7-Meter-Klasse der DGzRS (1971)
Die 7-Meter-Klasse von 1971 der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) war eine Baureihe (Klasse) der 1. Generation von Seenotrettungsbooten (SRB), die von der DGzRS nach dem Zweiten Weltkrieg in Dienst gestellt wurde. Zwei Werften erhielten den Auftrag zum Bau von zwölf Rettungsbooten für die Stationen an Nord- und Ostsee, die ohne Taufe alle norddeutsche Mädchennamen erhielten. Die ab dem Jahr 1971 stationierten SRB standen bis Ende der 1990er Jahre im Einsatz und konnten teilweise nach ihrer Außerdienststellung an ausländische Rettungsdienste verkauft werden. Einige Exemplare können als Museumsexponate betrachtet werden und tragen bisweilen wieder den Ursprungsfarbton „orange“. EntwicklungAusgangspunkt zur Entwicklung der ersten Generation von SRB war das 5,50 Meter lange Tochterboot der Otto-Schülke-Klasse, das erstmals mit geschlossenem Decksaufbau als Selbstaufrichter konstruiert war. Durch Verlängerung auf 6,92 Meter Länge konnte in der Kajüte auch eine Krankentrage untergebracht werden. Der Einsatz von Aluminium beim Rumpfbau sparte Gewicht und reduzierte den Tiefgang auf maximal 60 Zentimeter. Zur leichteren Aufnahme von im Wasser treibenden Personen erhielten die Boote eine Bergungspforte an der Backbordseite der selbstlenzenden Plicht. Der doppelwandige Rumpf war durch Schotte in wasserdichte Abteilungen unterteilt, um das Boot auch bei Wassereinbruch schwimmfähig zu halten. Der durchlaufende Kiel schützte Ruder und Propeller und gestattete ein „Freibaggern“ beim Auflaufen. Das typische „Walfischdeck“ der neuen Generation von Rettungsbooten der DGzRS dient der schnellen Abfuhr von übergenommenem Wasser.[1] Die Steuerung der zunächst als Strandrettungsboote bezeichneten Boote erfolgte aus der Kajüte heraus. Eine Schleuderscheibe erlaubte eine gute Sicht nach vorne, wenn der Schiffsführer sitzend das Boot steuerte. Neben dieser Scheibe waren beidseits noch ovale Bullaugen verbaut. Ab Baunummer 17 (Kaatje) hatten die Boote eine durchgängige Frontscheibe, in der die Schleuderscheibe eingesetzt war. Ein Turmluk im Dach ermöglichte dem Schiffsführer eine freie Rundumsicht, wenn er stehend das Boot steuerte. Bei Ausfall der ölhydraulischen Steuerung konnte ersatzweise auch mit Pinne im Heck gefahren werden. Zur Motorbedienung befand sich am Aufbauende eine zweite Steuerung. Als Motor kam ein bewährter Dieselmotor von Mercedes-Benz zum Einsatz, der bei einer Leistung von 54 PS über einen Schraubenantrieb für 10 Knoten Fahrt sorgen konnte. Die Motorkühlung erfolgte wie bei den 'großen' Vorbildern über die Außenhaut mittels Kühltaschen im doppelwandigen Rumpf.[2] Der vom Motor beheizte Aufbau schützte die Insassen vor Wasser und Kälte sowie gegen brechende, zurückschnellende Schleppleinen. Während der Entwicklung musste das Problem der Schmierölversorgung des verwendeten PKW-Motors gelöst werden, damit der Motor auch beim Durchkentern weiterlaufen kann. Dabei kann aber kein Wasser in den Motor eindringen, da der Abgasdruck höher ist als der Wasserdruck an der Austrittsstelle des Auspuffs bei Lage „Kiel oben“. Ein Kennzeichen dieser Boote war der senkrecht nach oben geführte Auspuff. Für den Fall der Kenterung konnten mit einem Knopfdruck schlagartig alle Lufteintritte am Aufbau geschlossen und anschließend schnell wieder geöffnet werden. Für die sehr kurze Zeit des Kentervorganges ist im Aufbau eine genügende Luftreserve vorhanden, sodass weder der mit geringer Drehzahl laufende Motor stehenbleiben kann, noch die Insassen an Luftmangel leiden. Wegen der extremen Einsatzbedingungen bestanden für die Besatzung Angurtmöglichkeiten[1]. Ausrüstung und EinsatzDie technische Ausrüstung bestand aus einer wasserdichten UKW-Seefunkanlage und einem Suchscheinwerfer am Mast, wo auch ein Radarreflektor montiert war. Ein eigenes Radargerät hatten die Serienboote aber nicht. Zur besseren Navigation wurden später noch GPS und Echolot nachgerüstet. Als rettungstechnische Ausrüstung der Boote befanden sich eine Fremdlenzpumpe, ein Kletternetz und eine Sanitätsausrüstung samt Rettungstrage an Bord. Für das Ab- und Freischleppen von havarierten Fahrzeugen gab es eine robuste Schleppeinrichtung, die auch von innerhalb des Aufbaus entriegelt werden konnte.