Unternehmen HubertusUnternehmen Hubertus war eine militärische Operation der deutschen 6. Armee während der Schlacht um Stalingrad im Zweiten Weltkrieg. Ziel des Unternehmens war es, durch Pioniertruppen den letzten Widerstand der sowjetischen 62. Armee im Häuserkampf zu brechen und die Stadt vollständig zu erobern. Die Operation wurde vom 9. bis zum 18. November 1942 durchgeführt und blieb erfolglos. Gliederung der Sturmpioniere
Die Waffenuntergattung der Sturmpioniere entwickelte sich hauptsächlich im Krieg gegen die Sowjetunion 1941–1945 aus dem Aufgabenfeld der Infanterie. Zunächst nur gegen Bunkerstellungen der Roten Armee eingesetzt, erfuhren die Sturmpioniere eine zunehmende Spezialisierung als Grenadier oder Panzer-Nahkämpfer. Leutnant Josef Trausnitz vom Heeres-Gebirgspionier-Bataillon 85 war einer der ersten Sturmpioniere, die Bunker mit Sprengladungen und Minen eroberten und somit zum Ruf der Sturmpioniere als Spezialisten des Infanteriekampfes beitrugen. Im Laufe des Krieges erhielten Pioniere vielfältige Aufgaben: Einsatz gegen feindliche Befestigungen, Errichten von Brückenköpfen, Stoßtruppbildung bei Gegenangriffen und Panzerabwehr.[3] Die Bewaffnung bestand in der Regel aus Flammenwerfern, Maschinenpistolen und Sprengladungen.[4] In der Schlacht um Stalingrad bildeten oft auch abgeurteilte Soldaten und Strafgefangene Sturmpioniereinheiten zur Bewältigung besonders gefährlicher Aufgaben. AusgangssituationNachdem es der 6. Armee im Spätherbst 1942 nicht gelungen war, die verbliebenen Stellungen der Roten Armee in Stalingrad zu erobern, die sich auf etwa 10 Prozent der Stadtfläche zurückgezogen hatte, befahl Hitler, die Sturmpioniereinheiten als Spezialisten für den Häuserkampf zusammenzuziehen und nach Stoßtrupptaktik in Stalingrad einzusetzen.[4]
– Adolf Hitler: am 8. November 1942 im Münchener Löwenbräukeller[5] Bereits im Vorfeld äußerte Generalmajor Arthur Schmidt, Generalstabschef der 6. Armee, gegenüber General der Infanterie Georg von Sodenstern, dem Generalstabschef der Heeresgruppe Süd, große Bedenken, dass die von den Pionieren im Nahkampf freigekämpften Geländeabschnitte angesichts der großen zahlen- und materialmäßigen Überlegenheit der Sowjetarmee von den schwachen Infanteriekräften unmöglich nachhaltig behauptet werden können.[6] Die Sturmpioniere waren dem Kommandeur des LI. Armeekorps, Walther von Seydlitz-Kurzbach, unterstellt. Der vom PiBtl. 672[6] abgestellte Major Josef Linden[4] erhielt den Auftrag, die sowjetischen Brückenköpfe westlich der Wolga im Stalingrader Innenstadtbereich und in den nördlichen Industriekomplexen endgültig zu vernichten. Linden war dem Armeepionierführer Oberst Herbert Selle unterstellt, welcher wiederum Einsatzbefehle direkt von Generalleutnant Erwin Jaenecke, dem Kommandeur der 389. Infanterie-Division erhielt.[7] 1. November 1942Am 1. November 1942 wurde der vorerst letzte größere Angriff der 79. Infanterie-Division im Stahlwerk „Roter Oktober“ durch starkes sowjetisches Artilleriefeuer östlich der Wolga abgewehrt und die Gefechtskraft der dort operierenden Division dadurch empfindlich geschwächt.[8] Das LI. Armeekorps beschloss aufgrund dieser Erfahrung, keine größeren Kampfverbände mehr einzusetzen. In der Nacht vom 1. auf den 2. November 1942 wurde die 95. Schützen-Division an das westliche Wolgaufer gebracht, um die Verteidiger des Industriekomplexes zu verstärken und den Gegner daran zu hindern, am Steilufer Fuß zu fassen.[9] Als Angriffsziele für die Offensive der neu eintreffenden Sturmpionier-Bataillone wurden zunächst die Geschützfabrik „Barrikaden“ (russ. Красные Баррикады – Krasnyje Barricady) und die östlich des Mamajew-Hügels gelegene Eisenbahnschleife „Tennisschläger“ mit der Chemischen Fabrik „Lazur“ ausgegeben. Paulus hatte die Einnahme der Fabrik „Lazur“ bereits Ende September als Hauptziel formuliert, um die 62. Armee an einer taktisch bedeutsamen Stelle zu spalten. Verteidigt wurde das stark befestigte Werk von der 284. SD., da auch Tschuikow „Lazur“ als eine seiner bedeutendsten Festungen ansah.