„Am 9. März 1839 trafen sich in der Oberstube des Hofes Hünichen folgende Personen: Dessen Besitzer, Johann Christian Hünichen, Bauer und Ortsrichter und der Dresdner Stadtgerichtsrat Julius Schneider sowie weitere 18 Personen, Bauern und Häusler… Anlaß der Zusammenkunft war, entsprechend der Verordnung vom 7. November 1838, die Gemeindevertretung zu wählen… Hier war das Schicksal den Prohlisern einmal gnädig. Denn die Gemeindegründung fand in dem Gebäude statt, das zum einzig heute noch erhaltenen Hof gehört…“[10]
Seit Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1970er Jahre befanden sich an der Dohnaer Straße mehrere Ziegelein und Lehmgruben;[13] die ehemalige Ziegelei Kunath ist heute das Umweltzentrum Prohlis[14] und die Lehmgrube der Ziegelwerke Gottschalch das Freibad Prohlis.[15] In den 1960er Jahren erholten sich dort auch Kinder in einem Ferienlager.[16]
Kirchgemeindlich gehörte Prohlis seit 1674 zu Leubnitz. Von 1932 bis 1939 nutze man unter Pfarrer Johann Schmidt die ehemalige Dorfschule, 1939–1947 die Kegelbahn des Gasthofes Prohlis, von 1947 bis 1977 das Schloss Prohlis und bis 1982 den Gasthof „Coventry“ sowie eine 5-Raum-Wohnung. 1980–1982 entstand im Rahmen des Programms „Neue Kirchen für neue Städte“ die erste Kirche in einem DDR-Neubaugebiet. Seit 1978 existiert die selbständige Ev.-Luth. Kirchgemeinde Dresden-Prohlis.[17]
Neuprohlis
Im ursprünglich ländlichen Prohlis wurden in den Jahren 1976 bis 1980 etwa 10.000 neue Wohnungen in sechs-, zehn- und siebzehngeschossigen Plattenbauten geschaffen.[18] Der Wohnkomplex wurde unter der städtebaulichen Leitung der Architekten Heinz Michalk, Konrad Lässig und Udo Fehrmann sowie der Komplexarchitekten Gerhard Landgraf und Ingeborg Lampadius errichtet. Die Wohngebäude erstrecken sich auf dem Neubaugebiet zwischen Dohnaer und Niedersedlitzer Straße, wobei landschaftliche Gegebenheiten einbezogen wurden. Diese waren der Schlosspark, eine als Wohngebietspark genutzte ehemalige Kiesgrube, der Geberbach und das Freibad. Das Zentrum bildete eine 700 m lange Fußgängerzone seitlich der Prohliser Allee. Im Oktober 1976 wurden die ersten Plattenbauwohnungen in der Trattendorfer Straße 2–10 bezogen und mit der 118. POS die erste Schule eröffnet.
Nach der Wiedervereinigung wurden die Neubauten modernisiert oder teilweise abgerissen, wobei die „Sternhäuser“ auf Niedersedlitzer Flur standen. Seit 1994 ist Prohlis in das Bund-Länder-/Landes-Sanierungsprogramm Städtebauliche Weiterentwicklung großer Neubaugebiete integriert.[19] Seit 2000 existiert ein Quartiersmanagement[20] im Rahmen des Bund-Länder-Programms Soziale Stadt – Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf.[21]
Seit Mai 2009 steht in Prohlis ein Teil des Pusteblumenbrunnens von Leoni Wirth.[23] Prohlis ist ein Schwerpunktraum in der Planung Zukunft Dresden 2025+.[24]
Seit Anfang 2020 wird in Prohlis und Nickern auf elf Info-Stelen des Archaeo-Pfades Dresden über jeweilige archäologische Funde bzw. lokale Geschehnisse informiert.[25] Dazu wurde eine Broschüre Nickern und Prohlis – Archäologie und Geschichte am Geberbach in Dresden vom Landesamt für Archäologie Sachsen herausgegeben.[26]
Einer von mehreren gärtnerisch gestalteten Riesen-Fußabdrücken
Info-Stele des Archeo-Pfad Dresden am Palitzschhof
Literatur
chronologisch. Neueste zuerst.
Richard Funke, Margit Georgi, Bettina Heger, Florian Innerhofer, Anja Kaltofen, Peter Neukirch, Thomas Westphalen: Archaeonaut 13. Nickern und Prohlis – Archäologie und Geschichte am Geberbach in Dresden. Dresden 2020, ISBN 978-3-943770-51-3.
Annette Dubbers: Prohlis – Aus der Geschichte eines Dresdner Stadtteils. 1. Auflage. Eigenverlag A. Dubbers, Dresden 2012, ISBN 978-3-937199-59-7.
Anita Maaß: Wohnen in der DDR. Dresden-Prohlis. Wohnungspolitik und Wohnungsbau 1975 bis 1981. m press Martin Meidenbauer Verlag, München 2006, ISBN 3-89975-610-X.
Anita Maaß: Wohnen im Neubaugebiet. Die Dresdner Beispiele Prohlis und Gorbitz 1976 bis 1989. in: Geschichte der Stadt Dresden. Bd. 3: Von der Reichsgründung bis zur Gegenwart, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2006, S. 717–722.
Anita Maaß: „Die Fragen zur Freiflächengestaltung sind in keiner Weise beantwortet“. Zum Leben in Prohlis. in: Dresdner Hefte. Beiträge zur Kulturgeschichte. Bd. 81, Dresden 2005, S. 30–37.
