Adolph KniggeAdolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge (* 16. Oktober 1752 in Bredenbeck bei Hannover; † 6. Mai 1796 in Bremen) war ein deutscher Schriftsteller und Aufklärer. Von 1780 bis 1784 war er ein führendes Mitglied des Illuminatenordens. Bekannt wurde er vor allem durch seine Schrift Über den Umgang mit Menschen. Sein Name steht heute stellvertretend, aber irrtümlich, für Benimmratgeber, die mit Knigges eher soziologisch ausgerichtetem Werk im Sinne der Aufklärung nichts gemeinsam haben. LebenHerkunft und KindheitEr war ein Spross der uradligen niedersächsischen, allerdings verarmten Adelsfamilie Knigge.[1] In seinem Geburtsort Bredenbeck am Ostrand des Deisters besaß bereits um 1338 der Ritter Hermann Knigge ein Schloss. Mit herzoglicher Erlaubnis wurde es zur mächtigsten Wasserburg des Calenberger Landes ausgebaut. Die Burg brannte 1550 ab und wurde noch wehrhafter wiederaufgebaut. Sein Vater war Carl Philipp Freiherr Knigge (1723–1766) und seine Mutter Louise Wilhelmine (1730–1763), die Tochter des Kammerjunkers Friedrich Wilhelm Freiherr Knigge aus Weimar. Knigge wuchs in Bredenbeck auf, wo er standesgemäß erzogen wurde. Seine Mutter verstarb, als er elf Jahre alt war, sein Vater, als er 14 war. Als Waise erbte er Schulden in Höhe von 130.000 Reichstalern. Die Gläubiger nahmen das Anwesen unter Zwangsverwaltung und gestanden ihm eine jährliche Rente von 500 Reichstalern zu. AusbildungIm Alter von 14 Jahren wurde das elternlose Kind von seinem Vormund nach Hannover zur Erziehung durch Privatunterricht geschickt. Er studierte von 1769 bis 1772 Jura und Kameralistik in Göttingen. In seiner Göttinger Studienzeit gehörte er – belegt durch Stammbuchblätter – der Gustav-Loge im unzertrennlichen Concordienorden an, die mit dem Studentenorden C.e.T.[2] verbunden war. Sein Logenname war „Philo“.[3] Berufstätigkeit1771 wurde Knigge vom Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel zum Hofjunker und Assessor der Kriegs- und Domänenkammer zu Kassel ernannt. Dieses Amt bekleidete er nur kurz, weil er sich „durch amtliche und gesellige Misshelligkeiten unmöglich machte“. 1776 erhielt er eine weitere Anstellung an einem Fürstenhof. Herzog Carl August von Sachsen-Weimar ernannte ihn zum weimarischen Kammerherrn, wo er „als gern gesehener Kurzweilmacher viel am dortigen Hofe verkehrte“. Zwischen 1777 und Spätherbst 1780 lebte Knigge am Herrschaftlichen Hof des Erbprinzen und späteren Kurfürsten Wilhelm in Hanau, wo er eine Reihe von Schriften veröffentlichte und – bis er aufgrund verschiedener Vorfälle in Ungnade flüchten musste – offenbar ein recht angenehmes und vom Erbprinzen finanziertes Hofleben führte. Das Dasein eines Höflings war dem Freigeist Knigge aber zuwider, in seinem 1785 abgeschlossenen satirischen Roman Geschichte Peter Clausens verhöhnte er die seinem Urteil nach „erbärmlichsten Hofschranzen“ und das ganze „Hofgeschmeisse“. Ab 1780 lebte Knigge daher in Frankfurt am Main, um sich seinen schriftstellerischen Projekten und der Arbeit in verschiedenen Logen und Geheimbünden zu widmen. 