Ursula Schultze-Bluhm (geb. Bluhm, Künstlername Ursula, Signatur auch UrsuLa; * 17. November1921 in Mittenwalde; † 9. April1999 in Köln) war eine deutsche Malerin. Sie zählt zu den bedeutendsten deutschen Künstlerinnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Ursula Bluhm wuchs in Mittenwalde, Mark Brandenburg auf und besuchte das Realgymnasium zu Königs Wusterhausen. Nachdem sie 1938 nach Berlin-Lichtenrade übersiedelte, entstanden ihre ersten Prosatexte und Sprachstudien. Während des Zweiten Weltkriegs war sie zur Bürotätigkeit dienstverpflichtet. Von 1945 bis 1953 arbeitete Bluhm in der Kulturabteilung der Amerika-Haus-Programme in Berlin und Hessen. 1950, ein Jahr nach ihrem Umzug nach Frankfurt am Main, begann sie zu malen und schrieb begleitende Gedichte. Seit ihrem ersten Besuch 1951 hielt sie sich regelmäßig in Paris auf. 1954 wurde sie von Jean Dubuffet für sein Musée de l’Art Brut in Paris entdeckt und verwendete von da an den Künstlernamen Ursula.
Ihre erste Einzelausstellung fand 1954 in der Galerie Franck in Frankfurt am Main statt. 1955 heiratete sie den deutschen Maler Bernard Schultze, einen Vertreter der Kunstrichtung Informel. Ihr bürgerlicher Name war von nun an Schultze-Bluhm.
Sie wurde ab 1959 von der Galerie Daniel Cordier in Paris und Frankfurt am Main vertreten und regelmäßig ausgestellt. Von 1964 bis 1967 reiste sie mehrfach nach New York, Washington, D.C. und Paris. 1968 zog sie mit ihrem Mann nach Köln. In den 70er Jahren erfolgten Studienreisen nach St. Petersburg, Sri Lanka, Thailand, Burma, Mexiko, Guatemala, Hongkong, Bali und Singapur. 1971 hielt sie sich für einige Monate in den Vereinigten Staaten auf und nahm an Gruppenausstellungen teil. 1977 war sie Teilnehmerin der Documenta 6 in Kassel und im Jahr 1979 nahm sie an der Biennale von Sydney teil.
Unter ihrem Künstlernamen URSULA wird sie im Mitgliederverzeichnis des Deutschen Künstlerbundes aufgeführt.[1] Zwischen 1966 und 1989 beteiligte sie sich an insgesamt vierzehn großen DKB-Jahresausstellungen.[2]
Im April 1999 starb Ursula in Köln. Ihre Grabstätte befindet sich auf dem Kölner Melaten-Friedhof (Flur 39). Posthum wurden sie und ihr Mann im November 2024 zu verdienstvollen Bürgern ernannt und ihr Grab wird als Ehrengrab durch die Stadt Köln erhalten.[3]
2007 entstand ein umfassendes Werkverzeichnis der Gemälde, Objekte und Zeichnungen von Ursula, herausgegeben von Evelyn Weiss.[4] Im Jahr 2023 widmet das Ludwig Museum in Köln der Künstlerin eine Retrospektive, Ursula – Das bin ich. Na und? mit über 200 Arbeiten, davon 44 aus der eigenen Sammlung.[5]
Werk
Ursula ist mit ihrem exzentrischen und zutiefst subjektiven Œuvre eine bemerkenswerte Künstlerin der Nachkriegsavantgarde. Surrealistische und poetische Elemente sind Hauptmotive ihrer Phantasiewelten. In minutiösen, kleinteiligen Zeichnungen und Gemälden schaffte die Autodidaktin ein eigenständiges Werk, welches sich weder in die Kategorien der Art Brut oder Outsider Art, noch in andere Strömungen figurativer Nachkriegskunst eindeutig einordnen lässt. Großformatige Schrein-Objekte und Pelz-Öl-Assemblagen zeigen eindrücklich das immer wieder Grenzen überschreitende Denken dieser unverwechselbaren Künstlerinposition.[6]
1958 entstanden die ersten Assemblagen. Seitdem arbeitete Ursula immer mehr realitätsbezogen und entwickelte gleichzeitig eine Hinwendung zu einer individuellen Mythologie. Sie begann an kleinen Objekten zu arbeiten, sowie ab 1965 immer mehr an Pelz-Öl-Assemblagen mit schreinartigem Charakter. Ab 1974 entstanden großformatige Zeichnungen in Sepia-Feder-Technik, ab 1976 intensivierte sie ihre Arbeit an großen Objekten. Ab 1984 entstanden neben ihrer Malerei immer mehr Text- und Zeichnungsarbeiten, sowie Pelz-Öl-Assemblagen.[7]
1998: Ursula und Bernard Schultze - Fünf Jahrzehnte Kunst-Duett. Gemälde und Arbeiten auf Papier, Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach Bern, 25.4. – 8.8.1998
1998: Ursulas phantastische Welt, Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union, Brüssel, 19.9. – 23.10.1998
1979: European Dialogue. The Third Biennale of Sydney at The Art Gallery of New South Wales, The Art Gallery of New South Wales, Sydney (AU), 14.4. – 27.5.1979
