Zentrum gegen Vertreibungen
Das Zentrum gegen Vertreibungen (ZgV) ist eine Stiftung mit Sitz in Wiesbaden. Es wurde 2000 aus dem Bund der Vertriebenen (BdV) heraus zur Dokumentation der Vertreibungen im 20. Jahrhundert unter Gründungsvorsitz der damaligen BdV-Präsidentin Erika Steinbach gegründet. 2018 übergab sie das Amt an Christean Wagner.[1] Das Zentrum gegen Vertreibungen ist nicht zu verwechseln mit der staatlichen Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung und ihrem Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung. ZielsetzungDas Zentrum gegen Vertreibungen soll
Geplant sind nach bisheriger Konzeption Ausstellungen zu:
Peter Glotz (SPD), der zusammen mit Erika Steinbach bis zu seinem Tod 2005 den Vorstand der Stiftung bildete, erklärte im Jahre 2001: „Es [das Zentrum gegen Vertreibungen] soll nicht vor allem unsere Erinnerungen pflegen, es soll dazu beitragen, Vertreibungen weltweit zu ächten, die Völkergemeinschaft zu sensibilisieren und die Auseinandersetzung mit Ethnonationalismus und der Idee des ethnisch homogenen Nationalstaats systematisch zu führen. Insofern wird dieses Zentrum ein Beitrag zur Bekämpfung des Rechtsradikalismus und Rechtspopulismus sein.“[3] AusstellungenWanderausstellung „Erzwungene Wege“Die Wanderausstellung „Erzwungene Wege – Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts“ wurde erstmals vom 11. August bis zum 29. Oktober 2006 im Kronprinzenpalais in Berlin der Öffentlichkeit gezeigt. Danach war die Ausstellung in einer modifizierten und erweiterten Form seit Juni 2007 in der Paulskirche in Frankfurt am Main, in Nürnberg, Erfurt, Recklinghausen und Hannover zu besichtigen. Neu aufgenommen wurde die Vertreibung von Ungarn aus der damaligen Tschechoslowakei sowie die Vertreibung der Deutschen aus Ungarn und die Vertreibung der Deutschen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Darüber hinaus wurde die Ausstellung in der überarbeiteten Version um einen lokalen Teil erweitert, in dem die Aufnahme von Vertriebenen nach 1945 in einzelne deutsche Städte gezeigt wird. Die Ausstellung war im Vorfeld politisch stark umstritten. Polnische Museen und Opferverbände, die sich an der Ausstellung beteiligt hatten, zogen ihre Exponate wieder zurück. Die Befürchtungen der Skeptiker blieben jedoch unbegründet. Die Ausstellung ordnete das Schicksal der deutschen Vertriebenen in die Weltgeschichte ein. Deutsche als größte Vertriebenengruppe beanspruchten nicht mehr Platz als Armenier oder Polen. Der Historiker Ingo Haar kritisiert, dass die Ausstellung die Zahl der bei Flucht und Vertreibung umgekommenen Deutschen mit über einer Million deutlich zu hoch ansetze. Die Zahl ergebe sich methodisch daraus, dass ungeklärte Fälle aus Krieg, Flucht und Vertreibung kurzerhand den Todesfällen zugerechnet würden. Dies sei handwerklich unsauber. Konkret nachweisbar seien vielmehr 500.000 bis 600.000 deutsche Vertreibungsopfer.[4] Wanderausstellung „Die Gerufenen“Die Folgeausstellung der „Erzwungenen Wege“ war „Die Gerufenen. Deutsches Leben in Mittel- und Osteuropa“. Im Mittelpunkt von „Die Gerufenen“ steht die Migrationsgeschichte der Deutschen zwischen dem Mittelalter und der Neuzeit. Die Ausstellung wurde erstmals im Berliner Kronprinzenpalais vom 16. Juli bis zum 30. August 2009 gezeigt. Wanderausstellung „Angekommen“2011 stellte das Zentrum gegen Vertreibungen die Ausstellung „Angekommen. Die Integration der Vertriebenen in Deutschland“ im Deutschen Bundestag vor. Die Ausstellung widmete sich dem Prozess der Eingliederung der Vertriebenen in Deutschland nach 1945. Die feierliche Eröffnung im Paul-Löbe-Haus hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert übernommen.