Abel Ferrara

Abel Ferrara, 2010

Abel Ferrara (* 19. Juli 1951 in New York) ist ein US-amerikanischer Drehbuchautor und Regisseur.

Leben und Karriere

Abel Ferrara wurde in der Bronx in New York geboren. Seine ersten Amateurfilme drehte er als Teenager auf Super 8.

Ferrara studierte unter anderem am San Francisco Art Institute. Einer seiner Lehrer und prägenden Einflüsse dort war der deutsche Filmemacher Rosa von Praunheim.[1] Er ist Absolvent der State University of New York at Purchase.

Nach einigen Kurzfilmen drehte er mit dem Pornofilm The Nine Lives of a Wet Pussy seinen ersten Langfilm. Seinen Ruf erarbeitete sich Ferrara mit seinen schonungslosen Porträts des Bronxer Straßenlebens. 1979 drehte er The Driller Killer. Im Mittelpunkt der Handlung steht ein Maler, der auf Mordtour geht. Dieser Film, in dem er unter dem Pseudonym Jimmy Laine auch die Hauptrolle spielte, wurde sein erster kommerzieller Erfolg. Gute Kritiken für Ms. 45 (dt. Die Frau mit der 45er Magnum), einen Film über eine stumme Frau, die nach einer Vergewaltigung zur Selbstjustiz greift, halfen ihm, einen gewissen Kultstatus zu erlangen. Mit größeren Budgets und der Unterstützung der Filmindustrie gelang es ihm nun, auch namhafte Darsteller zu verpflichten. Dennoch nahm er seine Kamera weiter mit in die Abgründe New Yorks, wie sein von Robert Bresson beeinflusster[2] Low-Budget-Film Bad Lieutenant (1992) zeigte. Einen großen Einfluss auf Ferrara übte nach eigenen Angaben auch der deutsche Filmemacher Rainer Werner Fassbinder aus.

Oft nimmt sich der in den Medien als „zweifelnder Katholik[3] bekannte Filmregisseur seines Glaubens beziehungsweise religiöser Fragen an. „In meinen Filmen ist die Religion mehr als eine Metapher“,[4] so Ferrara, der lange Zeit mit dem Drehbuchautor Nicholas St. John zusammenarbeitete, einem gläubigen Katholiken.[4] In Bad Lieutenant (Co-Autorin: Zoë Lund) deckt Harvey Keitel als Titelfigur die Vergewaltigung an einer Nonne auf, während in Das Begräbnis die Totenwache von Johnny Tempio, dem Jüngsten des katholischen Tempio-Clans, in den Mittelpunkt gerückt wird. 2005 zog Ferrara nach Rom[3], wo er Juliette Binoche die Rolle einer von Maria Magdalena besessenen Schauspielerin in dem preisgekrönten Drama Mary spielen ließ. 2013 verfilmte er die Affäre Strauss-Kahn, wofür er Gérard Depardieu als Dominique Strauss-Kahn und Jacqueline Bisset als dessen Frau gewinnen konnte.[5] Der Film kam in vielen Ländern nicht ins Kino, sondern wurde über Streaming-Dienste vertrieben, weil man den „Voyeurismus der Filmpiraten“ fürchtete.[6] Dem Film und damit Ferrara wurden in verschiedenen Medien antisemitische Tendenzen vorgeworfen, insbesondere in der fiktionalisierten Darstellung der realen Anne Sinclair.[7]

Im Jahr 2020 erhielt Ferrara für den Spielfilm Siberia eine Einladung in den Wettbewerb der 70. Internationalen Filmfestspiele Berlin.