[10] Weitere Haupteinsatzziele waren das Stahlwerk „Roter Oktober“ (russ. Красный Октябрь – Krasny Oktjabr) und das östlich der Geschützfabrik gelegene Kommissarshaus (ein massives zur Festung ausgebautes U-förmiges Gebäude) und die Apotheke.[4] Die Pionierbataillone 50, 162, 294 und 336 wurden aus ihrem Frontabschnitt abgezogen, in Millerowo und Rossosch bei Woronesch am Don zusammengefasst und am 6. November 1942 mit Transportmaschinen nach Stalingrad eingeflogen.[4] Alle fünf Bataillone hatten bereits Kampferfahrung an der Ostfront und waren nach Meinung des Oberkommandos der Wehrmacht gut für ihren bevorstehenden Einsatz und dem Gefecht auf engstem Raum geeignet.[11] 6. November 1942Am 6. November 1942 erteilte Hitler der 6. Armee den Befehl, zunächst den sowjetischen Widerstand östlich der Geschützfabrik „Barrikaden“ und des Stahlwerks „Roter Oktober“ zu brechen und das gesamte nördliche Wolgaufer zu säubern, bevor das Angriffsziel Chemische Fabrik „Lazur“ wieder aufgenommen werden sollte.[12] Schwerpunkt der Großoffensive sollte die 305. Infanterie-Division bilden, deren Infanterieregimenter mit jeweils einem Sturmpionierbataillon an der Spitze verstärkt wurden. Geplant war ein Angriff mit verbundenen Waffen und Artillerieunterstützung in einem schmalen Frontabschnitt.[13] 8. November 1942Bereits am 8. November 1942 erlitt das Pionier-Bataillon 336 den Verlust von 18 Mann, als sich das Bataillon im Bereitstellungs- bzw. Verfügungsraum, einer verminten Halle der Geschützfabrik „Barrikaden“, sammelte und organisierte. Das PiBtl. 336 sollte mit 600 Soldaten die vier Kompanien (37 Überlebende von 400 Mann) von Major Eugen Rettenmaier auffüllen und die Sowjets aus ihren Unterständen und Gängen am Wolga-Steilufer werfen. Eine Einweisung in die besonderen Kampftechniken der Stalingradschlacht durch Rettenmaier wurde von den erfahrenen Pionieren abgelehnt, da sie der Meinung waren, nur eine weitere Routineaufgabe ähnlich dem Einsatz bei Woronesch (Woronesch-Woroschilowgrader Operation: Übersetzen der Pioniere über den Don und Kampfeinsätze unter Major d.R. Gerhard Konopka) vor sich zu haben. Diese Fehleinschätzung der Lage war teilweise auch ein Grund für den Misserfolg der Unternehmung.[14] Rettenmaier, Kommandeur des IR 578/305. ID, erhielt als Einsatzraum die sich teilweise noch im Rohbau befindlichen Häuserzeilen zwischen der Geschützfabrik „Barrikaden“ und dem Wolgaufer. Das LI. Armeekorps sollte am 8. November 1942 das Wolgaufer östlich der Geschützfabrik einschließlich der Öltanks sowie die Südwestecke der Ziegelei nehmen. Dazu mussten die 305. ID und der Südflügel der 389. ID bei Tagesanbruch einen überraschenden Angriff mit verstärkten Grenadierregimentern auf das Wolgaufer durchführen. Durch tief gestaffelten Aufmarsch und Bereitstellung starker Reservekräfte sollte auf vorderster Linie sichergestellt werden, dass einerseits die Kampfstärke beibehalten würde und außerdem genügend Kräfte vorhanden sein würden, um umliegende Widerstandsnester zu bekämpfen und die Keller der eroberten Gebäude zu säubern. Die Sturmpionier-Bataillone sollten nicht als Regiment zusammengefasst operieren, sondern die gewöhnliche Infanterie verstärken, um mit ihren schweren Waffen im Nahkampf zu kooperieren. Die 71. ID, 295. ID, 100. JD einschließlich der Gruppe Schwerin (79. ID) mussten gut vorbereitete Stoßtruppunternehmen ausführen, um den Gegner bei der Ausweitung der Frontlinie zu täuschen. Die Gruppe Schwerin erhielt zusätzlich den Auftrag, nach Angriffsbeginn flankierende Infanterie- und Artillerieangriffe abzuwehren.