Die Prinzessin wurde in Prenzlau geboren, wo ihr Vater in preußischen Diensten stationiert war, und wurde von ihrer Mutter, der sogenannten „Großen Landgräfin“, in Buchsweiler erzogen. Im Auftrag der russischen Zarin Katharina der Großen erschien Achatz Ferdinand von der Asseburg, der nach einer Braut für den russischen Thronfolger Ausschau halten sollte, 1772 am Darmstädter Hof. Landgräfin Henriette Karoline wurde mit ihren Töchtern Wilhelmine, Amalie und Luise nach St. Petersburg eingeladen, wo sich Zarin Katharina, angeblich schon beim Eintreffen der Reisegesellschaft, für Wilhelmine entschied. Als Reisemarschall fungierte Johann Heinrich Merck. Auch Friedrich der Große hatte das Heiratsprojekt unterstützt, das seinen Thronfolger mit dem russischen Hof verschwägerte.
Am 9. Juli 1773 erhielt die Prinzessin den Sankt-Katharinen-Orden. Wilhelmine konvertierte am 15. August 1773 unter dem Namen Natalia Alexejewna zur Russisch-orthodoxen Kirche und heiratete am 10. Oktober 1773 in St. Petersburg den nachmaligen Zaren Paul I. Das russische Eheprojekt konsolidierte die maroden Finanzverhältnisse des Landes Hessen-Darmstadt außerordentlich.
Natalia, als liebenswürdig und geistvoll beschrieben, beherrschte ihren Gemahl fast vollständig und drängte auf Mitregierung. Sie unterhielt eine Liebesbeziehung zu Andrei Rasumowski, einem Neffen des heimlichen Ehemanns der Zarin Elisabeth.
Natalia starb bereits drei Jahre später, nach der Geburt ihres ersten Kindes, welches ebenfalls nicht überlebte, im Wochenbett. Ausländische Diplomaten spekulierten, dass der Vater des Kindes Andrei Rasumowski gewesen sei, ein Freund des Zarewitsch und französischer Agent. Ebenso ging das Gerücht, Zarin Katharina habe Natalja jeglichen medizinischen Beistand versagt.[1] Offiziell stand die Zarin ihrer Schwiegertochter bei. Wilhelmine wurde unter Anwesenheit des gesamten Hofes im Alexander-Newski-Kloster beigesetzt, und Paul bewahrte seiner ersten Gemahlin ein liebevolles Angedenken.
Zarin Katharina wählte als Nachfolgerin Wilhelmines als Gemahlin Pauls Sophie Dorothee von Württemberg, die zu jener Zeit eigentlich mit Wilhelmines Bruder Ludwig verlobt war.
Philippine Henriette zu Hohenlohe-Langenburg (1679–1751)
Archivinformationen
Natalias Briefe an ihre Mutter, Karoline von Pfalz-Zweibrücken, die zwischen 1773 und 1774 vom russischen Hof verfasst wurden, werden im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt aufbewahrt.[2] Natalias Briefe an ihren Vater, Ludwig IX., Landgraf von Hessen-Darmstadt, ebenfalls aus Russland verfasst, werden im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt aufbewahrt.[3] Darüber hinaus ist im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt auch Natalias Verwandtenkorrespondenz, die zwischen 1773 und 1776 vom russischen Hof verfasst wurde, aufbewahrt.[4]
Jürgen Rainer Wolf: Die russische Heirat der Prinzessin Wilhelmine von Hessen-Darmstadt.. In: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde, NF 55, 1997
Alexa-Beatrice Christ: „Die Wahl ist getroffen...“ Darmstädter Prinzessinnen in St. Petersburg. Justus von Liebig Verlag, Darmstadt 2015, ISBN 978-3-87390-356-2.
Eckhart G. Franz (Hrsg.): Haus Hessen. Biografisches Lexikon. (= Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission N.F., Bd. 34) Hessische Historische Kommission, Darmstadt 2012, ISBN 978-3-88443-411-6, HD 54, S. 326–327 (Eckhart G. Franz).