Filmografie

Abel Ferrara 2008

Auszeichnungen

  • 1987: Deauville Film Festival – Critics Award (Nominierung) für Krieg in Chinatown (China Girl)
  • 1998: Mystfest – Best Film (Nominierung) für Hexenkessel Miami (Cat Chaser)
  • 1991: Mystfest – Best Direction für King of New York – König zwischen Tag und Nacht (King of New York)
  • 1991: Mystfest – Best Film (Nominierung) für King of New York – König zwischen Tag und Nacht (King of New York)
  • 1993: Cannes Film Festival – Goldene Palme (Nominierung) für Body Snatchers – Angriff der Körperfresser
  • 1993: Intern. Fantasy Film Award – Fantasproto (Nominierung) für Bad Lieutenant
  • 1993: Independent Spirit Awards – Independent Spirit Award (Nominierung) für Bad Lieutenant
  • 1995: Berlinale – Goldener Bär (Nominierung) für The Addiction
  • 1995: Gotham Awards – Filmmaker Award
  • 1995: Mystfest – Critics Award für The Addiction
  • 1995: Mystfest – Best Film (Nominierung) für The Addiction
  • 1996: Independent Spirit Awards – Nominierung Independent Spirit Award – Bester Film für The Addiction
  • 1996: Filmfestspiele von Venedig – OCIC Award für The Funeral
  • 1996: Filmfestspiele von Venedig – Goldener Löwe (Nominierung) für The Funeral
  • 1997: Independent Spirit Awards – Independent Spirit Award (Nominierung) für The Funeral
  • 1997: Málaga Fantastic Cinema – Best Film für The Addiction
  • 1998: New York Intern. Filmfestival – Feature Film Award für The Blackout
  • 1998: Sitges, Catalonian Filmfest – Best Film (Nominierung) für New Rose Hotel
  • 1998: Filmfestspiele von Venedig – Elvira Notari Prize – Special Mention für New Rose Hotel
  • 1998: Filmfestspiele von Venedig – Filmcritica „Bastone Bianco“ Award für New Rose Hotel
  • 1998: Filmfestspiele von Venedig – Goldener Löwe (Nominierung) für New Rose Hotel
  • 2002: New York Intern. Filmfestival – Grand Jury Prize für ´R Xmas
  • 2004: Flaiano International Prizes – Career Award
  • 2005: Filmfestspiele von Venedig – Spezialpreis der Jury für Mary
  • 2005: Filmfestspiele von Venedig – Mimmo Rotella Foundation Award für Mary
  • 2005: Filmfestspiele von Venedig – SIGNIS Award für Mary
  • 2005: Filmfestspiele von Venedig – Serio Trasatti Award für Mary
  • 2005: Filmfestspiele von Venedig – Goldener Löwe (Nominierung) für Mary
  • 2007: Montréal World Film Festival – Grand Prix des Amériques (Nominierung) für Go Go Tales
  • 2007: eDIT Filmmakers´s Festival – Ehrenpreis für sein Gesamtwerk
  • 2008: Sitges, Catalonian Filmfest – Time-Machine Honorary Award
  • 2009: Miami Film Festival – Career Achievement Tribute
  • 2011: Locarno Film Festival – Ehrenleopard für sein Gesamtwerk
  • 2011: Filmfestspiele von Venedig – Goldener Löwe (Nominierung) für 4:44 – Last Day On Earth
  • 2011: New York Film Festival – 4:44 – Last Day On Earth (Main Slate)
  • 2014: Filmfestspiele von Venedig – Goldener Löwe (Nominierung) für Pasolini
  • 2019: Film Festival Cologne – Hollywood Reporter Award für Tommaso
  • 2020: Internationale Filmfestspiele Berlin – Goldener Bär (Nominierung) für Siberia

Literatur

  • [Artikel] Abel Ferrara. In: Thomas Koebner (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008 [1. Aufl. 1999], ISBN 978-3-15-010662-4, S. 239–242 [mit Literaturhinweisen].
  • Angela Oster: „This is just a fucking movie. Also fahrt ab damit!“ Eine Rezensionsreise durch Abel Ferraras Film ‚Pasolini‘, anlässlich des 40. Todestages von Pier Paolo Pasolini, in: Romanische Studien, Nr. 2 (2015), S. 233–250, online: http://romanischestudien.de/index.php/rst/article/view/61
Commons: Abel Ferrara – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Seven nights with Abel Ferrara. Amerikanische Kinemathek, abgerufen am 17. Mai 2023.
  2. vgl. French, Philip: Art (Cinema): Casting a fly to catch a frontier Wasp In: The Observer, 21. Februar 1993, S. 58
  3. a b vgl. Daniel Kothenschulte: Unter der Eisdecke. In: Frankfurter Rundschau, 8. September 2005, Feuilleton, S. 18
  4. a b vgl. Selbstzerstörung hält mich am Leben. Ein Gespräch mit dem New Yorker Regisseur Abel Ferrara. In: Süddeutsche Zeitung, 24. Oktober 1996, Feuilleton
  5. We’re working on the Dominique Strauss-Kahn story, with Gerard Depardieu playing Strauss-Kahn and Isabelle Adjani playing his wife. (Memento vom 28. März 2012 im Internet Archive)
  6. Sueddeutsche.de Skandalfilm "Welcome to New York" - Monster in uns
  7. jungle-world.com, abgerufen am 10. Juni 2014