1989: Glanzlichter. 40 Jahre Engagement des Bundes für die Kunst, Städtisches Kunstmuseum Bonn, 8.9. – 22.11.1989
1989: Donations Daniel Cordier. Le regard d’un amateur, Musée National d’Art Moderne, Centre Georges Pompidou, Paris (FR), 2.11.1989 – 21.1.1990
1992: Labyrinth der Welt und Lusthaus des Herzens: Johann Amos Comenius/ Jan Amos Komensky (1592-1670). Europäische Dimension der Kultur, Museum Bochum, 5.9. – 8.11.1992
2000: Den Frauen in der Kunst verschwistert. Kunst von Frauen in der Sammlung Ulla Pietzsch, Sammlung Ulla und Heiner Pietzsch, Berlin, Juli/August 2000
2002: Die große Abstraktion. 8. Studioausstellung, Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach/Bern, 29.6. – 12.10.2002
2007: Die Kunst zu Sammeln, Museum Kunstpalast, Düsseldorf
2018: ALLE: Künstlerinnen und Künstler in der Overbeck-Gesellschaft Lübeck 1918–2018, Overbeck Gesellschaft, Lübeck, 2018
2021: Tertiärgestalten, Galerie Clemens Thimme, Karlsruhe, 12.11. - 30.12.2021
2022: Max Ernst und die Natur als Erfindung, Kunstmuseum Bonn, 13.10.2022 - 22.01.2023
2023: Of Orchids and Wasps, Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin, 04.03. - 15.04.2023
Das Museum Ludwig in Köln verwaltet einen Großteil des künstlerischen Nachlasses von Ursula und Bernard Schultze. In Gedenken an das Künstlerehepaar rief das Museum im September 2017 die Projektreihe Schultze Projects ins Leben. Im Dreijahresrhythmus soll eine Künstlerin oder ein Künstler eingeladen werden, ein Werk für die prominente Stirnwand im Treppenhaus des Museum Ludwig anzufertigen.
Bisherige Künstlerinnen und Künstler der Projektreihe:
Ausst.-Kat.: Ursula. Retrospektive. Werke 1951–1992, mit einem von Ursula gestalteten Umschlag. Von der Heydt-Museum Wuppertal, Stadtmuseum Köln und Kunsthalle Bremen, München. Darin: Sabine Fehlemann, Werner Schäfke und Siegfried Salzmann, Vorwort, S. 7-9; Doreet LeVitte Harten, Das Kommende oder Ur-Sula, S. 21–24; Lothar Roman, Wo Schein und Sein einander zusetzen, S. 25–30; Karl Ruhrberg, Mythen der Wirklichkeit, S. 31–35; Werner Schäfke, Köln-Bild. Geschriebene Landschaft-erzähltes Bild, S. 37 f.; Heiner Stachelhaus, Je phantastischer, um so realer, S. 39–42; Evelyn Weiss, Ein Abenteuer in Basel, S. 43 f, ISBN 3-7774-6040-0.
Ausst.-Kat.: Ursula – Das bin ich. Na und?, hrsg. v. Stephan Diederich, mit Textbeiträgen von Patricia Allmer, Stephan Diederich, Yilmaz Dziewior, Helena Kuhlmann, Chus Martínez, Elizabeth A. Povinelli, Köln 2023, ISBN 978-3-7533-0405-2.
Ausst.-Kat.: Entfesselte Form. Fünfzig Jahre Quadriga, Hofer, Sigrid (Hg.), Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie, Frankfurt am Main 2002.
Ausst.-Kat.: ANDERS NORMAL! Revision einer Sehschwäche, Kohl, Christoph/ Rinke, Claudia, Märkische Museum Witten, Dortmund 2021.
Hövelmeyer, Marion: Pandoras Büchse. Konfigurationen von Körper und Kreativität. Dekonstruktionsanalysen zur Art-Brut-Künstlerin Ursula Schultze-Bluhm. Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89942-633-5.
Ausst.-Kat.: Museum Ludwig, Köln: Ursula – Das bin ich. Na und?, Diedrich Stephan (Hg.), mit Textbeiträgen von Patricia Allmer, Stephan Diederich, Yilmaz Dziewior, Helena Kuhlmann, Chus Martínez, Elizabeth A. Povinelli, Köln, 2023, ISBN 978-3-7533-0405-2.
Rommerskirchen, Theo (Hrsg.): Ursula. Remagen-Rolandseck 1993, ISBN 3-926943-33-5.
Spielmann, Peter (Hrsg.): Ursula. Bilder, Objekte, Zeichnungen. Museum Bochum, Kunstsammlung, 24. März–6. Mai 1979. Staatliche Kunstsammlungen, Kassel, Neue Galerie, 26. Mai–15. Juli 1979. Saarland-Museum, Saarbrücken, Moderne Galerie, 1980. Museum Bochum, Bochum 1980, ISBN 3-8093-0046-2.
Weiss, Evelyn (Hrsg.): Ursula. Werkverzeichnis, mit Beiträgen von Heinz Althöfer, Barbara Herrmann, Christa Lichtenstern und Evelyn Weiss, München 2007, ISBN 978-3-7774-9230-8.
↑Weiss, Evelyn (Hrsg.): Ursula. Werkverzeichnis, mit Beiträgen von Heinz Althöfer, Barbara Herrmann, Christa Lichtenstern und Evelyn Weiss, München 2007, ISBN 978-3-7774-9230-8
↑Weiss, Evelyn (Hrsg.): Ursula. Werkverzeichnis, mit Beiträgen von Heinz Althöfer, Barbara Herrmann, Christa Lichtenstern und Evelyn Weiss, München 2007, ISBN 978-3-7774-9230-8.