[15] Man nahm an, dass die Rote Armee schwerpunktmäßig Elitetruppen in den Brückenköpfen positioniert hatte und dass Offiziere und Politkommissare mit harter Disziplin Desertation oder mögliche Kapitulationsbestrebungen sofort unterbinden würden. Ein großflächiger Panzereinsatz war in der Trümmerlandschaft nicht möglich. Die 62. Armee unterhielt ein Netz an Laufgräben und Tunneln, das es ihr ermöglichte, an unterschiedlichen Orten Feuerüberfälle zu starten und sich unbemerkt wieder zurückzuziehen.[16] Angriffsgliederungen und AngriffszieleGefechtsordnung LI. Armeekorps am 3. November 1942[17]
Gefechtsordnung LI. Armeekorps am 7. November 1942[18]
Deutsche Angriffsziele am 10. November 1942 im Sektor Geschützfabrik „Barrikaden“
Gefechtsordnung LI. Armeekorps am 11. November 1942[20]
Gesamtsituation und Gefechtsordnung der 62. Armee in Stalingrad am 13. November 1942[21]
Verlauf des Unternehmens Hubertus9. November 1942Am 9. November 1942 begann bei stark fallenden Temperaturen um −18 °C[22] das als erste Phase der Endoffensive gegen die letzten sowjetischen Verteidigungsstellungen westlich der Wolga geplante „Unternehmen Hubertus“. In den frühen Morgenstunden begann die konzentrierte Artilleriefeuervorbereitung, gleichzeitig rückten die ersten Stoßtrupps der Sturmpioniere zu den geplanten Angriffszielen vor. Die reguläre Infanterie rückte als zweite Welle gegen die Ziele vor, hatte jedoch nicht die ausreichende Kampfkraft, um das Zwischengelände der einzelnen Abschnitte zu sichern. Das PiBtl. 294 erreichte wie geplant seinen Sektor bei den Treibstoffanlagen am westlichen Wolgaufer. Das PiBtl. 50 konnte zwei Fabrikgebäude erobern, wurde aber in seinem Angriff vor der stark befestigten Apotheke und dem „Roten Haus“ (Parteigebäude) niedergehalten. Das PiBtl. 336 konnte einige Wohnhäuser nehmen und bis zur Divisionsgrenze an einer zur Wolga parallel verlaufenden Straße vorstoßen. Das eroberte Gelände musste jedoch teilweise wieder aufgegeben werden, da die 305. Infanterie-Division den umliegenden Raum wegen Abnutzungserscheinungen nicht sichern konnte. Die Offensive der PiBtl. 162 und 389 kam jedoch vor dem „Weißen Haus“ zum Stillstand, da der Widerstand der sowjetischen Gardeschützen in den Trümmerfeldern nicht gebrochen werden konnte.[23]
– Politoffizier Belugin[24] Bereits am ersten Tag wurden 20 % Mannschaftsverluste verzeichnet. Fatal war die Lage bei der Geschützfabrik „Barrikaden“, da sich sowjetische Scharfschützen in den Trümmern, Ruinen und Bombentrichtern postiert hatten und die Befehlskette durch gezieltes Töten der deutschen Offiziere unterbrachen. Reserven der 62. Armee wurden vom Wolgaufer durch die Kanalisation inmitten der Stellungen der Wehrmacht herangeführt, wo sie in kurzen und überraschenden Feuergefechten für Chaos und Verwirrung sorgten. Wo die Kanaldeckel lokalisiert werden konnten, verschloss die Wehrmacht diese mit Eisenträgern aus den Fabriktrümmern oder schüttete Benzin in das Untergrundsystem und zündete es an.[25] Die Pioniere kamen viel langsamer voran, als ursprünglich geplant, da sich ihre sperrigen und schweren Kampfmittel und Waffen im extrem unwegsamen Trümmergelände als sehr hinderlich erwiesen. Das Überwinden der Hindernisse verlangte große Aufmerksamkeit, so dass die Rote Armee sehr erfolgreiche Feuerüberfälle durchführen konnte. Ohne nachrückende Infanterieunterstützung wurden die Pioniere oft von den eigenen Einheiten abgeschnitten und mussten sich vorzeitig wieder zurückziehen.