AktienanleiheEine Aktienanleihe (auch Aktienandienungsanleihe, englisch reverse convertible bond oder englisch equity linked bond) ist ein strukturiertes Finanzprodukt und enthält ein eingebettetes Derivat, durch das der Emittent das Recht erhält, am Ende der Laufzeit entweder den Nominalbetrag zu 100 % zurückzuzahlen oder eine bestimmte Anzahl an (vorher festgelegten) Aktien zu liefern. Zusätzlich erhält der Anleger eine oder mehrere Kuponzahlungen. Der Zinssatz des Kupons ist in der Regel deutlich höher als bei einer herkömmlichen Standardanleihe. AllgemeinesIst der Basiswert eine Aktie, spricht man von einer Aktienanleihe. Ist die Rückzahlung abhängig von der Entwicklung eines Börsenindex (z. B. des DAX), handelt es sich um eine Indexanleihe. Pendant ist die Wandelanleihe, bei der jedoch nicht der Emittent, hier eine AG, sondern der Käufer (innerhalb einer definierten Frist) zur Umwandlung in Aktien berechtigt ist. Aktienanleihen sind aus Sicht des Emittenten Instrumente zur Kapitalbeschaffung, als Grundlage für Handelsaktivitäten und zur Kurssicherung für eigene oder die Wertpapiere Dritter. Für den Anleger sind sie Kapitalanlagen mit hohem Zinsertrag, und – im Vergleich mit Standardanleihen – mit hohem Kursrisiko verbunden. Konstruktion und Funktionsweise einer AktienanleiheEine Aktienanleihe ist ein Zertifikat, in dem eine festverzinsliche Anleihe mit festgelegtem Nominalbetrag (z. B. 1000 Euro) mit dem Wahlrecht des Emittenten zur Tilgung der Anleihe gekoppelt ist: Der Emittent kann am Laufzeitende wählen, ob er den Nominalbetrag zurückzahlt oder eine vorher festgelegte Anzahl (Bezugsmenge oder Ratio genannt) bestimmter Aktien („Basiswert“) liefert. Abhängig vom Kurs des zu Grunde liegenden Wertpapiers am Bewertungsstichtag (kurz vor dem Ende der Laufzeit) im Vergleich zum „Basispreis“ (auch Ausübungspreis, Andienungsschwelle oder Strike genannt) wird der Emittent bei niedrigerem Aktienkurs Aktien liefern („andienen“), andernfalls den Nominalbetrag zurückzahlen. Von einem über den Basispreis steigenden Aktienkurs kann der Anleger bei Fälligkeit nicht partizipieren; der Rückzahlungsbetrag ist auf die Höhe des Nominalbetrags begrenzt („gedeckelt, Cap“). Der Anleger wird damit implizit zum Stillhalter einer Verkaufsoption („Put“) und sichert für den Emittenten im Fall Aktienkurs niedriger als Basispreis bei Fälligkeit das Kursrisiko für Aktien des Basiswerts in unbegrenzter Höhe – bis zum Totalverlust. Im Gegensatz zum klassischen Put wird der abgesicherte Basispreis an den Optionsinhaber (den Emittenten der Anleihe) nicht bei Ausübung gezahlt, sondern bereits mit dem Kaufpreis der Aktienanleihe beim Erwerb. Der Kaufpreis einer Aktienanleihe ergibt sich aus dem Nominalbetrag der Anleihe multipliziert mit ihrem aktuellen Kurs in Prozent. Bei Emission der Aktienanleihe wählt die emittierende Bank den Basispreis häufig nahe am aktuellen Kurs der unterliegenden Aktie, sodass die Aktienanleihe bei 100 % notiert. Während der Laufzeit der Anleihe orientiert sich ihr Kurs i. W. am Kurs der Basisaktie, dessen Verlauf und Volatilität – mit u. U. erheblichen Kursrückgängen. Weiterhin sind im Kurs meist die zu erwartende Rendite aus den Zinsen für die Restlaufzeit und/oder veränderte Risikoabschätzungen (z. B. für den Aktienkurs oder die Emittentenbonität) eingerechnet. Die Aktienanleihe kann über eine „Zeichnung“ (im Rahmen der Emission) erworben oder zu einem späteren Zeitpunkt – zu dem dann jeweils gegebenen Kurs – gekauft und verkauft werden. Gehandelt werden stets ganze Anleihen (1 Stück) oder ein Vielfaches davon. Bei der Emission der Anleihe wird ein Zinssatz festgelegt, der dem Anleger zu festgelegten Zinsterminen und/oder bei Fälligkeit der Anleihe (sowohl bei Rückzahlung des Nominalbetrags als auch bei Aktien-Andienung) gezahlt wird. Der gegenüber einer marktüblichen Verzinsung höhere Zinssatz ergibt sich u. a. weil eine Stillhalter-Optionsprämie eingerechnet ist. Zinsen werden aus dem Nominalbetrag der Anleihe berechnet. Beim Kauf einer Anleihe nach dem Emissionszeitpunkt