Vosegus, auch Vosagus, Vosacius (?), war ein keltischer Gott, der als Namensursprung der Vogesen (französischVosges) und des Wasgaus gilt, somit als Berggottheit.[2] Ein inschriftenloses Relief, gefunden in Reichshoffen bei Straßburg, das möglicherweise Vosegus darstellen soll, zeigt ihn in einem schweren Mantel (Sagum) mit umgehängtem Bogen, leerem Köcher und einem jungen Wildschwein auf dem linken Arm.[1] Auf einem zweiten, ikonographisch fast identischen, aber besser erhaltenen, Relief, das im Nachbarort Langensoultzbach gefunden wurde, ist zudem ein zu Füßen der Figur liegender Hund zu sehen.[3] Dies könnte auf eine Jagd- oder Schutzgottheit des Waldes hindeuten.
Vosegus wurde – wie viele keltische Gottheiten – nur lokal verehrt; das Zentrum lag um den Berg Donon, auf dessen Gipfel ein Vosegustempel stand. Funktional entsprach die Gottheit etwa dem römischenMercurius oder dem griechischenHermes. Als die RömerGallien besetzten, übernahmen sie die Gottheit und gaben dem Verbreitungsgebiet die Namen Vosegus Mons („Berg [des] Vosegus“) bzw. Vosegus Silva („Wald [des] Vosegus“). So ist etwa auf der Tabula Peutingeriana links der Strecke von Straßburg (Argentorate) nach Mainz (Mogontiacum) ein Waldgebiet namens Silva Vosagus eingezeichnet. Aus diesen Namen entstanden später das französische Wort Vosges als Bezeichnung für die Vogesen sowie das mittelhochdeutsche Wort Wasigen bzw. Wasgen(wald). Daraus entwickelte sich wiederum der Begriff Wasgau, in Anlehnung an die entsprechende mittelalterliche Verwaltungseinheit Gau.[4]
Unsichere Namensdeutungen des Wortstammes *seg-os- bzw. *seq-(y)o, dt. säen erklären die teilweise Gleichsetzung des Gottes Vosegus mit Mercurius, der ursprünglich als Gott des Getreidehandels und der -ernte begann. Eine andere, ebenfalls unsichere Deutung leitet den Namen von *vo-sego ab, die große Kraft.[5]
Vom französischen Benediktiner-Abt und Gelehrten Augustin Calmet wurde er im 18. Jahrhundert mit Bugius gleichgesetzt, ohne dass dieser dafür allerdings Belege bringen konnte.[6]
Inschriften
Es existieren insgesamt sechs Inschriften mit dem Namen Vosegus, von denen drei in Frankreich und drei in Deutschland gefunden wurden – fünf davon aus der römischen Provinz Germania superior. In den drei deutschen (Bad Bergzabern,[8]Busenberg[9] und Lachen-Speyerdorf[7][10]) sowie zweien der französischen Funde (Gœrsdorf[11] und Zinswiller[12]) wurde Vosegus bzw. Vosego Sil (Vosegus Silvanus) als Einzelgottheit erwähnt. Die Inschrift aus Zinswiller ist von besonderer Bedeutung, da sie sich über dem Kopfteil eines Reliefs einer abgemeißelten Figur, an deren Rändern noch ein umgehängter Bogen sowie ein leerer Köcher erkennbar sind, befindet. Dies ermöglichte die namentliche Zuordnung von Vosegus zu den beiden Reliefs der Waldgottheiten mit umgehängtem Bogen und leerem Köcher aus Reichshoffen und Langensoultzbach. Die fünfte Inschrift stammt vom Donon (römische Provinz Gallia Belgica, heute im Elsass) – hier wird Vosegus zusammen mit Hekate genannt.[13][2]
Helmut Birkhan: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. 2., korrigierte und erweiterte Auflage. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1997, ISBN 3-7001-2609-3.
Richard Leiner: Vosegus – Auf den Spuren des Gottes der Vogesen und des Pfälzerwaldes. In: Mitteilungen der Pollichia, Band 101 für 2020 bis 2022, Neustadt a.d. Weinstr. 2002, ISSN2367-3168, S. 7–15 (online).
Patricia Monaghan: The Encyclopedia of Celtic Mythology and Folklore. Infobase Publishing, 2014, ISBN 978-1-4381-1037-0, S.465 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 8. Januar 2017]).
Achim Bourmer, Beate Szerelmy: Baedeker Allianz Reiseführer Elsass, Vogesen. In: Rainer Eisenschmid, Beate Szerelmy (Hrsg.): Baedeker-Allianz-Reiseführer. 9. Auflage. Baedeker Allianz Reiseführer, 2011, ISBN 978-3-8297-1231-6, S.17 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 8. Januar 2017]).
↑ abStèle de Mercure portant un petit sanglier. In: Plateforme ouverte du patrimoine.Ministerium für Kultur (Frankreich), abgerufen am 16. Dezember 2024 (französisch): „Précisions sujet représenté:... Notes : Cette divinité forestière a parfois été interprétée comme une représentation du dieu topique Vosegus, qui personnifierait les Vosges, protégeant le jeune dieu gaulois Esus, en un parallèle « celtique » de Mercure protégeant le jeune Bacchus.“
↑ abHelmut Birkhan: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1997, ISBN 3-7001-2609-3, S. 683.
↑Stèle votive (n° 1). In: Plateforme ouverte du patrimoine.Ministerium für Kultur (Frankreich), abgerufen am 16. Dezember 2024 (französisch): „Description de l'iconographie: Dieu Vosegus portant un marcassin, avec un arc ; à ses pieds un chien.“
↑Bernhard Maier: Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. S. 332.