[26] Die zahlreichen sowjetischen Gegenangriffe erhöhten den Munitionsverbrauch der Deutschen derart, dass bereits eroberte Gebäude wieder aufgegeben werden mussten. Der Tagesbefehl am 9. November 1942 konnte schließlich nicht erfüllt werden, da die Kampfkraft der Infanterietruppen nach den langen und auszehrenden Kämpfen im September und Oktober 1942 zu schwach war, um den Geländegewinn der Sturmpioniere zu halten. Sturmgeschütze konnten bei den schnellen Infanterievorstößen nur sehr unzureichend eingesetzt werden und nur flankierend als Feuerschutz wirken. Nicht eingenommen werden konnte die freistehende Apotheke, 300 bis 400 Meter von der Wolga entfernt, und das sich direkt auf dem Steilhang befindliche Haus 78. Die Rotarmisten konnten sich ebenfalls im festungsartig ausgebauten Kommissarshaus halten.[27] Das IR 578, verstärkt durch das PiBtl. 50 und das PiBtl. 305, sollte am 10. November 1942 erneut die stark befestigten Stellungen der 62. Armee am Wolgaufer angreifen. Alle verfügbaren Artilleriebatterien in diesem Gefechtsabschnitt sollten den Angriff vorbereiten. Angriffsschwerpunkt waren die Apotheke und das freistehende Kommissarshaus.[28] Zwischen Apotheke und Kommissarshaus lag eine völlig zerstörte Mondlandschaft, die eine unbemerkte Annäherung unmöglich machte. In das Kommissarshaus war kein Eindringen möglich, da Fenster und Türen des Erdgeschosses mit Schutt und Trümmern verbarrikadiert waren. In den Außenwänden des Gebäudes befanden sich Schießscharten, aus denen die Rotarmisten mit automatischen Waffen zunächst sämtliche Angriffsbemühungen abwehrten.[29] Gleichzeitig sollten das IR 576 gegen das Treibstofflager und das IR 578 gegen Haus 78 vorgehen.[30] Auch im Sektor Stahlwerk „Roter Oktober“ kam es seit den frühen Morgenstunden zu Feindberührung der 79. ID mit dem 180. Gardeschützen-Regiment (37. GSD) in den Hallen Nr. 2 und Nr. 10, die sich zu erbitterten Nahkämpfen entwickelten. Die Sturmgeschützabteilung 244 sollte die in Bedrängnis geratene 79. ID dabei unterstützen. Die 79. ID litt mehr als ihre Nachbareinheiten unter dem permanenten sowjetischen Artilleriebeschuss, seitdem sie die rechte Flanke der 24. PD sicherte. Da die deutschen Angriffsverbände die Chemische Fabrik „Lazur“ bedrohten, konzentrierten sich die Gegenstöße der 62. Armee auf diese Zone. 10. November 1942Am 10. November 1942 wurde Major Linden vom Kommandeur des LI. Armeekorps, Walther von Seydlitz-Kurzbach, im Gefechtsstand „Schnellhefter“ westlich vom Geschützwerk „Barrikady“ zum Rapport bestellt. Linden erbat ein weiteres Infanterieregiment zur Unterstützung der „ausgebluteten“ 305. Infanterie-Division und der vorgeschobenen Sturmpionierbataillone, um schnelle Erfolge zu haben. Dies wurde ihm verweigert, da der Nachrichtendienst bereits große sowjetische Verbände meldete, die sich an der nördlichen und südlichen Flanke der 6. Armee zusammenzogen. Von dort könne kein weiteres Infanterieregiment mehr abgezogen werden. Daraufhin erbat Linden, seine bereits stark angeschlagenen Sturmpioniere als Spezialisten für die geplante Frühjahrsoffensive 1943 schonen zu dürfen, was jedoch von Seydlitz-Kurzbach ebenfalls verweigert wurde. Am gleichen Tag fand ein weiterer Großangriff statt, nachdem eigene Kräfte umgruppiert worden waren und der Gegner seine Verteidigungsstellungen verstärkt hatte. Das PiBtl. 294 verblieb am rechten Flügel der 305. ID, um Störangriffe aus dem Süden abzuwehren. Das PiBtl. 162 wurde von der 389. ID abgezogen, um das in Bedrängnis geratene Zentrum der 305. ID zu unterstützen.[30] Nach Anbringung von Sprengladungen gelang der Einbruch in das hart umkämpfte Kommissarshaus. Nachdem die oberen Stockwerke und Gänge geklärt waren, zogen sich die Rotarmisten in das Kellergeschoss zurück. Pioniere rissen den Boden auf, gossen Benzin in den Keller und warfen Tornisterladungen hinein. Außen zündeten deutsche Soldaten Nebelhandgranaten, um die aus dem Haus Flüchtenden zu blenden. Bei der Explosion des Kommissarshauses kamen alle darin befindlichen Personen um.[31]