1783 zog er nach Heidelberg, später ging er nach Hannover zurück, um sich um seine Güter zu kümmern. Von 1790 an lebte er bis zu seinem Tode in Bremen, wo er aus Geldnot das Amt eines Oberhauptmanns der großbritannisch-hannoverschen Regierung übernahm. Darüber hinaus engagierte er sich im Kulturleben der Stadt und förderte ein Liebhabertheater, bis ihn ab 1795 Nervenfieber und Gallensteine ans Bett fesselten. Familie1773 heiratete er die Hofdame Henriette von Baumbach (1749–1808), angeblich, weil Landgräfin Philippine von Brandenburg-Schwedt ihn dazu genötigt hatte: Kurz zuvor hatte er die Hofdame durch den als Scherz gemeinten Diebstahl ihres Schuhs bei Hofe bloßgestellt. Knigge zog mit ihr und der nach der Landgräfin benannten Tochter Philippine Auguste Amalie (1775–1841) auf das Gut Baumbach in Nentershausen. Seine Tochter schrieb auch unter seiner Anleitung Versuch einer Logic für Frauenzimmer (1789) sowie eine Kurzbiografie über ihren Vater (1823). EinzelheitenDas „von“ im NamenOb Knigges Geburtsname das Adelsprädikat „von“ enthielt, ist umstritten. In seinen Büchern taucht es je nach Erscheinungsjahr und Herausgeber teils auf, teils nicht. Nach Ansicht des Genealogischen Handbuchs des Adels gehört die Familie Knigge zum niedersächsischen Uradel, hatte jedoch nie ein „von“ im Namen. Der korrekte Name laute daher „Adolph Freiherr Knigge“.[4] In dieser Form steht der Name auch auf der Grabplatte des Freiherrn Knigge im Bremer St.-Petri-Dom. Nach der Darstellung von Knigges Biograph Karl-Heinz Göttert ist Knigge aber als „Adolph Freiherr von Knigge“ geboren worden. Das „von“ habe er als Anhänger der Französischen Revolution 1789 nach Abschaffung des Adels in Frankreich abgelegt.[5] Logen und OrdenKnigge schloss sich 1773 der Strikten Observanz an, aufgrund seiner begrenzten finanziellen Mittel gelang es ihm allerdings nicht, in den engeren Führungszirkel des elitären Ordens aufzusteigen. In Kassel wurde Knigge in die Freimaurerloge Zum gekrönten Löwen aufgenommen. In Hanau war er Mitglied der Loge Wilhelmine Caroline. Als Eques a cygno (lat.: Schwanenritter) korrespondierte er mit deren Führern und mit denen des Ordens der Gold- und Rosenkreuzer. Im Dienst der Freimaurerei war er viel auf Reisen. Auf den Konventen der Strikten Observanz in Braunschweig, Wolfenbüttel und Wilhelmsbad setzte er sich für Reformen ein. Desillusioniert und schwer enttäuscht von seinen Kontakten im Umfeld der Freimaurerei,[6] schloss er sich über Marquis Constanzo 1780 unter dem Decknamen „Philo“ zusätzlich dem radikalaufklärerischen Illuminatenorden an.[7] Knigge hatte den Auftrag, den Orden in Norddeutschland aufzubauen, wobei es dem rastlosen und geschickten Organisator gelang, rund 500 Mitglieder anzuwerben, in der Hauptsache Adlige und Intellektuelle. Durch den von Knigge angeworbenen Johann Christoph Bode wurde sogar Johann Wolfgang von Goethe gewonnen. Im Auftrag des Ordensgründers Adam Weishaupt veröffentlichte er 1781 anonym die Polemik Ueber Jesuiten, Freymaurer und deutsche Rosenkreuzer, in der er die Verschwörungstheorie verbreitete, die Strikte Oberservanz und die Rosenkreuzer seien insgeheim Instrumente des 1773 aufgelösten Jesuitenordens, mit denen dieser seine gegenaufklärerischen Ziele verfolge.[8] Nach heftigen Machtkämpfen mit Bode und Weishaupt wurde Knigge 1784 wieder ausgeschlossen. Rückblickend meinte er, die von ihm erhoffte „Erneuerung des geistigen Lebens der Nation“ durch den Orden sei nicht durchführbar gewesen. Zudem war er an der Ausarbeitung der Grundlagen des Eklektischen Bundes beteiligt. Zeit seines Lebens befasste sich Knigge mit verschiedenen Projekten egalitärer Männer- und Freundschaftsbünde; noch kurz vor seinem Tode entwarf er 1795 das Manifest eines Patriotischen Bundes. Diese vielfältigen Tätigkeiten, vor allem die prominente Rolle, die er im kurz nach seinem erzwungenen Austritt aufgelösten Illuminatenorden gespielt hatte, machten Knigge nach der Französischen Revolution der Obrigkeit verdächtig. Er galt als gefährlicher Demokrat und Jakobiner. 