werden dem Käufer in der Regel die seit dem Emissionstermin bzw. dem letzten Zinstermin angefallenen Stückzinsen belastet. Am darauf folgenden Zinstermin, bei einem vorzeitigen Verkauf der Anleihe oder bei deren Fälligkeit erhält der Anleger die Zinsen für den Zinszeitraum seit dem letzten Zinstermin, also inkl. evtl. beim Kauf gezahlter Stückzinsen. Die Bank als Emittent der Anleihe verwendet den gezahlten Kaufpreis im Rahmen ihres Geschäftsmodells, z. B. durch Kreditvergabe, eigene verzinsliche Anlagegeschäfte oder andere Bankaktivitäten. Mit der erworbenen Verkaufsoption kann sie z. B. eigene Aktien gegen Kursverluste absichern oder anderen Kunden Verkaufsoptionen anbieten – um deren Aktienbestände abzusichern oder zu Spekulationszwecken; dafür erhält sie selbst eine Optionsprämie. Konstellationen bei FälligkeitDer Basispreis der Aktienanleihe und der Kurs der Aktie am Bewertungsstichtag bestimmen bei Laufzeitende die Form der Tilgung:
Berechnung des ErfolgsGewinn aus der Aktienanleihe entsteht, wenn (bei Fälligkeit) die Summe aus dem Gegenwert erhaltener Aktien inkl. evtl. Barabgeltung bzw. dem erhaltenen Nominalbetrag oder (bei vorzeitigem Verkauf) dem erzielten Kurswert für die Anleihe plus (in beiden Szenarien) den erhaltenen Zinsen und gezahlter Provisionen etc. höher ist als der beim Erwerb gezahlte Betrag; Verlust im umgekehrten Fall. Für den Anleger ergibt sich also der Erfolg aus den folgenden, mit plus (+) bzw. minus (-) gekennzeichneten Komponenten:
Werden bei Fälligkeit erhaltene Aktien vorläufig „gehalten“ und erst mit zeitlichem Abstand zur Fälligkeit verkauft (ggf. in mehreren Teilen), so kann, abhängig von späteren Kursverläufen der Aktien der Erfolg aus der Anleihe nachträglich höher werden (bei Kurserholung), aber auch (bei weiteren Kursverlusten) geringer werden. Dies wird auch steuerlich (Abgeltungssteuer) so behandelt. Für die verlängerte Haltedauer entsteht erneut ein Kursrisiko. Weitere Formen von AktienanleihenNeben der Standardform treten im Markt weitere Typen von Aktienanleihen auf. Hierzu sind die nachfolgenden Beschreibungen nur Anhaltspunkte, die in konkreten Fällen von den Emittenten anders definiert sein können:
Während der Laufzeit der Anleihe können die Stückzinsen über die Sonderform flat Notiz behandelt werden. Dies bedeutet, dass die Zinsen nicht gesondert berechnet werden (zu zahlen beim Kauf, vergütet beim Verkauf), sondern dass der zeitanteilige Zinsbetrag im jeweiligen Kurswert der Anleihe eingerechnet wird. In manchen Ländern oder abhängig vom Emittenten ist diese Form der Stückzinsbehandlung Standard. KennzahlenIm Handel mit Aktienanleihen werden verschiedene Finanzkennzahlen verwendet:
Steuerliche BehandlungAktienanleihen werden in Deutschland seit Einführung der Abgeltungsteuer nicht mehr gegenüber den in der Struktur ähnlich aufgebauten Discountzertifikaten benachteiligt. Für nach 2008 erworbene Aktienanleihen gelten folgende Regelungen (für alte Bestände gelten Sonderregeln):
Risiken im Vergleich zur Anlage in den BasiswertBei einer Abwägung zwischen der Investition direkt in den Basiswert (bei einer Aktienanleihe also direkt in die Aktie) und in die Aktienanleihe gilt folgende Risikostruktur:
Kauf einer AktienanleiheDas Risiko einer Aktienanleihe ist nur etwas geringer als bei einer Direktanlage in den Basiswert. Der Anleger wird an Verlusten nahezu vollständig, an Gewinnen jedoch nur begrenzt beteiligt, weil der Gewinn nach oben „gedeckelt“ ist. Es empfiehlt sich daher, diese Produkte nur in Erwartung moderat steigender bzw. gleich bleibender Kurse zu erwerben. Der wesentlich höhere Zinssatz (Kupon) ist allerdings ein Risikopuffer für Verluste aus einer negativen Kursentwicklung der Aktie, weshalb Aktienanleihen auch oft mit Discountzertifikaten verglichen werden. Da sich Gewinne und Verluste im Wesentlichen aus der Entwicklung des Basiswertes ergeben, ist eine gründliche Informationsbeschaffung hinsichtlich des Basiswertes enorm wichtig. Literatur
Einzelnachweise
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