[5] Ausstellung „HeimatWEH. Eine Trilogie“Ab März 2012 wurden alle drei Ausstellungen als Einheit unter dem Titel „HeimatWEH. Eine Trilogie“ im Berliner Kronprinzenpalais vorgestellt. Mit dieser Ausstellung führte die Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen die drei Ausstellungen zu einer Trilogie zusammen, die sie seit 2006 innerhalb von fünf Jahren erarbeitet und einzeln vorgestellt hatte. In einem großen Bogen umriss die Trilogie die weitgehend unbekannte Heimat der deutschen Volksgruppen außerhalb des Reiches mit ihrer Siedlungsgeschichte, Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts sowie die Integration der deutschen Vertriebenen und Aussiedler seit 1945. Anlässlich der feierlichen Ausstellungseröffnung im Kronprinzenpalais würdigte Bundeskanzlerin Angela Merkel[6] die Leistungen der Vertriebenen und Aussiedler und unterstrich deren Rolle als Brückenbauer in Europa.[7] Prominente UnterstützerZu den Unterstützern gehören bzw. gehörten:[8]
Auf einer weiteren Seite des ZgV werden einige dieser Unterstützer mit kurzen Stellungnahmen zu ihrer Motivation dargestellt.[9] Bis November 2007 gehörte auch Ralph Giordano zu den Unterstützern. Er änderte seine Meinung mit der Begründung, dass das „deutschverursachte Morduniversum des Zweiten Weltkriegs und seine[r] Besatzungspolitik“ noch immer „notorisch zu kurz“ komme. Es gehe nicht an, „die Geschichte der Vertreibungen bilderreich auszubreiten, das Blutbad der Vorgeschichte aber in marginalen Nebensätzen zu verstecken“.[10] Bis September 2010 gehörte auch Julius H. Schoeps, Historiker und Direktor des Moses-Mendelssohn-Zentrum zu den Unterstützern. Er beendete seine Unterstützung aufgrund abfälliger Äußerungen Erika Steinbachs über den polnischen Politiker Władysław Bartoszewski.[11] DebatteSowohl in Deutschland als auch im Ausland, speziell in Polen und Tschechien, stießen das Vorhaben und der Standort Berlin auf Kritik beziehungsweise Ablehnung.[12] Kritiker werfen dem Bund der Vertriebenen vor, eine solche Institution in Berlin würde dahingehend missverstanden werden, dass sie revisionistisch intendiert sei und zum eigentlichen Ziel die neuerliche Vertreibung der heutzutage in den früheren deutschen Gebieten lebenden Polen und Tschechen habe. Das Projekt wurde auch dahingehend kritisiert, dass sich mit ihm der Bund der Vertriebenen ungefragt und unbevollmächtigt das Gedenkinteresse anderer vertriebener Völker bzw. Volksgruppen aneigne. Zweck dieser Aneignung sei, die Hauptursache für die Vertreibung der Deutschen aus Ost- und Mitteleuropa, den Unterjochungs- und Vernichtungskrieg des nationalsozialistischen Deutschen Reiches, aus den Inhalten einer deutschen Vertriebenengedenkstätte weitgehend auszuklammern. Demgegenüber argumentierten Befürworter, dass das Zentrum gegen Vertreibungen Vertriebene aus allen europäischen Völkern einbeziehe, um eine einseitige Fokussierung auf die deutschen Vertriebenen zu verhindern. Vertreter anderer vertriebener Volksgruppen würden in die Gestaltung des Zentrums einbezogen. Eine angemessene Aufarbeitung der Thematik sei bisher unterblieben. Vielen Vertreibungen habe ein „völkisches Denken“ zugrunde gelegen, weil nicht persönliche Schuld, sondern allein die ethnische Zugehörigkeit den Ausschlag gegeben habe. Die Vertreibungen des zwanzigsten Jahrhunderts seien nur zum Teil aus Rache bzw. Vergeltung erfolgt. Auch persönliches Macht- bzw. Besitzstreben, (pseudo)historische Ideologien und das Ziel, ethnische Minderheiten zu beseitigen, hätten eine Rolle gespielt. In die Gründungsdebatte eingebrachte Alternativstandorte aus dem In- und Ausland (über die Parteigrenzen hinweg kontrovers diskutiert) waren Breslau, Sarajewo, Schweden oder Priština. Der ehemalige DDR-Politiker und SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Meckel forderte als Gegenprojekt ein Europäisches Zentrum gegen Vertreibungen und wollte die konkrete Gestaltung des Zentrums einer internationalen Kommission übertragen. Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
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