– Unser Heer, November 1942[32] 11. November 1942Am 11. November 1942 um 6:50 Uhr wurde das Unternehmen Hubertus konzentriert mit starkem Artilleriefeuer auf nur 5 km Frontbreite zwischen der Wolchowstrojewskaya-Straße im Norden und der Bannyi-Schlucht im Süden fortgesetzt und sechs der in Stalingrad kämpfenden Divisionen (79. ID, 100. JD, 295. ID, 305. ID, 389. ID und 14. PD) rückten vor.[33] Die intensiven Nahkämpfe und Feuergefechte auf kürzeste Distanz dauerten nur 5 Stunden an, wobei häufig der Flammenwerfer-Einsatz das Gefecht entschied.[31] Im Südabschnitt wurde das PiBtl. 179 in schwere Kämpfe um die „uneinnehmbare“ Martinsofenhalle / Halle 4 (russ. Martenovskii Мартеновски заводской цех) im Stahlwerk „Roter Oktober“ verwickelt. Das gesamte Fabrikgelände befand sich bereits seit Oktober 1942 im Besitz der Wehrmacht, lediglich die zur Festung ausgebaute Martinsofenhalle konnte vom kroatischen Infanterieregiment 369 trotz intensivster Bemühungen nicht genommen werden, da die Rotarmisten ihre Verluste durch ein verwinkeltes Tunnel- und Röhrensystem immer wieder ausgleichen konnten. Die Martinsofenhalle (Halle 4) im nördlichen Bereich des Stahlwerkes enthielt acht in den Boden eingelassene Martinsöfen. Im Untergeschoss, 40–50 m unter der Halle, befanden sich Lagerräume und Kantinen. Halle 4 schützte das Hintergelände der Schlackehalden und der Fingerschlucht samt „Weißem Haus“ und „Rotem Haus“, ebenfalls Eckpfeiler der sowjetischen Verteidigung am Wolgasteilufer. Die Eroberung des Stahlwerkes durch die 79. Infanterie-Division und 100. Jäger-Division konnte ohne Inbesitznahme der Martinsofenhalle nicht abgeschlossen werden; ein Angriff von Norden auf den Brückenkopf an der Wolga war dadurch undenkbar. Bisherige Versuche der Wehrmacht, Halle 4 zu erobern, schlugen alle fehl. Luftangriffe und Mörserfeuer blieben wegen der massiven Bauweise der Martinsöfen wirkungslos, ebenso der Einsatz schwerer Waffen gegen die stark befestigte Stellung. Angriffe des IR 226 auf die Halle wurden von den ca. 400 Verteidigern des 3. Btl./120. GSR (39. GSD) und 2. Btl./253 SR[34] mehrfach zurückgeschlagen. Gründe für das Scheitern waren die stark verminderte Kampfkraft durch die Abnutzungskämpfe in den nördlichen Industriekomplexen, die Überanspannung durch nahezu pausenlose Kämpfe und fehlende Mannschaftsstärke, so dass gewonnene Gebietsabschnitte nicht gehalten werden konnten. Im Gegenzug konnte die Rote Armee durch Tunnel und Gänge unter der Martinsofenhalle ständig Reserven vom Wolgaufer direkt in die Gefechte führen. So wurde ein Großteil der deutschen Truppen durch die Kämpfe um Halle 4 gebunden. Hauptmann Helmut Welz vom PiBtl. 179 erhielt den Befehl, die Martinsofenhalle am 10. November 1942 endgültig niederzuwerfen. Welz widersetzte sich zunächst diesem Befehl, da das Bataillon seiner Einschätzung nach in den vorangegangenen Kämpfen bereits zu große Verluste erlitten hatte. Ein erfolgreicher Angriff auf die Halle schien ihm daher nicht durchführbar.
– Generalleutnant Richard Graf von Schwerin[35] Tschuikow merkte an, dass der Divisionsbefehlshaber aus einer 10 km entfernten Stellung die Durchführbarkeit eines solchen Unternehmens hätte gar nicht beurteilen können.[36] Im Gegensatz zu den Wehrmachtsoffizieren waren die Kommandeure der 62. Armee meist in unmittelbarer Nähe des Kampfgeschehens und konnten somit rasche Entscheidungen vor Ort treffen, was sich als großer Vorteil im Kampf um Stalingrad erwies. Der Oberbefehlshaber der Kroatischen Legion (serbokroatisch: Hrvatska Legija), Oberst Viktor Pavičić, stellte das einzige noch existierende Bataillon unter Major Breivikow[37] (300 Mann) ab, um Welz Kampfunterstützung zu bieten. Zu Beginn der Kämpfe im Stahlwerk „Roter Oktober“ zählte das 369. IR noch 5000 Soldaten.[38] Im Zuge der Vorbereitungen konnte der Angriff zumindest um einen Tag auf den 11. November verschoben werden.
