Wilhelm Bartsch absolvierte nach dem Abitur 1969 eine Ausbildung zum Rinderzüchter. Anschließend studierte er bis 1978 Philosophie an der Universität Leipzig. Er absolvierte dort auch Sonderkurse 1987/88 und 1989/90 am Literaturinstitut Leipzig, wo er 1988 auch Dozent war.
Er übte diverse Tätigkeiten aus, unter anderem als Rinderzüchter und 1973 bis 1976 als Korrektor mit Teilfacharbeiterbrief bei der Freien Presse in Karl-Marx-Stadt. Seit 1976 lebt er in Halle (Saale). Dort arbeitete er als Dramaturg, Heimerzieher, Nachtwächter und Regieassistent und erwarb einen Facharbeiterbrief der Post im Briefverteilamt Halle. Seit 1986 ist er freiberuflich tätig.
Von 1994 bis 2009 hatte er einen Nebenwohnsitz in Rohna in Ostthüringen. In der Zeit zwischen 1982 und 1989 leitete er regelmäßig Literaturwerkstätten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, unter anderem in Halle, Bernburg und Naumburg, und war von 1993 bis 2019 Leiter der Literaturwerkstatt Sachsen-Anhalt Süd in Halle.
Wilhelm Bartsch nahm an zahlreichen Poesiefestivals teil, unter anderem in Armenien und Berg-Karabach, Bosnien, Bulgarien, Italien, Mazedonien, Niederlande, Polen, Ungarn, Schweiz und den USA.
Bis 2009 war Bartsch mit der Malerin und Grafikerin Susanne Berner (* 17. August 1949) verheiratet. Seitdem ist er mit Frauke Otto-Bartsch liiert.
Werk
Wilhelm Bartschs Werk umfasst Lyrik, Prosa, Essays, theatrale Formen, einen Film und Nachdichtungen unter anderem aus dem Afrikaans, Armenischen, Bulgarischen, Englischen, Mazedonischen, Polnischen, Rumänischen, Russischen, Serbischen.
Er war mehrfach Herausgeber, gestaltete in den Achtziger Jahren auch Visuelle Poesie und Mail Art. Er verfasste zahlreiche Essays, Reden, Kritiken, Kolumnen, Glossen usw. in Büchern, Anthologien wie im „Jahrbuch der Lyrik“ und in Zeitschriften wie „Sinn und Form“, „neue deutsche literatur“, „Temperamente“, „Neue Rundschau“, „die horen“, „Ostragehege“, „Signum“, „Palmbaum“ oder „Ort der Augen“ und in Tages- und Wochenzeitungen und im Hörfunk.
Kritik
Bartschs Band Poesiealbum 208 von 1985 bewertete Karl Corino im Hessischen Rundfunk mit den Worten „‚Kastrieren‘ heißt der daktylisch strukturierte, an die Hexameter der Ilias und Odyssee erinnernde Text, der das Schneiden der Jungschweine schildert. Auf Grund eigener Erfahrung in diesem Milieu darf ich versichern - der Mann versteht sein Handwerk. Als Kastrator wie als Versemacher.“
Florian Felix Weyh kommentierte Bartschs Romandebüt Meckels Messerzüge von 2012 wie folgt: „Wenn deutsche Leser die Verbindung zwischen Belletristik und Geschichte wirklich schätzen, dann sollte dieser späte Debütant Wilhelm Bartsch seinen erfolgreichen Kollegen Daniel Kehlmann auch an der Ladenkasse alt – pardon: jung! – aussehen lassen. Denn aus ‚Meckels Messerzügen‘ atmet das Wissen eines ganzen Jahrhunderts. Woher der sechzigjährige Lyriker das alles hat, weiß man nicht, aber er hat es. Und wir erleben staunend, wie sich aus einer ‚Missgeburtenlehre‘ große Literatur destillieren lässt.“[2]