Anita Maaß: Wohnen 1976–1990 in Dresden-Prohlis: Wohnungsbau, Wohnungspolitik und Wohnen im Spannungsfeld von Herrschaft und Alltagspraxis., in: Dresdner Geschichtsbuch. Bd. 8, Altenburg 2002, S. 253–270.
Siegfried Koge: Prohlis – vom sorbischen Runddorf zum Neubaugebiet. In: Dresdner Geschichtsbuch. Bd. 4, Altenburg 1998, S. 55–80.
Rat des Stadtbezirkes Süd der Stadt Dresden, Abteilung Kultur (Hrsg.): Stadtbezirk Dresden-Süd: Aus der Geschichte seiner Ortsteile. Dresden 1986, Prohlis S. 28–35 (bearbeitet vom Aktiv Denkmalpflege).
Friedrich Theile: Johann Georg Palitzsch. Ein Lebensbild. Leipzig 1878, über Prohlis: S. 59–63.
↑Neubaugebiet Dresden-Prohlis. Schlötzer, Victor (1923–). In: Online Collection.Staatliche Kunstsammlungen Dresden, abgerufen am 4. Juli 2021: „[…] galt Prohlis Ende der 1970er Jahre als gelungenes Beispiel des sozialistischen Städtebaus, für dessen Bau der Architekturpreis der DDR verliehen wurde.“
↑Prohlis, in: dresden-lexikon.de, abgerufen am 2. März 2014.
↑siehe Dubbers 2012, S. 37–41 sowie Prohlis-Süd. Geschichte. In: dresden.de. Landeshauptstadt Dresden, abgerufen am 4. Juli 2021: „Bis auf die Siedlung an der Tornaer Straße gehören die Stadtteile Prohlis-Nord und Prohlis-Süd vollständig zum seit 1976 errichteten Plattenbaugebiet Prohlis, dem auch der südliche Teil von Reick und die auf Niedersedlitzer Flur befindlichen »Sternhäuser« einschließlich der Bebauung an der Maxie-Wander-Straße zugerechnet werden.“ (Aber: Der statistische Stadtteil Prohlis-Süd geht nur bis zum Langen Weg und auch die Maxie-Wander-Straße ist z. Z. (6. Oktober 2013) nur ein „Parkplatz mit großem Grünflächenanteil“).
↑Anzeige der Dissertation (pdf; 2,1 MB)Die linien- und stichbandkeramische Siedlung von Dresden-Prohlis. Eine Fallstudie zum Kulturwandel in der Region der oberen Elbe um 5000 v. Chr. In: Archäologisches Nachrichtenblatt 17,1, 2012, S. 24–27, abgerufen am 4. Oktober 2013.
↑Die Gamigstraße 24 und das Nachbargebäude Gamigstraße 26 sind zwei Flügel des Dreiseitenhofs Altprohlis 3 (Hünichen-Hof). Der Hof der Familie Palitzsch (1686 bis 1803) stand 100 Meter entfernt.
↑Zum Namensursprung gibt es verschiedene Versionen:
proloh = (tschechisch) Ort in der Aue, am Auenwald, laut Rat des Stadtbezirkes 1986, S. 29
prilu = Ort im Tal, in der Aue, „wo der Geberbach … sich leicht zum Teich anstauen ließ“, laut Dubbers 2012, S. 6, siehe diesbzgl. Reick – soll von ryc (Graben) kommen
proložit = belegen, sperren im Tschechischen, ž wird im Latein zu s
Proluz = proh (Schwelle) und ludzi (Menschen) oder pro-lujss (Waldblöße), laut Theile 1878, S. 59
mehrere Varianten in: Wolfgang Fleischer: Namen und Mundart im Raum von Dresden. Band 1, Berlin 1961, S. 93, z. B. Prolož aus *prologь
↑„Der Zunahme ist hergenommen nach damahliger Gewohnheit von einem Dorffe gleiches Nahmens, welches unweit von Dreßden lieget […]“, in: Christian Schöttgen: Lebens-Beschreibung eines Gelehrten Dreßdners, Andreas Proles, Welche zu Erläuterung der Gelehrten- und Kirchen-Historie mittheilet, Zugleich aber auch Alle hohe Gönner, Patronen und Schul-Freunde, Einige Abschieds-Reden in der Schule zum H. Creutz, den 20. May, 1734. Nachmittags um 2. Uhr hochgeneigt anzuhören. Johann Wilhelm Harpeter, Dresden, S. 4.
↑Koge 1998, S. 56/57; Prohlis-Nord. In: dresden.de. Landeshauptstadt Dresden, abgerufen am 4. Juli 2021.
↑laut Dubbers 2012, S. 37 „1. Juli“, aber Koge 1998, S. 73 „1. Juni“, s. a. Bestand Stadtarchiv 8.41 (PDF; 205 kB), Holger Starke: Eingemeindungen nach Dresden – ein historischer Überblick. In: Dresdner Geschichtsbuch. Band 6, Stadtmuseum Dresden, Altenburg 2000, S. 40
↑siehe Koge 1998, S. 75/76 bzw. Geschichte auf kirche-prohlis.de, abgerufen am 1. März 2014.
↑Das Neue Deutschland vom 7. Juli 1976, Seite 3: „Der Sommer ist der Freund der Bauleute, auch wenn in diesen Wochen auf den Montageflächen der WBS 70-Wohnblöcke in Dresden-Prohlis oft Temperaturen über 40 Grad Celsius gemessen werden. Auf dieser größten Wohnungsbaustelle des Bezirkes Dresden gibt es für die Montagekrane in allen drei Schichten kaum einen Stillstand …“ (abgerufen am 17. März 2014)