Walter JaroschkaWalter Jaroschka (* 31. Juli 1932 in Warnsdorf, Tschechoslowakei; † 23. Dezember 2008 in München) war ein deutscher Archivar und Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns. LebenDer Sohn eines Richters besuchte die Schule in Böhmisch-Leipa und zuletzt in Leitmeritz (1940–1945). Nach der Ausweisung aus der Tschechoslowakei kam seine Familie über die Sowjetische Besatzungszone nach Bayern, wo er das Humanistische Gymnasium in Straubing (heutiges Johannes-Turmair-Gymnasium) besuchte und 1951 das Abitur ablegte. An der Ludwig-Maximilians-Universität München begann er das Studium der Fächer Geschichte, Historische Hilfswissenschaften, klassische Philologie und Germanistik. 1953 wechselte er an die Universität Wien und wurde Mitglied des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, wo er bei Alfons Lhotsky 1957 mit einer Arbeit über den niederösterreichischen Theologen und Geschichtsschreiber Thomas Ebendorfer (1388–1464) promoviert wurde. Nach Absolvierung der Bayerischen Archivschule 1957 bis 1960 und Ablegung der Staatsprüfung für den höheren Archivdienst begann er seine Laufbahn als Archivar im Staatsarchiv Landshut auf der Burg Trausnitz als Archivrat. Die Bewältigung der Folgen des verheerenden Großbrandes auf der Burg im Jahre 1961, bei dem umfangreiches Archivgut vernichtet und beschädigt wurde, hatte entscheidende Auswirkungen auf seine Vorstellung einer provenienzmäßigen Zusammenführung gestörter Überlieferungen. 1966 wurde er an das Bayerische Hauptstaatsarchiv versetzt, wo ihm das Urkundenreferat übertragen wurde, in dem er die Wiederherstellung geschlossener provenienzreiner Urkundenfonds in die Wege leitete. 1973 wurde er zum Archivdirektor und Leiter der damaligen Abteilung Allgemeines Staatsarchiv des Bayerischen Hauptstaatsarchivs befördert. 1977 wurde ihm die Leitung der Staatlichen Archive Bayerns übertragen. Am 1. Februar 1978 erfolgte seine Ernennung zum Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns. Seine Amtszeit ist gekennzeichnet durch tiefgreifende Veränderungen des inneren und äußeren Zustandes der staatlichen Archive Bayerns. Schwerpunkte seiner Arbeit waren neben dem Archivrecht (Bayerisches Archivgesetz 1989, damit zusammenhängend Benützungsordnung, Aktenaussonderung, Ausstellungswesen, Archivpflege und Archivbau) vor allem die Beseitigung einer seit der Gründung einer gesamtbayerischen Archivverwaltung um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert eingetretenen Fehlentwicklung bei der inneren Ordnung und Aufteilung der überlieferten Geschichtsquellen. Wichtigste Bestände ganz unterschiedlicher Provenienz (z. B. aus Altbayern, Klöstern und Hochstiften, weltlichen Territorien und Institutionen in Franken und Schwaben) waren nach dem in Bayern noch bis ins 20. Jahrhundert angewendeten Pertinenzprinzip nicht nur in einem Archiv miteinander vermischt, sondern nach diesem Grundsatz auch auf mehrere Archive aufgeteilt worden. Die moderne Wissenschaft verlangt hingegen eine die Herkunft der Geschichtsquellen respektierende Bestandsbildung und eine aus der Geschichte sich ergebende Abgrenzung der vom Schriftgutbildner überkommenden Bestände zwischen den einzelnen Archiven. Die von Jaroschka konzipierte gesamtbayerische Beständebereinung trug dieser Forderung Rechnung. Es erfolgte eine Festlegung der historischen Zuständigkeit der einzelnen Staatsarchive in den unterschiedlichen Geschichtslandschaften von Altbayern, Franken und Schwaben. Auf der Grundlage des heute allgemein gültigen Provenienzprinzips und des Grundsatzes der Unteilbarkeit überlieferter Fonds wurden ursprüngliche Überlieferungen wiederhergestellt, in einem Archiv aufgeteilte und vermischte Fondsteile wieder zusammengeführt, auf mehrere Staatsarchive aufgeteilte Bestände in einem Archiv wiedervereinigt und nach München ins Bayerische Hauptstaatsarchiv zentralisierte Archivteile (so z. B. sämtliche im Bayerischen Hauptstaatsarchiv zentralisierten Urkunden Oberpfälzer, fränkischer und schwäbischer Provenienz vom frühen Mittelalter bis zum Jahre 1400) den nunmehr zuständigen Archiven zugeteilt, wo sie mit den dort bereits vorhandenen Teilfonds vereinigt wurden. Dies hatte gewaltige Archivalienbewegungen und -verschiebungen zwischen den einzelnen Archiven zur Folge. Im Rahmen dieser Beständebereinigung hatte das Bayerische Hauptstaatsarchiv bereits im Jahr 1978 seine heutige Organisationsform erhalten. Die Maßnahmen Jaroschkas stellen die größte Um- und Neuorganisation der bayerischen Archivlandschaft und Archivtektonik seit Reichsarchivar Franz Joseph von Samet (1758–1828) und seiner Nachfolger im 19. Jahrhundert dar. Als Dozent an der Bayerischen Archivschule von 1966 bis 2008 prägte Jaroschka entscheidend das heute in Bayern gültige Berufsbild des Archivars. 1991 wurde er Honorarprofessor für Archivwissenschaft an der LMU München. Die Archive vertrat er in zahlreichen Gremien: Institut für Zeitgeschichte, Kommission für bayerische Landesgeschichte, Gesellschaft für fränkische Geschichte, Historische Kommission für die böhmischen Länder, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste, Sudetendeutsches Archiv. Die Otto-Friedrich-Universität Bamberg berief ihn zum Ehrensenator. Nach seiner Pensionierung stand er von 1997 bis 2007 als Präsident an der Spitze der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste. Auszeichnungen
Schriften
Literatur
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