Sigismund von Radecki entstammte einer deutsch-baltischen Familie. Seine ältere Schwester war die Schriftstellerin Eva von Radecki. Neben dem Deutschen lernte er früh die russische Sprache. Nach Besuch einer Mittelschule in Sankt Petersburg studierte er an der Kaiserlichen Universität Dorpat und zusammen mit seinem Bruder Wilhelm an der Bergakademie Freiberg, wo er 1913 die Prüfung zum Diplom-Ingenieur bestand; Studienreisen nach Schweden und Italien. 1914 war er kurzfristig bis zum Kriegsausbruch als Bewässerungs-Ingenieur in Turkestan; nach seiner Rückkehr als Hauslehrer in Russland und Finnland. 1919 kämpfte er in der Baltischen Landeswehr, floh später mit seinem Vater nach Berlin.1920 – 1923 arbeitete er dort als Elektroingenieur in den Siemens-Schuckert-Werken; Beginn seiner langjährigen Bekanntschaft mit Else Lasker-Schüler. Seit 1922 schriftstellerisch tätig, auch Schauspieler (Theater am Schiffbauerdamm und Volksbühne) und Porträtzeichner (1929 Ausstellung von Zeichnungen zur „Dreigroschenoper“). Eine enge Freundschaft verband ihn mit Karl Kraus; seit 17. Dezember 1924 war er in Wien gemeldet, wo er maßgeblich an dessen Nominierung für den Nobelpreis beteiligt war. 1931 konvertierte der Protestant Radecki unter dem Eindruck der Schriften John Henry Newmans zum Katholizismus. In den 1930er Jahren übersetzte er auch Werke von Ronald A. Knox. Im Herbst 1940 folgte der Umzug von Berlin nach München. Dort stand er in Verbindung zu dem katholischen Philosophen Theodor Haecker und den Geschwistern Scholl; seit Juni 1942 bis zu seiner Flucht im März 1945 Forstaufseher auf Schloss Mellenthin (Insel Usedom). Ab Herbst 1946 lebte er in Zürich. Davor wohnte er bei Milli Bau in Aumühle bei Hamburg. Er starb während eines Aufenthalts in Gladbeck/Westfalen, wohin er sich zur Krankenbehandlung begeben hatte.
Sigismund von Radeckis Werk besteht vorwiegend aus Feuilletons und Essays, die meist auf Alltagsbeobachtungen basieren und häufig humoristischen oder satirischen Charakter haben. In seinen
späteren Arbeiten entwickelte Radecki sich zum Kultur- und Zeitkritiker. Daneben ist er als Übersetzer aus dem Russischen und Englischen hervorgetreten.
Die Stimme der Straße. Feuilletons. Hg. und mit einem Nachwort von Hans Dieter Schäfer (Mainzer Reihe, Neue Folge, Band 14).Göttingen: Wallstein, 2014, ISBN 978-3-8353-1513-6.
Hilaire Belloc: Die Kreuzfahrt der Nona, Olten [u. a.] 1953
Hilaire Belloc: Die Wiederherstellung des Eigentums, Olten 1948. - Neuauflage: Die Wiederherstellung des Eigentums - Gedanken zur Wiedererlangung der Freiheit (An essay on the restoration of property), Bad Schmiedeberg: Renovamen 2021, ISBN 978-3-95621-151-5
Willa Cather: Der Tod kommt zum Erzbischof, Zürich 1940
Wsjewolod Iwanow: Die Wüste Tuub-Koja, in: Erwin Honig (Hg.): Transvaal: Novellen aus dem neuen Russland. Übers. von Erwin Honig, Sigismund von Radecki, Siegfried von Vegesack. Berlin: Neuer Deutscher Verlag 1928, S. 135ff. (Vorwort vom 7. November 1927).
Literatur
Franz Josef Schöningh: Sigismund von Radecki: Ein Feuilletonist?. In: Deutsche Zeitschrift (Kunstwart) H. 5/6 (1937), S. 329f.
Sigismund von Radecki: Familienbriefe 1903-1921. Hg. von Dirk-Gerd Erpenbeck (= Quellen und Studien zur Baltischen Geschichte, Bd. 29). Köln: Böhlau 2020. ISBN 978-3-412-51560-7.