SequenzeSequenze (italienisch: Plural des Singulars Sequenza) bezeichnet einen Werkzyklus des italienischen Komponisten Luciano Berio (1925–2003). Die Sequenza III für Frauenstimme „vertont“ einen Text des Schweizer Schriftstellers Markus Kutter. Historischer HintergrundZum Charakteristikum der Musik des 20. Jahrhunderts gehört die Suche nach neuen, unverbrauchten Ausdrucksmöglichkeiten: Hierzu zählt insbesondere auch die Erforschung und Erfindung neuer Spielpraktiken der einzelnen Instrumente, wie sie beispielsweise Schönberg in der Entwicklung des Sprechgesangs exemplarisch vorgeführt hatte. Auf der Suche nach einer Neudefinition des musikalischen Materials wandelt sich die Rolle des Instruments überhaupt: es ist nicht mehr bloß klangliche Erscheinungsform und Ausdrucksträger des musikalischen Gedankens, sondern wird darüber hinaus in die Funktionen des Materials selbst einbezogen. Das spieltechnische und klangliche Ausloten der Möglichkeiten der einzelnen Instrumente (und selbstredend ihrer Kombinationen) wird so zu einer kompositorischen Herausforderung von eminenter Wichtigkeit. Dem Reiz dieser Aufgabe hat sich Berio in seinen Sequenze gleich in einen ganzen sukzessiv entstandenen Zyklus angenommen. Der Zyklus
EigenbearbeitungBerio hat das Material mehrerer Sequenze wiederverwendet und Fassungen für Soloinstrument und Ensemble hergestellt, dem Zyklus Chemins (mit dem Untertitel su Sequenza), wobei die Soloparts teils identisch mit, teils Varianten von den Sequenze sind. Bearbeitungen von Sequenze tragen aber auch teils andere Titel.
Zum Begriff Sequenza„Der Titel Sequenzen unterstreicht die Tatsache, daß die Anlage der Stücke fast immer von einer Folge harmonischer Felder ihren Ausgang nimmt, aus denen mit einem Höchstmaß an Charakteristik auch die anderen musikalischen Funktionen hervorgehen.“ (Berio 1998, S. 23) Der dabei angestrebte Eindruck eines polyphonen Hörens auch bei einstimmigen Instrumenten ist in der Tradition bereits vorgebildet: in Bachs Sonaten und Partiten für Violine solo oder seinen Cellosuiten macht sich polyphones Denken als linearer Kontrapunkt geltend. Berio erweitert ihn um die Verschränkung spieltechnischer und klanglicher Aspekte. „Fast alle Sequenzen folgen tatsächlich dem gemeinsamen Ziel, einem dem Wesen nach harmonischen Verlauf auf melodischen Wegen zu verdeutlichen und zu entwickeln. ... Polyphonie wird hier im übertragenen Sinn verstanden, als Vorführung und Überlagerung von Aktionsweisen und von verschiedenen Instrumenten-Charakteren.“ (Berio 1998, S. 23) Gemeinsames Merkmal aller Sequenzen ist ihr virtuoser Grundzug. Der angesprochene Aspekt instrumentaler Technik umreisst dabei nicht nur die instrumentale Geschäftigkeit im engeren Sinne, sondern soll die gesamte Beziehung zwischen dem Virtuosen und seinem Instrument umfassen. „Die besten Solisten unserer Zeit - modern in ihrer Intelligenz, ihrer Sensibilität, ihrer Technik - sind auch fähig, sich in einer weiten historischen Perspektive zu bewegen und die Spannungen zwischen den schöpferischen Impulsen von gestern und heute aufzuheben: sie setzen ihre Instrumente als Mittel zur Suche und zum Ausdruck ein. Ihre Virtuosität erschöpft sich nicht in manueller Fertigkeit oder philologischem Spezialistentum. Geschehe es auch bei unterschiedlichen Graden der Bewußtseinsschärfe - sie können sich nur der einzigen Virtuosität widmen, die heute gilt: jener der Sensibilität und Intelligenz. ... Das ist vielleicht auch ein Grund, warum ich in allen meinen Sequenzen nie versucht habe, das Erbgut eines Instruments zu verändern noch es gegen seine eigene Natur einzusetzen.“ (Berio 1998, S. 24f) Die Motti von Edoardo SanguinetiIn seiner Gedichtsammlung Corollario veröffentlichte der italienische Dichter Edoardo Sanguineti, mit dem Berio häufig zusammengearbeitet hat, unter dem Titel Sequentia eine Reihe von Motti zu den ersten zwölf Sequenzen, die später erweitert wurde (Sanguineti 1997, S. 73f):
Sequenza IIIDer Sequenza III (für Frauenstimme) liegt der folgende Text von Markus Kutter zugrunde: Give me Die Wörter sind dabei allerdings weit über das Stück verteilt und werden teilweise wiederholt. Daneben beinhaltet das Stück ohne Text zu singende Töne sowie durch die Sängerin vorzutragende Geräusche, unter anderem verschiedene Formen des Lachens. Literatur
Diskografie
Anmerkungen
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