Über seinen Gedichtband Hohe See und niemands Land von 2024 schrieb Michael Kleeberg in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Wer sich wie ich für einen halbwegs gebildeten Menschen gehalten hat, der lernt hier einiges, von dem er noch nie gehört hatte“. Den Inhalt beschreibt der Rezensent mit: „Gemeinsame Anschauung des Schönen wie des Unnennbaren und die unzerstörbare Kraft des Bild gewordenen, des den Moment bannenden Wortes. Und natürlich ist da auch noch, wie immer bei Bartsch, der Humor, vom feinen Schmunzeln bis zum krachenden Witz, mit dem man, wie ein Hund die Nässe, die Verzweiflung aus dem Pelz schütteln kann.“ Das Fazit lautet: „Seinen Pairs gilt Bartsch schon längst als einer der originellsten und bedeutendsten Lyriker der Gegenwart.“[3]
2000 Else-Heiliger-Fonds der Konrad-Adenauer-Stiftung
2007 Deutscher Literaturfonds Darmstadt
mehrmals Stiftung Kulturfonds der neuen Bundesländer
mehrmals durch die Kunststiftung Sachsen-Anhalt
Teilnahme an Poesiefestivals unter anderem in Armenien und Berg-Karabach, Bosnien, Bulgarien, Italien, Mazedonien, Niederlande, Polen, Ungarn, Schweiz, USA
Meckels Messerzüge. Roman. Osburg Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-940731-59-3 (2016 im Saga Egmont-Verlag Kopenhagen neu verlegt)
Das bisschen Zeug zur Ewigkeit. Roman. Osburg Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-95510-003-2 (2015 im Saga Egmont-Verlag Kopenhagen neu verlegt)
Amerikatz. Roman. Osburg Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-95510-098-8 (2016 im Saga Egmont-Verlag Kopenhagen neu verlegt)
Frankenstein Monstrum. Gedicht. Edition Thurnhof, Mühlfeld 2017, ISBN 978-3-900678-38-3.
Mein Springpunkt und Süßer Winkel. Gedichte, Edition Lyrikhaus, Joachimsthal 2018.
Gotische Knoten. Zornige Gedichte. Gedichte, Quartus-Verlag, Bucha 2018, ISBN 978-3-943768-87-9.
Neun Irrfahrten zu Hilbig, Essay. (als Nachwort zu Wolfgang Hilbig, Werke Band 7, Essays, Reden, Interviews, und zur Werkausgabe insgesamt, Seiten 690–758), S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2021.
Hans Bender (Hg.): Was sind das für Zeiten. Deutschsprachige Gedichte der achtziger Jahre. Carl Hanser Verlag, München/ Wien 1988, ISBN 978-3-446-15297-7.
Peter Geist (Hg.): Ein Molotow-Cocktail auf fremder Bettkante. Lyrik der siebziger/ achtziger Jahre von Dichtern aus der DDR. Reclam Verlag, Leipzig 1991, ISBN 978-3-379-00694-1.
Jörg Kowalski/ Dagmar Winklhofer (Hgg.): Diva in grau. Häuser und Gesichter in Halle. Mitteldeutscher Verlag, Halle/ Leipzig 1991, ISBN 978-3-354-00716-1.
Roland Rittig/ Rüdiger Ziemann (Hgg.): Prometheus 1982. Unbeliebte Kunst aus der DDR. Verlag Janos Stekovics, Halle/ Zürich 1995, ISBN 978-3-929330-48-9.
Michael Braun/ Hans Thill (Hgg.): Lied aus reinem Nichts. Deutschsprachige Lyrik des 21. Jahrhunderts. Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 2010, ISBN 3-88423-326-2.
Ron Winkler (Hg.): Die Schönheit ein deutliches Rauschen. Ostseegedichte. Connewitzer Verlagsbuchhandlung, Leipzig 2010, ISBN 978-3-937799-43-8.
Michael Braun/ Hans Thill (Hgg.): Aus Mangel an Beweisen. Deutsche Lyrik 2008-2018. Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-88423-601-7.