Angriffsbefehl für das PiBtl. 179:[39]
Die Sturmpioniere wurden mit Maschinenpistolen, Flammenwerfern, Handgranaten, geballten Ladungen, Sprengkörpern, Nebelkerzen und Schützenminen ausgestattet. Es wurden 4 Stoßtrupps zu je 30–40 Mann gebildet, welche im Abstand von 30 Metern von Sicherungstrupps gefolgt werden sollten. Das gewonnene Gelände sollte dann schließlich vom kroatischen 369. Infanterie-Regiment dauerhaft gesichert werden. Der Einbruch in Halle 4 sollte nicht durch Tore oder Fenster geschehen, sondern durch eine mittels Sprengladung geschlagenen Bresche. Scharfschützen aus dem Leiterhaus sollten durch Flakgeschütze niedergehalten und bekämpft werden.[39]
Sturmpioniere bahnten sich in den frühen Morgenstunden Gassen durch die Minenfelder im Trümmerfeld der zerschossenen Güterwagen vor der Martinsofenhalle. Deutsche Artillerievorbereitung wurde von wesentlich stärkerem russischem Granatfeuer aus Geschützen am östlichen Wolgaufer erwidert, so dass bereits empfindliche Ausfälle verzeichnet werden mussten, noch bevor der Angriff beginnen konnte. Der durch die Granateinschläge verursachte dichte Qualm und die daraus resultierende geringe Sichtweite machte die Koordination des Angriffs sehr schwierig. Die Sprengladung konnte erfolgreich angebracht werden. Den ersten Stoßtrupps gelang es fast unmittelbar nach der Detonation, über die Bresche in Halle 4 einzudringen. Aus der Martinsofenhalle drang bereits Gefechtslärm, als das kroatische Infanterieregiment unter schweres MG-Feuer geriet. Russische MPI-Schützen feuerten von Dachgestängen und Erdbunkern und fügten den vorrückenden Sturmpionieren von Anfang an schwerste Verluste zu. Die Vorwärtsbewegung in dem von Trümmern übersäten Gebäude war fast unmöglich. Quer durch die Halle verlief eine Barriere aus Loren, Schienen, Eisenstangen und Querträgern. Die Angreifer verfingen sich im Drahtgewirr am Boden oder wurden an Engpässen systematisch ausgeschaltet. An vielen Stellen mussten die Pioniere in einer Reihe über einzelne Stahlträger balancieren; diese Positionen lagen unter ständigem Beschuss durch russische Maschinengewehre. Sowjetische Scharfschützen feuerten aus ihren Wechselstellungen in großen Leitungsrohren, bis sie mit Flammenwerfern bekämpft wurden. Nach dreistündigem erbittertem Kampf konnten lediglich 70 Meter kurzfristig von den Deutschen erobert werden. Die eigenen Verluste übertrafen dabei alle Erwartungen der deutschen Divisionsleitung. Beide Stoßtrupps Limbach und Fetzer scheiterten an der Stärke des russischen Widerstandes. Immer öfter wurden rote und grüne Leuchtkugeln abgeschossen, was einen Gegenangriff und das dringende Anfordern von Verstärkung bedeutete. Die Sturmpioniere mussten in den zahlreichen Bombentrichtern in Deckung gehen und waren wegen des präzisen Abwehrfeuers nicht in der Lage, weiteren Geländegewinn zu erzielen. Die nahkampferprobten Kroaten unter Major Breivikovic liefen direkt in russisches Maschinengewehrfeuer, das zahlreiche Todesopfer forderte. Die wenigen Überlebenden gruben sich notdürftig ein. Eine Rückwärtsbewegung oder gar ein Gegenangriff wurden durch die sowjetischen Verteidiger unmöglich gemacht. Erst bei Einbruch der Dämmerung gelang es ihnen, sich aus der Halle zurückzuziehen. Eine andere kroatische Einheit unter Leutnant Rudolf Baricevic konnte die russischen Positionen im unübersichtlichen Trümmerfeld nicht ausmachen und geriet in das Schussfeld von Scharfschützen, die die Kroaten beinahe vollständig eliminierten. Die Rote Armee imitierte teilweise die deutsche Signalmunition, um Artillerieschläge auf ihre Stellungen zu lenken.[40]
