Steffi Weismann studierte an der Hochschule für Kunst und Design Zürich sowie an der Universität der Künste Berlin: Bühnenkostüm/Bühnenbild bei Martin Rupprecht, experimentelle Musik bei Dieter Schnebel und visuelle Kommunikation bei Maria Vedder. Die Mitgründung der Freien Performance-Klasse 1989 führte sie zur Performance, insbesondere zur Fluxus-Tradition der 1960er Jahre.
Seit 1993 ist sie Mitglied des Ensembles Die Maulwerker (gegründet von Dieter Schnebel). Sie war in der Performancegruppe ex machinis (1995–2001) und der Berliner Produktionsgemeinschaft Fernwärme – The Making of Performing Arts (2001–2007) aktiv. Von 2013 bis 2015 bildete sie zusammen mit Antje Vowinckel, Liz Allbee, Anouschka Trocker und Margarete Huber das Komponistinnen-Kollektiv XLR-Female.[1]
Nach dem Fall der Berliner Mauer war sie Mitbegründerin des Kunsthauses KuLe (Kunst und Leben), einer Künstlerkommune an der Auguststrasse 10 in Berlin-Mitte, wo sie bis 2002 lebte und darüber hinaus diverse Veranstaltungen co-kuratierte (u. a. Labor Sonor). Als Herausgeberin veröffentlichte sie 2016 in Zusammenarbeit mit Ursula Maria Berzborn eine umfangreiche Publikation zur KuLe und ihren Netzwerken, die den fortdauernden Versuch einer gelebten Utopie dokumentiert[2]. Von 2015 bis 2018 betreute sie im Team den künstlerischen Projektraum im Kunsthaus KuLe. Seit 2019 ist sie Mitglied bei Errant Sound, Berliner Projektraum für Klangkunst, wo sie auch kuratorisch tätig ist.[3]
Weismann erhielt Stipendien 2004 in Brüssel (NADINE – Zentrum für Performance und Neue Medien); 2007 in Johannesburg/Südafrika (Kin:Be:Jozi, gefördert von der Schweizer Kulturstiftung proHELVETIA), 2008 in Los Angeles (Artist in Residence der Villa Aurora), 2009–2011 in Braunschweig (Dorothea-Erxleben-Stipendium der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig im Bereich Klangkunst-Performance) und 2014 im quartier 21 – Museumsquartier Wien[4].[5]
Die Künstlerin ist eine Grenzgängerin zwischen Performance, Video und Musik. Ihr Werk unterteilt sich in Solo-Performances und Kooperationsarbeiten.
Ihre Solo-Arbeit basiert auf der dialogischen Situation, dem Spiel mit Kommunikation in einem Dreiecksverhältnis zwischen Mensch, Maschine und Publikum. Dabei „zielen ihre performativen Kommunikationsexperimente mit Maschinen weniger auf das Testen technologischer Potentiale, als dass sie auf den Menschen selbst zurückführen“ (Verena Kuni).[6] Zentrale Elemente ihrer Solo-Performances sind der Zufall, die Irritation der Wahrnehmungssituation sowie Techniken der medialen Erweiterung hinsichtlich der eigenen körperlichen Präsenz (Videodialog Service), beziehungsweise hinsichtlich virtueller Existenzen (Videoperformance Calling Victoria). In der Zusammenarbeit mit dem Klangkünstler Georg Klein führte sie die kommunikative Situation weiter als interaktive Installation im öffentlichen Raum (pickup 2005 und takeaway 2006), hier jedoch mit einer unsichtbaren, körperlosen Stimme, die die Passanten in ein „ungewisses Geschehen verwickelt“ (Sabine Sanio.)[7]
Während sie in der Performance Video als kommunikativ-reflexives Mittel einsetzt, wird dieses Medium in der Situation des Konzerts quasi zu einem visuellen Instrument, das als eigene „musikalische“ Stimme wie auch als räumliches Gestaltungsmittel fungiert. Diese Werke sind überwiegend Kooperationsarbeiten mit improvisierenden Musikern, Komponisten und Performern. Der konzertante Einsatz visueller Bildtechniken tritt dabei sowohl live in einer Closed-Circuit-Situation als auch in Form live getriggerter Videoclips auf (zum Beispiel Videokonzert SCRAP von 2004).
Seit 2012 entwickelt sie vermehrt audiovisuelle Kompositionen und klangbasierte Performances, die sich situativ in den Raum ausdehnen und das akustische Potential von Alltagsobjekten in sinnlich-ästhetische Erfahrungen übersetzt. Das Genre der Soundperformance wird als Modell einer hörenden Ko-Existenz für Mensch-Ding und Mensch-Raum-Beziehungen begriffen. Ihre künstlerische Arbeit in diesem Themenfeld verbindet sich dabei zunehmend mit der kuratorischen Praxis in Zusammenarbeit mit Janine Eisenächer, die sich in der 6-teiligen Veranstaltungsreihe "Ready Making – zu Klanghandlungen mit Dingen" bei Errant Sound manifestiert (2019–2022).[8]
Werke
Service – ein Videofongespräch. Solo-Performance, 1996
1x1 – Solo-Performance mit Zufallsfaktoren, 2001
„ja es ist plötzlich wärmer geworden“, Musiktheater in Koop. mit Christian Kesten, 2003
Calling Victoria, Videoperformance mit Spracherkennungssoftware, 2003
Links gehen – Rechts stehen, Videokonzert in Koop. mit A. M. Rodriguez, 2004
SCRAP, Videokonzert in Koop. mit Andrea Neumann und A. M. Rodriguez, 2004
pick up – Interaktive Installation und Performance in Koop. mit Georg Klein, 2005
takeaway – Interaktive Installation in Koop. mit Georg Klein, 2006
le vol – Audiovisuelle Performance in Koop. mit Annette Krebs, 2006
Car Event – Solo-Performance im öffentlichen Raum, 2007
False Friends – Audiovisuelle Komposition in Koop. mit Antje Vowinckel, 2007
venture doll – Performance und Video in Koop. mit Georg Klein, 2008
Berge versetzen – eine suggestive Übung, 2009
LapStrap – Solo für Stimme und mobile Audiotechnik, 2010
Unfollow. This is me – für 2 Performerinnen, Objekte, Sprachsamples, Stimmen und 6 Lautsprecher, 2012
FLUPSI – Text-Sound-Komposition für 2 Performerinnen, Live-Cam, Objekte und Lautsprecher, in Koop. mit Emma Bennett, 2013
Ortung im Trüben – für 5 Performerinnen, Soundobjekte, bewegliche Lautsprecher und 3-Kanal-Video, 2014
The Voice Observatory, Errant Sound Berlin 2015 [2]
Correnti Seddutive, Urban Sound Art in Taranto (Süditalien 2013/14)[12]
LapStrap, Solo für Stimmen und mobile Audiotechnik, Performance, aufgeführt u. a. beim 2018 im Kunstraum General Public am 15. Mai 2012 zur Buchveröffentlichung Floating Gaps[13], auf dem queerfeministischen Audiokunstfestival quear am 31. August 2013 in Berlin[14] und am 16. November 2013 im Rahmen der Veranstaltungsreihe EMIHAL – elektronische Musik im Haus am Lützowplatz[15].