[2] Die Aufträge zum Bau der zwölf Serienboote ergingen an zwei Werften. Die vier Boote für die Nordsee entstanden auf der Schweers-Werft (heute Lürssen) in Bardenfleth an der Unterweser. Die acht Ostseeboote baute die Evers-Werft in Niendorf an der Ostsee. Die DGzRS stellte die weiß/orange gestrichenen Boote von 1971 bis 1972 in Dienst. Als Neuentwicklung und erstes Boot der Klasse wurde die TRIENTJE noch vor ihrer Indienststellung auf der „International Lifeboat Conference“ in den USA präsentiert[2]. Sukzessive lösten die Boote der 7-Meter-Klasse die ältesten Motorrettungsboote auf den Stationen ab. Die überwiegend in Brandungszonen, Strand- und Wattgebieten sowie im Bereich flacher Sandbänke und Riffe zum Einsatz gebrachten Boote haben sich aufgrund ihrer robusten Bauweise und der guten Ausrüstung bewährt. Der geringe Tiefgang ermöglichte ein Abbergen von Personen auch in sehr flachen Wattgebieten. Die Selbstaufrichtung wurde nie gefordert, denn ein totales Durchkentern eines der Boote ist nie vorgekommen. Nach der deutschen Wiedervereinigung gingen einige der Boote an den Seenotrettungsdienst der DDR für Rettungsstationen in Mecklenburg-Vorpommern. Nach dem Zusammenschluss der beiden Gesellschaften aus Ost und West am 3. Oktober 1990 kamen diese Boote wieder zurück in den Bestand der DGzRS[3]. Insgesamt wurden sechs der 7-Meter-Boote nach der Wende zu den 'neuen' Stationen im Osten verlegt. Als erstes Boot nahm die DGzRS schon nach 15 Jahren die MARTJE Ende 1987 in Kiel-Schilksee aus dem Dienst und verkaufte das Boot in private Hand. Die weitere Stilllegung dieser Flotte erfolgte ab 1992. Die letzten zwei Boote der Bauserie verließen nach 27 Jahren Einsatzzeit den Bestand 1999. Im Durchschnitt ersetzt die DGzRS ihre Rettungseinheiten nach rund 30 Jahren, einem Zeitraum in dem noch ausreichend Ersatzteile der eingebauten Technik verfügbar sind. Ggf. können ausgemusterte Boote als Ersatzteilspender herhalten. Um immer auf dem neusten Stand der Technik zu sein ist es günstiger, anstelle von umfangreichen und aufwendigen Revisionen an 'alten' Booten, Neubauten zu beschaffen. Weitere Bootsklassen der 1. Generation
Neben den 12 Booten der 7-Meter-Klasse hatte die DGzRS zwei weitere Klassen geschaffen:
Drei weitere Rettungsboote hatte die DGzRS später der 7-Meter-Klasse zugeordnet, die ursprünglich als Tochterboot auf einem Seenotkreuzer mitgeführt worden sind. Im Unterschied zur Bauserie besitzen die sieben Meter langen Boote einen 68-PS-Dieselmotor und ein Radargerät. Die Kajüte dieser Generation Tochterboote war etwas größer mit jeweils drei Fenstern an den Seiten. Alle drei Boote wurden auf der Schweers-Werft gebaut. KAATJE (II) (ex MELLUM) UMMA (ex ANNA) MAX CARSTENSEN Die Boote und ihre Stationierungen
MuseumsbooteAls Museumboote, meist im letzten Farbschema rot-grün-weiß gestrichen, sind erhalten: SWANTJE steht vor dem Museum Windstärke 10 in Cuxhaven.[6] GRIETJE liegt als Umma vor dem Internationalen Maritimen Museum in der Hamburger Speicherstadt. BRUNTJE steht vor dem Schifffahrtsmuseum in Haren (Ems). KAATJE liegt mit Namen SÜDPERD bei den zwei Leuchttürmen am Kap Arkona. GESINA liegt in Original-Orange auf Wangerooge vor dem Inselmuseum. UMMA liegt mit Namen MÖWENORT im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven. Auch die beiden 7-Meter-Tochterboote sind museal zu besichtigen: KAATJE (II) liegt auf der Kurpromenade in Westerland auf Sylt ELTJE (II) (ehemaliges Tochterboot UMMA) steht vor dem Schiffahrtsmuseum Nordfriesland in Husum Die TRIENTJE wird im restaurierten und funktionstüchtigen Zustand (Deck und Kajüte in orange) zusammen mit anderen ehemaligen Rettungseinheiten privat gepflegt und erhalten. Seit 2005 liegt das Boot in einem Yachthafen am Rhein-Herne-Kanal. Ebenfalls ging die TAMINA in private Hand und ist restauriert und im fahrtüchtigen Zustand erhalten. Sie diente im Jahr 2005 als Blickfang vor dem Focke-Museum in Bremen bei der Ausstellung „Aus Sturm und Not: 140 Jahre Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“[7]. Als einziges Boot wurde die ELTJE verschrottet. Die restlichen Boote sind verkauft worden. Siehe auchWeblinks
Einzelnachweise
|