Die Sturmpionieroffensive auf die Martinsofenhalle endete in einem Debakel; trotz überproportional großer Verluste wurde kein Geländegewinn erreicht. Allein am 11. November 1942 verlor das LI. Korps 3000 Soldaten und 10 Panzer.[41] Die Kraft der kleinen Stoßtrupps reichte nicht mehr aus, um die Halle 4 zu nehmen. Größere Einheiten wie die 305. Infanterie-Division hätten ihre Kraft in der räumlichen Enge nicht entfalten können, sondern nur ein besseres Ziel geboten und wären gruppenweise ausgeschaltet worden. Major Josef Linden gewann die Erkenntnis, dass die Martinsofenhalle im direkten Frontalangriff nicht zu nehmen sei. In einem abschließenden Bericht wurde vermerkt, dass der deutsche Angriff bedauerlicherweise mitten in die Bereitschaft eines feindlichen Großangriffs getragen wurde. In der Divisionsgeschichte der 79. Infanterie-Division hieß es in der Tagesmeldung vom 11. November 1942:
– aus einem deutschen Feldpostbrief[42] 12. November 1942Helmut Welz beschreibt einen Angriff der Sturmpioniere am 12. November 1942 gegen die Eisenbahnschleife „Tennisschläger“:
Die 100. Jäger-Division zerstörte 19 Bunker des Gegners und die 71. und 295. ID nahmen einige Arbeiterwohnheime beim „Tennisschläger“.[44] Innerhalb von 48 Stunden löste sich der Großangriff in eine Reihe von isolierten Feuergefechten auf. Kleinere deutsche Infanterie-Einheiten erreichten das Wolgaufer, wurden jedoch durch vorstoßende Rotarmisten von ihrem Verband getrennt.[45] Im Stahlwerk „Roter Oktober“ fielen 244 Rotarmisten der 118. GSR innerhalb von 5 Stunden und vom 112. GSR überlebten nur 100 Männer. 440 Pioniere fielen an diesem Tag und die 389. ID hatte 190 Tote und 189 Vermisste zu beklagen.[44] Tschuikow befahl im Gegenzug am 12. November 1942:
– [46] Für den deutschen Generalstab zeichnete sich zwar ein sowjetischer Gegenangriff ab, dessen Möglichkeiten wurden jedoch unterschätzt:
– Oberst R. Gehlen, Abteilung Fremde Heere Ost, 12. November 1942[47] 13. November 1942Durch Verstärkung des PiBtl. 162 konnten am 13. November 1942 die Apotheke und das „Rote Haus“ eingenommen werden. Dies gelang nicht im verlustreichen Frontalangriff, sondern durch geballte Ladungen und Hohlladungen, die vom PiBtl. 50 eingesetzt wurden. Im Tagesbericht der 138. SD wurde von außerordentlich harten Kämpfen um diese Gebäude berichtet. Im Laufe der elfstündigen Feuergefechte drangen Wehrmachtverbände tief in die Formation der eingeschlossenen Schützendivision ein, dabei erreichten ca. 70 MPI-Schützen den Divisionsgefechtsstand der 138. SD. Es entwickelten sich Handgranatenkämpfe um die Treppenaufgänge und die einzelnen Stockwerke, der deutsche Angriff konnte schließlich nach schweren Verlusten auf beiden Seiten abgewehrt werden. Angeblich zählte man danach 1000 Tote im Divisionsabschnitt.[48] Das PiBtl. 162 erlitt 40 % Mannschaftsverluste bei der Spaltung eines sowjetischen Brückenkopfes an der Wolga. Dabei gelang es, einen Keil zwischen zwei Schützen-Regimenter zu schieben und die Benzintanks zu erobern. Ein komplettes sowjetisches Schützen-Bataillon wurde auf 15 Mann reduziert, welche dennoch einen 70 m breiten Uferstreifen an der Wolga halten konnten.[49] Das PiBtl. 162 wurde im Sektor des IR 578 für einen weiteren Einsatz am 13. November 1942 eingesetzt. Das Ziel war die weitere Einschnürung der eingeschlossenen Sowjetverbände hinter der Geschützfabrik „Barrikaden“ im Bereich „Ludnikows Insel“. Die Konzentration galt der Einnahme der befestigten Stellungen am Steilufer. Sprengladungen konnten zwar angebracht werden, die Zünddrähte wurden von der Gruppe Rolik[44] jedoch wieder zerschnitten. Die Angriffsbemühungen wurden durch präzises Artillerie-Abwehrfeuer sowjetischer Batterien vom östlichen Wolgaufer zunichtegemacht. Ein deutscher Panzerverband wurde in Brand geschossen und eine Kompanie auf der Sandbank vernichtet. Die deutschen Infanteristen verminten die Sandbank und zogen sich in die Ausgangsstellung der Balka zurück.