.
94
365
25. Löhnfeld.
32
127
26. Oellingen.
81
351
27. Pfuhl.
42
202
28. Püschen.
24
96
29. Rotzenhahn, die Stockumer Mühle.
53
191
30. Schönberg.
36
170
31. Stangenroth.
47
191
32. Stein und Neukirch.
103
428
33. Stockhausen mit Illfurth.
66
249
34. Stockum, eine Mühle.
25
180
35. Todtenberg.
23
85
36. Unnau, eine Mühle.
104
433
37. Weisenberg.
37
136
38. Willingen.
90
366
39. Zinnhain.
40
170
Preußen
Mit der Annexion Nassaus durch Preußen werden auch die Ämter in ihrer alten Form aufgelöst und durch Kreise ersetzt. Das Amt Marienberg bildete im Jahr 1867 gemeinsam mit den Nachbarämtern den Oberwesterwaldkreis. Erst im Rahmen dieser Neuordnung wurden Verwaltung und Rechtsprechung getrennt. Für die Rechtsprechung in erster Instanz, die bisher durch das Amt vorgenommen wurde, wurde zunächst die richterlichen Beamte in den Ämtern zuständig und zum 1. September 1867 das Amtsgericht Marienberg gebildet.[9]
Auch nach der Kreisgründung blieb die bisherige Amtsstruktur erhalten. Die Königliche Verordnung vom 22. Februar 1867 regelte, dass „die Amtsbezirke als engere Verwaltungsbezirke in ihrer bisherigen Begrenzung bestehen“ bleiben.[10] Die ehemaligen Ämter bildeten die vier Bezirke des Kreises. Gemäß § 13 der Kreisverfassung entsendeten die Bezirke die ehemaligen Ämter jeweils sechs Vertreter in den neuen Kreistag. Der Amtmann hatte die Aufsicht über die Ortspolizei und Organ des Landrates.
Mit der Verwaltungsreform von 1885/1886 gehörten die Amtsstrukturen endgültig der Vergangenheit an.[11]
↑Gesetz vom 4. April 1849 (VBl S. 87); Gesetz, die Vollziehung des Gesetzes über die Trennung der Rechtspflege von der Verwaltung in der unteren Instanz betreffend vom 31. Mai 1849, (VBl S. 409).