Tricia Tuttle stammt aus North Carolina. Dort spielte sie als Gitarristin der Band June. Die gehypte, aber nicht sehr langlebige Gitarrenpop-Formation stand bei Beggars Banquet Records unter Vertrag.[2][3]
Im Jahr 2022 nahm Tuttle an der Umfrage der vom BFI herausgegebenen Filmzeitschrift Sight & Sound über die besten Filme aller Zeiten („The Greatest Films of All Time“) teil. Sie wählte folgende zehn Filme aus:[5]
Ab 2008 war Tuttle fünf Jahre für die British Academy of Film and Television Arts (BAFTA) tätig. Im Jahr 2011 folgte dort ihre Ernennung zur Filmprogrammmanagerin. In dieser Funktion arbeitete sie für das BFI London Lesbian and Gay Film Festival (heute BFI Flare) und war als Event Producerin bei The Script Factory in London tätig.[4] Im Jahr 2013 stieg Tuttle beim BFI zur stellvertretende Leiterin für den Bereich Festivals auf. Diese Position hatte sie bis 2017 inne.[6]
Im Jahr 2018 übernahm Tuttle interimsweise das Amt der künstlerischen Leiterin des London Film Festivals von Clare Stewart, die sich eine einjährige Auszeit nehmen wollte. Nachdem Stewart entschied, nicht zurückzukommen, wurde Tuttle im Oktober 2018 zur Nachfolgerin ernannt.[7] Sie betreute bis 2022 insgesamt fünf Auflagen des London Film Festivals und stellte es neu auf.[4] Während ihrer Amtszeit, in die auch die COVID-19-Pandemie fiel, erhielt das größte Filmfestival im Vereinigten Königreich neue Sektionen für Serien (LFF Series), immersive und VR-Filme (LFF Expanded). Tuttle wartete mit einem erweiterten Programm für das Branchenpublikum auf. Gleichzeitig stärkte sie die Öffentlichkeitsarbeit und lockte mehr Zuschauer an, indem der digitale Zugang über den BFI Player ausgebaut wurde. Auch ließ sie während des London Film Festivals wichtige Filmbeiträge auf zahlreichen Partnerveranstaltungen im gesamten Vereinigten Königreich teilweise kostenfrei zeigen.[8][3] Tuttles Fünf-Jahres-Strategie führte laut offiziellen Zahlen des BFI im Vergleich zu 2019 zu einem Besucherzuwachs von 76 Prozent. Im Jahr 2021 kamen rund 39 Prozent des Publikums von außerhalb Londons, während die Quote 2019 noch bei 10 Prozent gelegen hatte.[9] Im Jahr 2022 wurde sie vom Branchendienst Variety in dessen jährliche Liste von 500 einflussreichen Wirtschaftsgrößen aufgenommen, die die globale Medienbranche prägen („Variety 500“).[8] Tuttle blieb nach ihrem Rücktritt Anfang Oktober 2022 noch bis zum Frühjahr 2023 Festivalleiterin,[9] ehe sie durch Kristy Matheson ersetzt wurde, zuvor Kreativchefin des Edinburgh International Film Festivals (EIFF).[10]
Am 12. Dezember 2023 wurde bekannt, dass Tuttle ab April 2024 die Intendanz der Berlinale von Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek übernehmen soll. Tuttle wurde als „künstlerisch und wirtschaftlich ausgerichtet“ sowie als „international versierte Branchenkennerin“ beschrieben, „die alle Fallstricke des Festivalwesens genau“ kenne. Tuttle gab an, seit den 1990er-Jahren „begeisterter Stammgast“ der Berlinale zu sein und bis zum nächsten Jahr Deutschunterricht zu nehmen.[2] Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte zuvor angekündigt, dass die Berlinale künftig nur noch von einer Person geleitet werden sollte. Chatrian hatte daraufhin bekanntgegeben, das Festival nach der Ausgabe 2024 zu verlassen.[11] Rissenbeek hatte bereits zuvor aus Altersgründen[2] ihr Ausscheiden angekündigt. Roths Umgang mit dem Führungswechsel und insbesondere mit dem künstlerischen Leiter Chatrian war von zahlreichen internationalen Filmschaffenden kritisiert worden, darunter in einem offenen Brief auch von Martin Scorsese und Margarethe von Trotta.[11]