[50] Der Wehrmacht gelang am 13. November die Einnahme des Hauses 81, welches in unmittelbarer Nähe des Kommissarshauses lag. Der Einbruch erfolgte im Kellerstockwerk; die höheren Stockwerke wurden nach und nach im erbitterten Nahkampf erobert. Der Einsatz von Sturmgeschützen war im schwierigen bebauten Gelände nur sehr bedingt möglich, da sie den schnellen Angriffen der Sturmpioniere nicht folgen konnten; ihre Aufgabe lag überwiegend im rückwirkenden Feuerschutz.[51] 14. November 1942Der letzte Angriff der Sturmpioniere fand am 14. November 1942 im Bereich Geschützfabrik „Barrikaden“ statt, führte jedoch zu keinem nennenswerten Erfolg. Das PiBtl. 294 verteidigte das Treibstofflager, das PiBtl. 50 (mot.) in östliche Richtung und das PiBtl. 162 gegen Sowjetkräfte im Norden. Die durch Stollengänge miteinander verbundenen sowjetischen Stellungen konnten weder durch Artillerieangriffe, Sprengungen und Minierungen noch durch Handgranatenwürfe wirksam bekämpft werden.
– Lagebericht Oberkommando des Heeres, 14. November 1942[52]
– Sowinformbüro, 15. November 1942[53] 16. bis 18. November 1942Major Rettenmaier berichtete, dass am 16. und 17. November 1942 noch vereinzelte Gefechte stattfanden, wobei lediglich zwei Gebäude der „70er“-Reihe erobert wurden. Am 18. November 1942 wurde Haus 83 durch IR 578 eingenommen.[54] Trotz völligen Fehlschlags der Operation Hubertus ging Hitler von einer Fortsetzung der Angriffe und dem Festhalten an den Minimalzielen aus:
– Führerbefehl vom 17. November 1942[55] BilanzAls Resultat des Unternehmens Hubertus wurden das Kommissarshaus und die Apotheke genommen, die Fabrikkomplexe fielen jedoch nur teilweise in deutsche Hand. Der Großangriff der 305. Infanterie-Division und des Pionierbataillons 179 im Stahlwerk „Roter Oktober“ wurde abgeschlagen und die Martinsofenhalle / Halle 4 verblieb weiter in sowjetischer Hand. Eingesetzt waren etwa 3000 Soldaten, von denen 1000 bei den Kampfhandlungen fielen. Nach dem Unternehmen ließ Oberst Herbert Selle die stark dezimierten fünf Pionierbataillone zu einem Bataillon unter dem Befehl von Major Krüger zusammenfassen und im Gefechtsabschnitt der 305. ID infanteristisch einsetzen.[56] Der Einsatz der Sturmpioniere in den Häuserkämpfen in Stalingrad wird als letzter Versuch der Wehrmacht angesehen, die verbliebenen Brückenköpfe der 62. Armee am westlichen Wolgaufer zu nehmen, ungeachtet der Verluste an Menschen[57] und Material. Mit diesem letzten Einsatz sollte die Entscheidung in der Schlacht um Stalingrad noch vor Winterbeginn herbeigeführt werden. In seiner Rede im Löwenbräukeller am 8. November 1942 sah Hitler diese Entscheidung bereits als gefallen an. Das Unternehmen Hubertus erwies sich als militärisches Fiasko und schwächte entscheidend die Kampftruppen in den nördlichen Industriekomplexen. Während dieser Phase stand die sowjetische Operation Uranus zur Einkesselung der 6. Armee unmittelbar bevor, so dass selbst das Erreichen der Einsatzziele im Unternehmen Hubertus den Ausgang nicht mehr hätte wesentlich entscheiden können.[58] Oberst Herbert Selle sagte über den Verlust der Spezialisten:
Tschuikow schrieb über die letzten deutschen Angriffsbemühungen im November 1942:
Bekannt wurden die Sturmpioniere unter anderem durch den Film Stalingrad von Joseph Vilsmaier aus dem Jahr 1993, der die Geschichte des Pionierbataillons 336 in den Kämpfen um das Stahlwerk „Roter Oktober“ erzählt. Eine andere Sicht der Schlacht, mit Fokus auf die russischen Scharfschützen um Wassili Saizew, brachte 2001 der Kinofilm Duell – Enemy at the Gates. Literatur
Einzelnachweise
Weblinks
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