1796 schickte ihm die Wiener Geheimpolizei unter dem Namen des Ex-Illuminaten Aloys Blumauer gefälschte Briefe in der Hoffnung, aus Knigges Antwortschreiben Einblick in das Netzwerk der deutschen Anhänger der Französischen Revolution zu erhalten. ErinnerungKnigges Grab befindet sich im Bremer Dom. Der Levester Familienzweig der Knigges wurde Lehnsnachfolger und übernahm die Burg, die heute als Gutshof im Besitz der Familie Knigge steht. Anlässlich seines 250. Geburtstages gab die Deutsche Post eine Sonder-Briefmarke im Jahr 2002 heraus. Nach Knigge sind der Kniggeweg in Bremen-Oberneuland benannt sowie weitere Straßen unter anderem in Hamburg-Wilstorf, Hannover-Nordstadt und München-Waldperlach. In seiner Universitätsstadt Göttingen wurde er 2014 mit einer der Göttinger Gedenktafeln am Michaelishaus geehrt. Über den Umgang mit Menschen1788 erschien die erste Ausgabe seines wohl bekanntesten Werkes Über den Umgang mit Menschen (heute einfach kurz als „Knigge“ bekannt). Knigge beabsichtigte damit eine Aufklärungsschrift für Taktgefühl und Höflichkeit im Umgang mit den Generationen, Berufen, Charakteren, die einem auch Enttäuschungen ersparen sollte. Man kann seine durchdachten und weltkundigen Erläuterungen sehr wohl als angewandte Soziologie würdigen, was in den Abschnitten Über den Umgang mit Kindern, Über den Umgang mit Ärzten, Über den Umgang mit Jähzornigen, Über den Umgang mit Schurken und nicht zuletzt Über den Umgang mit sich selbst deutlich wird. Irrtümlicherweise wurde dieses Buch späterhin als Benimmbuch missverstanden, oft nur nach Hörensagen. Dieses Missverständnis verstärkte bereits der Verlag, indem er nach dem Tode von Knigge das Werk um Benimmregeln erweiterte. Außerdem ist bekannt, dass etwa alle zehn Jahre eine neue Ausgabe herausgegeben wurde – hauptsächlich mit Kleiderregeln. Heute erwartet man von einem „Knigge“ meist Hinweise, wie man Rot- zu Weißweingläsern beim gedeckten Tisch zueinander gruppiert; derlei überging Knigge selbst jedoch völlig. Moritz Freiherr Knigge gab im Jahre 2004 in der Intention einer zeitgemäßen Adaption eine moderne Fassung des bekanntesten Werkes unter dem Titel Spielregeln. Wie wir miteinander umgehen sollten heraus. Der Persephone Verlag veröffentlichte 2017 eine Version des Werkes, die der Verlag als „Übersetzung in modernes Deutsch“ bezeichnet und eine sprachlich modernisierte Version des Originals darstellt (ISBN 978-3-9524729-2-7). WerkeSchriften
Im März 2010 gab der Wallstein Verlag, Göttingen, eine Auswahl seiner Schriften unter dem Titel Werke heraus (ISBN 978-3-8353-0410-9). Die vier Bände im Schuber wurden in Zusammenarbeit mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt, und der Wüstenrot Stiftung zusammengestellt und von Sibylle Lewitscharoff eingeleitet. Kompositionen
Bibliographie
LiteraturÜbersichten
Biografien und Einführungen
Studien zu Einzelaspekten
WeblinksCommons: Adolph Freiherr Knigge – Sammlung von Bildern
Wikiquote: Adolph Freiherr Knigge – Zitate
Wikisource: Adolph Freiherr Knigge – Quellen und Volltexte
Einzelnachweise
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