Wilhelm HolzamerWilhelm Holzamer (* 28. März 1870 in Nieder-Olm; † 28. August 1907 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller und Literaturrezensent. LebenDer dem dörflichen Handwerkermilieu entstammende Wilhelm Holzamer wurde von seinem Großvater Andreas Holzamer († 1. Juli 1883 in Nieder-Olm)[1][2] erzogen, einem Befürworter der demokratischen Bestrebungen während der Märzrevolution, der zeitlebens Wilhelms Vorbild blieb. Auf den Schulabschluss folgte von 1886 bis 1889 eine Lehrerausbildung in Bensheim. Ab 1889 unterrichtete Wilhelm Holzamer in Heppenheim die Fächer Deutsch, Musik und Zeichnen. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen berief ihn aufgrund seiner künstlerischen Fähigkeiten in die Residenzstadt Darmstadt, wo die Kerngruppe von Künstlern versammelt war, die die Kunstrichtung des Jugendstil schuf. Holzamer organisierte 1901 dessen erste öffentliche Präsentation. Mit dem Wiener Architekten Joseph Maria Olbrich, dem Kopf der Künstlergruppe, war er eng befreundet. Nachdem Holzamer die Schauspielerin und Frauenrechtlerin Nina Mardon kennengelernt hatte, trennte er sich von seiner Ehefrau Marie, die ihm sieben Kinder geboren hatte, und ging seinem literarischen Vorbild Heinrich Heine folgend nach Paris. 1905 kehrte er nach Deutschland zurück und wählte Berlin zum Wohnort. In der dortigen literarischen Szene schloss er sich dem Friedrichshagener Dichterkreis an. Wilhelm Holzamer starb am 28. August 1907 in Berlin und seine Urne wurde in Jena beigesetzt. 1937 erfolgte die Überführung seiner sterblichen Überreste zunächst an seinen Geburtsort nach Nieder-Olm und 1954 schließlich nach Heppenheim. Sein Geburtsort Nieder-Olm hat den 18 Kilometer langen Rundwanderweg Wilhelm Holzamer Literaturweg eingerichtet, der durch Stadt und Gemarkung führt und auf dem Infotafeln zu seinem Leben und Werk gezeigt werden.[3] Er und der spätere ZDF-Gründungsintendant Karl Holzamer (1906–2007) waren weitläufig verwandt.[4] Künstlerisches SchaffenDas literarische Œuvre Wilhelm Holzamers liegt im Bereich zwischen Heimatverbundensein und Weltbürgertum. Die erste schriftstellerische Phase war lyrisch geprägt, wobei Gustav Falke, Detlev von Liliencron, Richard Dehmel und Conrad Ferdinand Meyer seine Vorbilder waren. Später trat er als Erzähler und Romancier in Erscheinung. Als aufgeklärt-humanitärer, republikanisch-freiheitlicher Demokrat verkörperte er die Gegenposition zum zeitgängigen reichsdeutschen Nationalismus, zum preußischen Militarismus, zum Antisemitismus. Seine antiklerikal orientierte Gesellschaftskritik war von einer Zuneigung zu den kleinen Leuten geprägt, was sich in seinem erfolgreichen Debütroman über den Schneider Peter Nockler spiegelte. In der folgenden großen Novelle über den Armen Lukas, seinem ersten autobiografischen Werk, äußerte Holzamer, alles, was sein Leben prägte, könne man seinen Büchern entnehmen. Demgemäß reflektierte er insbesondere in dem 1902 erschienenen biografischen Historienroman Der heilige Sebastian seine Lebenskrise bei der Wahl zwischen zwei Frauen. Holzamer bediente sich als einer der ersten deutschen Schriftsteller der Erkenntnisse der freudschen Psychoanalyse in seinem schriftstellerischen Werk. Sein Einfühlungsvermögen in das Seelenleben einer Frau bleibt bemerkenswert. Von dieser Fähigkeit zeugen Holzamers drei Frauenromane Die Sturmfrau, Ellida Solstratten und Inge, in denen er Deutungsansätze des Philosophen Friedrich Nietzsche und des norwegischen Schriftstellers Henrik Ibsen aufgriff. Ab 1905 in Berlin lebend, bilanzierte er sein Leben im autobiografischen Roman Der Entgleiste und entwarf in seinem letzten Werk Vor Jahr und Tag das Lebensschicksal der Gastwirtstochter Dorth. Parallel zu seinen schriftstellerischen Schaffen war Wilhelm Holzamer ein einflussreicher Literaturkritiker und -rezensent, hauptsächlich in der Frankfurter Zeitung, und prägte die Literaturszene durch seine Verbundenheit zum Verleger Eugen Diederichs. Holzamers literarische Bedeutung liegt in seiner stilistischen Brillanz, der Fähigkeit beim Erkunden der menschlichen Psyche, einer symbolhaltigen Sprachkunst und erzählerischen Dramatik. Durch seine liberal-emanzipatorische Weltläufigkeit inspirierte er den Dramatiker Carl Zuckmayer. Seine Beschreibungen der Natur spiegeln sich im Werk der Schriftstellerin Elisabeth Langgässer. LeseprobeLetzte Feier Wenn ich tot bin, sollst du mein Gedächtnis feiern, Werke (Auswahl)
Literatur
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